Alles Mögliche

Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing
Foto: Dominique Brewing

Die Bühne ist leer und es gibt nur eine Regel: Alles, was hier gleich passieren soll, muss vorher öffentlich angekündigt werden. Alles Mögliche ist eine improvisierte Performance mit äußerst überschaubaren Mitteln. Es beginnt mit einem Mikrofon und einer offenen Liste, auf der die Akteur*innen ihre Vorstellungen und Wünsche, Regeln und Angebote als unsortiertes Skript für den Abend anmelden. Spontan realisierbare Vorschläge folgen auf spektakuläre Visionen, deren Verwirklichung auf der leeren Fläche utopisch erscheint. Und während sich am Mikrofon die Ankündigungen anhäufen, beginnen die Performer*innen bereits mit deren Umsetzung. Manches bleibt grob skizziert, anderes wird ausbuchstabiert, aber nichts soll verloren gehen. Was wird das hier: Eine Trauerfeier? Eine Tauschbörse? Eine Séance? Ein Wahrheitstribunal? Alles Mögliche ist ein Training der gemeinsamen Imagination, der individuellen Initiative und der Kollaboration. Und eine Feier der einzigartigen Gegenwart im Theater.

Die Performance ist improvisiert, das heißt, die Akteur*innen folgen einem groben Plan, bereiten sich aber individuell vor und reagieren spontan, je nachdem wie sich der Abend entfaltet. Die Verheißung von Zäsur und Neubeginn steht am Anfang des Abends. Darin schließt die Performance direkt an Bullshit an, die vorangegangene Show von She She Pop auf der Bühne des HAU1, in welcher der Theaterraum symbolisch verramscht wurde. Was jetzt folgt, ist „Armes Theater“ im Sinne einer entwaffnend ungeschützten Begegnung. Was könnten wir, die sich hier versammeln, voneinander wollen? Was können wir uns überhaupt vorstellen? Um uns herum wird das Aufrüsten einer eigenen Position durch polarisierende Diskurse, pauschale Unterstellungen und durch gefühlte oder reale Bekenntniszwänge vorangetrieben; wir stehen gehemmt bis misstrauisch voreinander – vor Geldgeber*innen, vor Kolleg*innen, vor dem Publikum. Wie könnte eine entwaffnende, ungeschützte Begegnung also aussehen? Alles Mögliche verschiebt den Fokus von der individuellen Perspektive auf die Kollaboration. Planvolle (Selbst-)Darstellungen werden durchkreuzt von unerwarteten Überlagerungen und akuten Entscheidungen. Die Zuschauer*innen werden dabei möglicherweise zu Kollaborateur*innen, zum Chor, zu Partygästen, zum anschaulichen Beispiel, zur Jury – je nach dem. Ein skizzenhaftes Gesellschaftsbild, dessen Rahmen sich immer wieder von der Bühne in den Saal verschiebt.

 

Credits

Konzept und Performance: She She Pop. Von und mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou, Berit Stumpf.

Künstlerische Mitarbeit: Tina Ebert, Beratung Bühne: Philine Rinnert, Beratung Licht: Claes Schwennen, Dramaturgische Beratung: Peggy Mädler, Englische Live Übersetzung: PANTHEA / Anna Johannsen, PR & Kommunikation: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro, Kommunikation: Tina Ebert, Produktion: Tina Ebert, Aminata Oelßner, Elke Weber, Company Management: Aminata Oelßner, Elke Weber.

Eine Produktion von She She Pop in Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer Berlin, Theater Rampe Stuttgart und Schwankhalle Bremen.
Mit Unterstützung: Theaterhaus Berlin Mitte.

Gefördert durch die Produktionsförderung des Fonds Darstellende Künste und die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Termine

Premiere
02. Mai 2025, Theater Rampe, Stuttgart
Weitere Termine:
03., 04. Mai 2025, Theater Rampe, Stuttgart
16., 17., 18. Mai 2025, HAU, Berlin
21., 22. Juni 2025, Schwankhalle Bremen, Bremen

Termine

Premiere
02. Mai 2025, Theater Rampe, Stuttgart
Weitere Termine:
03., 04. Mai 2025, Theater Rampe, Stuttgart
16., 17., 18. Mai 2025, HAU, Berlin
21., 22. Juni 2025, Schwankhalle Bremen, Bremen

Pressestimmen

„Das scheinbar schlichte Spiel ist grundiert mit philosophischen Ideen. (…) She She Pops Spiel nimmt Zufall und spontane Eingebungen auf, ist dabei aber klar strukturiert. Die Truppe entwickelt eine sympathische Beziehung zu ihrem Publikum.“
Thomas Morawitzky, Stuttgarter Nachrichten,  05.05.2025

Stellungnahme der Institutionen ohne Haus zu den geplanten Kürzungen bei den Bundeskulturfonds

 

Sehr geehrte Frau Staatsministerin, liebe Claudia Roth,

Mittel aus den Bundeskulturfonds haben (nicht nur) uns über die Corona-Zeit gerettet, die unsere prekären Strukturen offengelegt hat. Sie sind seitdem zu einer unverzichtbaren Säule einer Förderstruktur geworden, die uns verlässlich und planbar ‚Struktur + 1‘ ermöglicht: den Erhalt unserer Struktur wie eine neue Produktion pro Jahr. Die angekündigten Kürzungen bei den Bundeskulturfonds treffen uns damit unmittelbar finanziell. Sie treffen uns auch aus persönlicher und professioneller Solidarität zu den Menschen und Projekten, die hinter den Fonds stecken, mit denen wir in unterschiedlichen, geschätzten Formaten und Formationen zusammengearbeitet haben. Und sie irritiert uns.

Irritiert sind wir, weil die eingeschlagene Richtung einer Etablierung / Verstetigung von Förderungen der Fonds auch nach Corona widerrufen wird. Nun sind etablierte Programme, gerade neu entwickelte Instrumente und gerade noch in Entwicklung befindliche Förderprogramme massiv bedroht. Wir setzen darauf, dass das von Ihnen in einer Pressemitteilung Anfang letzten Jahres formulierte Ziel weiterhin ein wichtiges Ziel für Sie und ihr Haus bleibt: die Fonds, die sich als „echte Innovationstreiber erwiesen haben […] zu erhalten und noch weiter zu festigen.”(1)

Irritiert sind wir, weil die im Haushaltsentwurf angedachten Kürzungen zu einer Zeit kommen, in der auch die Situation der Landeshaushalte angespannt ist, die für uns wie für alle anderen Akteur:innen der freien Szene eine zentrale Fördersäule darstellen. Viele Akteur:innen der freien Szene agieren national wie international. Wir setzen darauf, dass Sie und Ihr Haus sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst sind. Wir setzen auf Ihre Worte: „Wenn die kulturelle Infrastruktur der freien Szene wegbricht, dann verlieren wir alle“. (2)

Irritiert sind wir, weil gespart wird an der freien Szene, einem – so aus Ihrem Grußwort zum Bundesweiten Artist Labs des Fonds Darstellende Künste – „Innovationsmotor von Kunst und Gesellschaft“; an der freien Szene, die die drängenden Fragen unserer Zeit, „von Nachhaltigkeit über Diversität bis zum Spannungsfeld von Demokratie und Repräsentation“ bearbeitet. (3) Eine starke freie Szene braucht starke und vor allem verlässliche Förderstrukturen. Gerade Themen wie Nachhaltigkeit und Diversität bedürfen einer Weiterentwicklung und nicht des Rückbaus von Förderstrukturen. Wir bauen darauf, dass Sie und ihr Haus sich auch weiterhin für uns stark machen; und nicht zuletzt auch die freie Szene so stärken, dass auch sie ihren Beitrag leisten kann zur ökologischen Transformation – für den es nicht nur eine Verringerung des Footprints, sondern auch eine Vergrößerung des Handprints braucht.

Irritiert sind wir, weil die Signale, die von der Kürzung der Mittel bei den Bundeskulturfonds ausgehen – bei steigendem Gesamtetat und steigenden Positionen wie z.B. für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz – mehr auf eine „Spaltung in eine prekäre freie Szene und eine gut abgesicherte etablierte Szene“ weisen als auf deren Überwindung. Wir bauen darauf, dass Sie und Ihr Haus sich auch weiterhin für das Ziel einsetzen, das sie vor einiger Zeit in einem Interview geäußert haben: diese „drohende Spaltung […] zu verhindern“. (4)

Wir setzen darauf, dass sie weiterhin „wie eine Löwin“ (5) für den Erhalt der freien Szene kämpfen, für den Erhalt von Freiräumen, für den Erhalt hart erstrittener Strukturen, für die dadurch gegebene Möglichkeit einer Weiterentwicklung. „Kultur ist“, so sagen Sie in eben zitiertem Interview weiter, „kein Luxusgut, sondern Lebenselixier für unsere Demokratie“. (6) Das gilt umso mehr in politischen Zeiten, in denen die freie Kultur nicht nur finanziell unter Druck steht.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin, liebe Claudia Roth, wir fordern Sie auf, die angekündigten Kürzungen bei den Fonds zu überdenken und zurückzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen,

Institutionen ohne Haus – andcompany&Co., Gob Squad, Rimini Protokoll, She She Pop, Solistenensemble Kaleidoskop

Berlin, den 7. August 2024

 

 

 

 

Mauern

Das Foto zeigt eine Performerin in einem roten Kostüm auf einem Bürostuhl vor einem Tisch mitten in einem Bücherhaufen im Vordergrund. Im Hintergrund sind zwei weitere Performerinnen zusehen, wie sie mit Taschenlampen den Bühnenraum erkunden.
Foto: Dorothea Tuch / Projizierte Fotografie: © Robert Polidori
Foto: Dorothea Tuch / Projizierte Fotografie: © Andreas Rost, Courtesy Collection Regard, Berlin
Foto: Dorothea Tuch
Foto: Dorothea Tuch / Projizierte Fotografie: © Robert Polidori
Foto: Dorothea Tuch / Projizierte Fotografie: © Wenke Seemann (Detlef Seemann)
Foto: Dorothea Tuch / Projizierte Fotografie: © Wenke Seemann (Detlef Seemann)
Foto: Dorothea Tuch / Projizierte Fotografie: © Arwed Messmer
Foto: Dorothea Tuch / Projizierte Fotografie: © Andreas Rost, Courtesy Collection Regard, Berlin

Vor zehn Jahren saßen She She Pop in Schubladen Altersgenossinnen aus der ehemaligen DDR gegenüber. Sie verhandelten die systemischen Bedingungen, die ihre sogenannten Identitäten hervorgebracht hatten: zwei starke Ideologien, zwei gegensätzliche Lehren, die in sich selbst stimmig waren. Unsere Selbstbilder allerdings, haben die letzten 10 Jahre gar nicht überlebt und die großen Erzählungen unserer Herkunft waren vorher schon kaputt. Lässt sich aus dem Ballast der Vergangenheit, den gescheiterten Utopien der Elterngeneration und den Kränkungen und Ungerechtigkeiten der letzten 30 Jahre überhaupt noch eine gemeinsame Zukunft bauen?

Vor dem Hintergrund einer Gegenwart, die von Abschottung und Zerstörung geprägt ist, öffnen She She Pop die Bühne für eine kollektive Suche nach Zukunftsvisionen und was diesen im Weg steht. Als gedankliche Fortsetzung von Schubladen haben She She Pop auch für Mauern verschiedene Gäste eingeladen, die mit ihnen die Bühne teilen oder virtuell zugeschaltet sind, Gemeinsam gehen sie auf Zeitreisen zwischen Momenten der Vergangenheit und möglichen Zukünften. Dabei versuchen sie sich in Gemeinschaftsbildung über verschiedene Grenzen hinweg: Sprach-, Körper- und Solidaritäts-Grenzen, Grenzen der Vorstellung und auch knallharte Visum-Grenzen. Die Bühne – bei Schubladen noch eine unkomfortable deutsche Begegnungsstätte – hat sich in einen neoliberalen Co-Working Space gewandelt, eine dunkle Gummizelle, die als Think Tank benutzt wird. Die Reise führt entlang von Mauern, welche die Wahrnehmung und emotionale Prägung der gemeinsamen Realität durchziehen. Ausgehend von einem Trümmerberg aus dokumentarischem Material wird die Bühne mit Hilfe zukunftsbeschwörender Kameratechnik zur Zeitkapsel, in der die Frauen an unbewohnbar gewordene Orte oder an entleerte Szenarien reisen, um über andere Gegenwarten und Zukünfte zu spekulieren oder diese zu bewohnen. Dabei erscheint Fantasie oder die Möglichkeit der Fiktion als kostbares Gut. Eine schwer zu erreichende Dimension, welche nur gemeinsam und unter besonderem Aufwand von Zweifel, Furcht, Zumutung, Humor und Hellsicht überhaupt erst errungen werden kann.

Credits

Idee und Konzept: She She Pop, Von und mit (gespielt wird in wechselnder Besetzung): Sebastian Bark, Natasha Borenko, Johanna Freiburg, Annett Gröschner, Jahye Khoo,  Alexandra Lachmann, Katharina Lorenz, Lisa Lucassen, Peggy Mädler, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou, Wenke Seemann, Berit Stumpf.

Dramaturgie: She She Pop, Annett Gröschner, Peggy Mädler, Künstlerische Mitarbeit: Rodrigo Zorzanelli Cavalcanti, Director of Photography Video Installation: Benjamin Krieg, Video Mitarbeit: Rocío Rodriguez, Bühne: Sandra Fox, Kostüm: Lea Søvsø, Kostüm Mitarbeit: Lili Hillerich, Musik: Max Knoth mit Maria Schneider, Ton: Xavier Perrone, Technische Leitung und Licht: Sven Nichterlein, Produktionsleitung: Chiara Galesi, Praktikum: María Giacaman, Ruth Lindner,Workshop Input: Lavinia Knop-Walling, Proben Dolmetschung (Deutsch/Koreanisch): Eunsoon Jung, Englische Live Übersetzung: PANTHEA / Anna Johannsen, Audiodeskription: Pingpong Translation & Subtitling / Martina Reuter, Johanna Krins, PR, Kommunikation: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro, Freie Mitarbeit Kommunikation: Tina Ebert, Finanzadministration: Aminata Oelßner, Company Management: Elke Weber.

Ein besonderer Dank gilt den Fotograf*innen und Archivar*innen, die Fotomaterial aus ihren künstlerischen Werken zur Verfügung stellen:

Arwed Messmer, mit Werken aus der Serie Anonyme Mitte, Anonymous heart, Berlin“ , Nürnberg 2010, sowie „Inventarisierung der Macht. Die Berliner Mauer aus anderer Sicht“. Von Annett Gröschner und Arwed Messmer, Berlin 2016;
Robert Polidori, mit Werken aus der Serie Zones of Exclusion PRIPRYAT AND CHERNOBYL;
Andreas Rost, Courtesy Collection Regard, Berlin, mit Werken aus den Serien Das Jahr 1990 freilegen“ , „Wahlgang“, „Mauern Ramallah“ und „Der unbekannte Oscar Niemeyer in Algiers“;
Wenke Seemann, mit Werken aus den Serien „and the moon is a blind eye“ und „ARCHIVDIALOGE #1 – Bauplan Zukunft;
Benjamin Krieg mit Werken aus seinem Archiv.

Credits:
Eine Produktion von She She Pop in Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg, Künstler*innenhaus Mousonturm, FFT Düsseldorf, Schauspiel Leipzig, HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste. Mit Unterstützung: Theaterhaus Berlin Mitte.
Gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, den Hauptstadtkulturfonds und die Rudolf Augstein Stiftung

Trailer

Termine

14., 15., 16., 17. Juni 2025, HAU Hebbel am Ufer HAU 1, Berlin

Vergangene Termine:
08., 09., 10. November 2024, Europäisches Zentrum der Künste Hellerau, Dresden
25., 26., 27. Januar 2024, Mousonturm, Frankfurt am Main
18., 19., 20. Januar 2024, Kampnagel, Hamburg
21. Juni 2023, Schauspiel Graz, Graz
20., 21. Mai 2023, Schauspiel Leipzig, Leipzig
25., 26., 27. Januar 2023, HAU Hebbel am Ufer HAU 1, Berlin
08., 10., 11., 12., 13. Dezember 2022, HAU Hebbel am Ufer HAU 1, Berlin
07. Dezember 2022, HAU Hebbel am Ufer HAU 1, Berlin

Termine

14., 15., 16., 17. Juni 2025, HAU Hebbel am Ufer HAU 1, Berlin

Pressestimmen

„Ausgehend von den Dingen erforscht She She Pop bald mittels einer ziemlich eindrucksvollen Projektion von Fotografien auf mehrere Schichten Gaze einen utopischen Raum. Die Performenden kriechen durch eine Art Tunnel, landen mal in einem zerstörten Haus nach der Tschernobyl-Katastrophe, dann wieder stehen sie vor einem Häuserblock im ehemaligen Ostberlin – heute Berlin-Mitte (…) Nebenbei versuchen die Performerinnen den Dialog über die vielen offenen Fragen rund um Eigentum oder Teilhabe mit immer neuen Regeln weiterzutreiben. Erst atmen, dann sprechen. Oder berühren. Die Regeln müssen immer wieder neu ausgehandelt werden, die Utopie will sich partout nicht greifen lassen, und so wandelt sich das Bild zu einer immer unübersichtlicheren Collage der Zukunft.“

Hamburger Abendblatt, Annette Stiekele, 19.01.24

 

„Aus den Schubladen sind Mauern geworden, was nicht gerade optimistisch klingt, aber auch keine Trübsal verbreitet. (…) Das Schöne an She She Pops erzählerischem Experimentiertheater aber ist ja, dass ideologische Zuspitzungen immer nur als Initiation für deren Auflösung dienen. Und an diesem Abend schaffen sie diese Auflösung mit nur wenigen, wunderbar spielerischen Kunstgriffen. Immer, wenn der Dialog in eine Sackgasse gerät, geben sie sich neue Sprechregeln(…). Und langsam rutscht ihre Reflexion über sich selbst in eine traumhafte Zeitreise, hinein in jene Wendezeit, als alles noch möglich schien. Ein Gazevorhang fällt und eine Wand aus dichtem Gestrüpp erscheint darauf projiziert. Der ehemalige Mauerstreifen ist zur sozialen Mauer geworden. Doch langsam zoomt die Kamera immer näher ins Grün, bis sich ein schwarzes Loch auftut, durch das die Performerinnen einfach hindurch auf die Hinterbühne schlüpfen, in eine andere Raumzeit. Die Bühne wird zum magisch schwebenden Ort zwischen gestern und heute, zwischen Betonplatte und Mahagoni-Interieur – und die Performer klettern darin herum, wie in ihren kühnsten Utopien. Plötzlich wird hier doch auch anderes möglich, auch der Zusammenschluss mit zwei weiteren Kolleginnen aus Seoul und Sibirien per Video. Und eine Performance lang die Welt ein besserer Ort.“
Doris Meierhenrich, Berliner Zeitung, 08.12.2022

„Nach zehn Jahren haben She She Pop am Berliner HAU noch einmal die Schubladen geöffnet, in denen sie autobiografisch den Ost-West-Dialog suchten. Unter den Büchern von einst, die sie aufteilen in das, was weg kann und das, was bleiben soll, finden sie auch alte Utopien. Welche gehen uns heute noch etwas an, mitten in einem Krieg und einer immer sichtbarer werdenden Klimakatastrophe, nach all den identitätspolitischen Debatten und einem gewachsenen Bewusstsein dafür, dass unsere weiße mitteleuropäische Wohlstandsperspektive vielleicht selbst mehr Problem als Lösung ist?“
Georg Kasch, Nachtkritik, 08.12.2022

„Zukunftsvisionen der Vergangenheit. Überhaupt dreht es sich hier viel um Zukunft, Visionen, um Utopien. (…) Die Protagonisten also unternehmen eine Zeitreise und die führt gleichermaßen in die Vergangenheit wie in die Zukunft. Es ist eine Reise auf der die Frauen immer wieder die Ebenen wechseln. Die Zeit- und die Wahrnehmungsebenen. Und immer wieder stoßen sie dabei auf Trennendes, auf Mauern.“
Antje Bonhage, rbb-online, 07.12.2022

 

 

Besessen

Ein kollektiver Monolog

Menschen sind besessen von Ideen. Aber auch von Dingen. Fürs Monologfestival folgen She She Pop der Idee vom Besitz, die im Miteinander von Menschen eine unheimliche Hauptsache geworden ist: Wer nichts hat, muss sich verdingen. Aber auch wer zuviel besitzt, sagt man, wird davon besessen. Das ist sie, die Gemeinschaft der Besessenen.
She She Pop treten an, um „Theater ohne Publikum“ eine neue Seite abzugewinnen. Wie in der Brechtschen Lehrstück-Theorie vorgeschlagen, nehmen die Anwesenden  probehalber Haltungen ein und geben Reden wieder. Im Monolog Besessen wird so ein vielstimmiges Selbstgespräch zu hören sein, bei dem die Gemeinschaft zu Wort kommt. Eine Gemeinschaft, die sich über Besitzverhältnisse und die dadurch entstehenden Verwerfungen Gedanken macht. Sie vergewissert sich sprechend ihrer selbst und stellt fest, dass sie uneins ist.

Credits

Von und mit She She Pop (Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf.) Künstlerische Mitarbeit: Ruschka Steininger. Mitarbeit Produktion: Alisa Tretau. PR & Kommunikation: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. Kommunikation: Tina Ebert. Produktion: Tina Ebert, Aminata Oelßner, Elke Weber.Company Management: Aminata Oelßner, Elke Weber.

Eine Produktion von She She Pop und Theaterdiscounter – Monologfestival 2016.Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds Berlin.

Termine

03. Juli 2025, Pergine Festival, Pergine

Vergangene Termine:
11. Mai 2024, Polis Teatro Festival, Ravenna
06. Juni 2023, re:publica, Berlin
11. Juni 2022, Hangö Teaterträff Finland, Hanko
07., 11., 15. Dezmeber 2019, Litauisches Nationales Dramatisches Theater, Vilnius
07. September 2019, at.tension Festival, Lärz
24. November 2018, Festspielhaus Hellerau, Dresden
06. November 2018, Litauisches Nationales Dramatisches Theater, Vilnius
1. Juli 2017, Impulse Theaterfestival, Köln
30. Juni 2017, Impulse Theaterfestival, Köln
29., 30. Oktober 2016, Theaterdiscounter, Berlin

Termine

03. Juli 2025, Pergine Festival, Pergine

Pressestimmen

Über „POZESIJOS OBSESIJA – A collective monologue about property in Lithuania“. Nach der Übersetzung des bestehenden Textes von „Besessen“ und einer Recherche über Besitz in Litauen.

Das Format entspricht dem Stück „Besessen“ von She She Pop, doch der Text unterscheidet sich. Das deutsche Performancekollektiv prägte für dieses Format den Begriff des „kollektiven Monologs“. Die Chöre des Abends erzählen einen gemeinsamen Text. Eine augenblickliche Collage, die verschiedene Positionen und Probleme zu einem komplexen Monolog zusammenfügt. (…)
Der „kollektive Monolog“ beginnt knallhart: Die soziale Ungerechtigkeit kommt auf den Tisch. Dabei ergreifen zwei Chöre das Wort, die Gegenspieler sind: Die Reichen und Menschen, die vom Mindestlohn leben, der aktuell bei 3,39 Euro pro Stunde liegt. (…)

Die Reden im Chor steuern schon auf das letzte Drittel des Abends zu, als aus dem erleuchteten Zuschauerraum ein Mann zum Klavier läuft. Er beginnt sachte, eine Melodie zu spielen, das Publikum stimmt ein. Ein neuer Chor bildet sich. Alle sind jetzt zum Mitsingen aufgefordert. Sie singen textsicher, leise und zurückhaltend. (…) Im Schutzraum des Theaters wirkt es (…) wie eine kollektive Erinnerung an die Solidarität, die im Baltischen Weg 1989 greifbar wurde. Tausende Menschen bildeten zwischen Vilnius und Tallinn eine Menschenkette. Ihr gemeinsames Ziel: Unabhängigkeit von der Sowjetunion. (…)

Diese Solidarität wird im Laufe des Abends noch einmal gefunden. Mit dem Chor aller, die komplett ­enttäuscht sind. Sie beklagen das Zerplatzen der Hoffnungen, die mit der Revolution oder dem EU- und dem Nato-Beitritt 2004 einhergegangen waren. Sie beklagen sich, nicht mitbekommen zu haben, wie sie zu Sklaven wurden. Denn sie gehen arbeiten und wissen am Ende des Monats trotzdem nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. (…)
Umso wichtiger erscheint es, den Monolog in ländliche Zentren zu bringen. Denn er regt an. Zur Reflexion, zur Diskussion, zur Übung im Theaterraum.“

Pia Martz, taz, 17. 4. 2019

Schubladen

Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
In dem Projekt Schubladen begegnen Mitglieder von She She Pop (alle im Westen aufgewachsen) einigen ost-sozialisierten Gegenspielerinnen auf der Bühne, um füreinander ihre Schubladen zu öffnen.
20 Jahre nach der Wende nehmen sie sich vor, sich neu anzunähern. Dazu greifen die Performerinnen auf autobiografisches Material aus ihren Schubladen zurück. Briefe, Tagebuch-Auszüge und andere Text-Dokumente werden grob chronologisch sortiert, ebenso wie das innere Bilderarchiv einer jeden und Musik. Die Erzählungen, aus denen unsere Leben bestehen, werden von den Performerinnen zu Themenfeldern kombiniert und verlesen, der Soundtrack dazu abgespielt. Fragen des Gegenübers müssen nach bestem Wissen beanwortet werden, ohne Rückgriff auf objektive, verlässliche Quellen. Eine vielstimmige und zutiefst subjektive Chronik der ost-westdeutschen Geschichte wird live erzählt, mit privaten oder öffentlich zugänglichen Textquellen belegt, aus der Erinnerung referiert, entlang oder entgegen der großen Weltanschauungen.
Als Paare sitzen sich die 6 Performerinnen an Tischen gegenüber in einem Raum, der sowohl Archiv wie auch Freizeitheim ist. Und ähnlich wie im Gemeinschaftsraum eines Erholungsheims müssen sich diese Paare miteinander bekannt machen. Sie werden versuchen, einander besser zu verstehen und sich dabei gegenseitig herausfordern mit dem Ziel, letztlich und endlich eine richtige Beziehung einzugehen.
„Wiedervereinigung“ wird in Schubladen als Beziehungsarbeit gedacht. Sie wird hier nachträglich und live für 3 Ost-West-Paare zur konkreten Aufgabe auf der Bühne. Wer bist du? Wie bist Du die Frau geworden, als die du mir heute gegenübersitzt? Und wie in jeder schlechten oder guten Beziehung spielen Missverständnisse und Projektionen eine entscheidende Rolle. Die Performerinnen werden versuchen, ehrlich das Maß an Nähe aufzuzeigen, das zwischen ihnen möglich ist. Die Bühne wird zum Ort für einen utopischen Dialog.
She She Pop und ihre Ost-Kolleginnen bekennen sich zur Vielstimmigkeit, zur kollektiven Erzählung. Die Lücken, Ungenauigkeiten und fehlenden Verbindungen gehören mit zum System. Wer waren wir? Wer sind wir? Warum sind wir so geworden?

Credits

Konzept: She She Pop. Von und mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Barbara Gronau, Annett Gröschner, Fanni Halmburger, Alexandra Lachmann, Katharina Lorenz, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Peggy Mädler, Ilia Papatheodorou, Wenke Seemann, Berit Stumpf und Nina Tecklenburg.

Künstlerische Mitarbeit: Kaja Jakstat. Bühne: Sandra Fox. Kostüm: Lea Søvsø. Lichtdesign: Sven Nichterlein. Ton: Florian Fischer. Video: Sandra Fox, Branka Pavlovic und She She Pop. Übertitel: Panthea (David Maß). Tour Koordination: Fanny Frohnmeyer, Kaja Jakstat, Ruschka Steininger. Technische Tourbetreuung: Florian Fischer, Manuel Horstmann, Andreas Kröher, Michael Lentner, Sven Nichterlein, Torsten Schwarzbach. Produktion/ PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. Freie Mitarbeit Kommunikation: Tina Ebert. Finanzadministration: Aminata Oelßner. Company Management: Elke Weber.

Dank an Anja Dürrschmidt und Marion Müller-Roth.

Eine Koproduktion von She She Pop mit dem Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg, FFT Düsseldorf und brut Wien.

Premiere, März 2012, HAU, Berlin

Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, die Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien Hansestadt Hamburg, den Fonds Darstellende Künste e.V. und die Rudolf Augstein Stiftung.

Trailer

Schubladen von She She Pop auf Vimeo.

Auszeichnungen

Nominiert für die Ubu Awards in der Kategorie „Beste ausländische Performance“ (Italien).

Termine

12., 13. Juni 2025, HAU, Berlin
15. Juni 2025, HAU, Berlin

Vergangene Termine:
27., 28. März 2020, Theaterhaus Jena, Jena CANCELLED
26., 27. Oktober 2019, HELLERAU, Dresden
01. Oktober 2019, Festival Stadt der Frauen, Ljubljana
12., 14. März 2019, HAU, Berlin
04., 05. Januar 2019, Santiago a Mil, Santiago di Chile
10. Oktober 2018, Sirenos Festival, Vilnius
17., 18. Dezember 2017, HAU, Berlin
11., 12. Oktober 2017, International Theatre Forum "Teart", Minsk
31. März 2017, Oldenburgisches Staatstheater, Oldenburg
4., 5. März 2017, HAU, Berlin
7. Oktober 2016, Europäisches Theaterfestival, Temeswar
1., 2., 3. Juli 2016, HAU, Berlin
29. Mai 2016, Theaterfestival, Brno
3. – 4. Oktober 2015, Ringlockschuppen, Mülheim an der Ruhr
1. Oktober 2015, Mousonturm, Frankfurt
29. – 30. September 2015, Mousonturm, Frankfurt
11. – 12. Juli 2015, Athens Festival, Athen, Griechenland
28. – 30. Juni 2015, HAU, Berlin
17. – 18. April 2015, Bo:m Festival 2015, Seoul, Südkorea
4. – 5. März 2015, Schauspiel, Leipzig
14. – 17. Oktober 2014, Théatre de la Ville, Paris, Frankreich
5. – 6. September 2014, Kunstfest, Weimar
1. Mai 2014, Tanz und Theater. Internationales Festival / E-WERK, Freiburg
30. April 2014, Tanz und Theater. Internationales Festival / E-WERK, Freiburg
1. – 2. Februar 2014, Schauspiel, Stuttgart
4. – 7. Januar 2014, HAU 2, Berlin
31. Januar 2014, Schauspiel, Stuttgart
15. November 2013, Archa Theater, Prag, Tschechien
29. – 30. Oktober 2013, Schubladen eröffnet das Festival Unidram, Potsdam
18. – 20. Oktober 2013, Art Center, Kyoto, Japan
5. – 6. Juli 2013, Impulse Festival, Bochum
11. – 13. Mai 2013, Kunstenfestivaldesarts, Brüssel, Belgien
17. – 18. April 2013, , Basel, Schweiz
15. – 16. März 2013, Hellerau, Hellerau, Dresden
7. – 9. Februar 2013, brut, Wien, Österreich
3. – 5. Januar 2013, HAU, Berlin
22. – 24. November 2012, HAU, Berlin
15. – 17. November 2012, FFT, Düsseldorf
20. – 22. Juli 2012, Santarcangelo , Festival , Santarcangelo, Italien
22. – 25., 28. – 29. März 2012, Kampnagel, Hamburg
9. - 11. März 2012, HAU, Berlin
8. März 2012, HAU, Berlin

Termine

12., 13. Juni 2025, HAU, Berlin
15. Juni 2025, HAU, Berlin

Pressestimmen

…man muss nur laut „Ostsee“ rufen, dann ziehen sich die Damen aus der ehemaligen DDR sofort aus und suchen nackt das Wasser. So jedenfalls wissen es ihre Geschlechtsgenossinnen aus dem Westen, während sie beim Lästern einen Prosecco trinken. Im Osten aber lästert man mit Wodka. Es sind solche …gnadenlos wiedererkennbaren Stereotypen, mit denen die sechs Frauen….einander be- und auch verurteilen. Diese Selbstironie zeichnet das ganze Stück aus…Dieser intelligente Spaß … zeigt allerdings auch etwas, was im Alltag oft nicht erkennbar ist. Wie stark unsere Biographie, ja selbst das, was wir als ganz individuelle Charaktereigenschaft empfinden, vom Aufwachsen in einer bestimmten Umwelt geprägt ist und wie schwer…es ist diese Prägung abzulegen.
Matthias Bischoff, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1.10.2015

Ost und West sind eigentlich nur beim Thema Katharina Witt Schwestern im Geiste…Und schon rollen Ost und West auf ihren Bürostühlen, schwung- und hingebungsvoll, als wären die Rollen Kufen. Aber sonst? Sonst sind sich Ossifrauen und Wessifrauen in She She Pops „Schubladen“ doch eher fremd und ein wenig unheimlich geblieben… Ziemlich lustig, aber durchaus nicht ohne Schärfe ist der „Schubladen“-Blick auf die eigene (weibliche) Sozialisation: Drei Ossi- und drei Wessifrauen sitzen sich zwei muntere Stunden lang an Tischen gegenüber, stellen Fragen, schweifen und rechnen ab. … In Bollerwägen hat man Erinnerungsmaterial mitgebracht, (Schul-)Bücher, Schallplatte, Tagebücher, Poesiealben. … Es geht um die Westpakete (hätten die verdammten Westler mal Tampons eingepackt) wie um die Lieblingsmusik (Tanita Tikaram, ach je, was ist aus der eigentlich geworden?). Es geht darum, wie Ost-Frau und West-Frau sich an den Mauerfall erinnern – auch mal gar nicht. Es geht um Wodka oder Prosecco; letzterer wird nur von diesen Wessiweicheiern getrunken. Es geht darum, was in den feministischen (West) und sozialistischen (Ost) Büchern so stand und ob dem zu glauben war. Es geht um Freiheit und Sex. Der zeitliche Abstand zu dem, was hier an Andekdoten, Zitaten, Musiktiteln ausgegraben wurde, sorgt allein schon für Heiterkeit. … Der nüchterne, ja trockene Ton der sechs Akteurinnen trägt noch zur Komik bei.
Sylvia Staude, Frankfurt Rundschau, 1.10.2015

… nachdem sie Europa im Sturm erobert haben, ist das Kollektiv, dessen Arbeiten auf die Analyse sozialer Rituale und Mediensysteme spezialisiert sind, endlich erstmals auf einer griechischen Bühne zu sehen. Die Gruppe bringt persönliche Erfahrungen aufrichtig und spontan zur Wirkung. She She Pop stellen individuelle Konflikte in einen historischen Kontext und portraitieren die deutsche Wiedervereinigung als eine Form von Paartherapie, als den Versuch eine zerrüttete Beziehung zu kitten.
Vangelis Tsonos, Athens Views, 03.07.2015

Was nun den Körper betrifft, so interessiert er offenbar diese Performerinnen ganz besonders, die es übrigens verstehen, mit ihrem perfekt umzugehen. „Meine Gynäkologin meint, sie würde in der Sauna die Westfrauen sofort erkennen: Sie sind überall rasiert“, sagt so zum Beispiel ein Mitglied des ostdeutschen Teams. „Die West-Frauen sind so“, „die Ost-Frauen dagegen so“: In beiden Lagern macht sich die Sechserbande über solche Vorstellungen lustig. Die West-Frauen hinterfragen ihr Überlegenheitsgefühl, das so verankert ist, dass man es nicht mehr merkt, die Ost-Frauen legen keinerlei „Ostalgie“ an den Tag, sind aber auch nicht von dem westlichen Modell fasziniert. (…) Denn die She-She-Pops haben es verstanden, die richtige Form zu finden, ebenso einfach wie durchschlagend. Die Ost-West-Debatten finden vor einer großen Leinwand im Bühnenhintergrund statt, auf die Bilder leerer Sitzungsräume projiziert werden. Wer könnte sagen, ob diese der bürokratischen DDR-Welt oder der technokratischen im wieder vereinigten Deutschland von heute angehören.
Fabienne Darge, LE MONDE, 16.10.2014

Kritiken zu Gastspielen, April 2013

… Am Mittwochabend haben She She Pop die ersten Basler Dokumentartage mit einer umwerfenden Performance über die Wiedervereinigung eröffnet. Damit lenkt das angesagt Theaterkollektiv den Fokus … hin zu der Erkenntnis, dass die Verantwortlichen Boris Nikitin und Phoebe Heydt ein erstklassiges Programm nach Basel geholt haben. Und ein vielfältiges. … Und She She Pop haben unter dem treffenden Titel „Schubladen“ die Privatarchive ihrer Akteurinnen auf ost-west-deutsche Vorurteile durchforstet. Ein Abend, der dem Publikum auf in der ausverkauften Kasernen-Reithalle bestätigt, dass Dokumentartheater vergnüglich und intelligent zugleich sein kann. … Drei Ostfrauen holen sich die im Westen aufgewachsenen Performerinnen Johanna Freiburg, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf zu süffisanten Tischgesprächen ins Stück: Annett Gröschner, Berliner Autorin. Die Sopranistin Alexandra Lachmann. Die Fotografin Wenke Seemann. Drei Künstlerinnen, die vor dem Anecken keine Angst haben. Die als Kinder den Kapitalismus aus dem DDR-Heimatkundebuch mit der „Schwarzwaldklinik“ verglichen. Die schon als „Brigadeleiterin“ in der Volksschule lernten, andere bei der Obrigkeit zu verpetzen. Was She She Pop veranstalten, ist ein herrlicher Tanz auf der Mentalitätsgeschichte von BRD und DDR. Ein Stück Zeitchronik, das eben nicht oberlehrerhaft objektiviert, sondern radikal auf Augenzeugen vertraut – und auf deren Talent zur Selbstironie.
Stephan Reuter, Basler Zeitung, 19.04.2013

Die Texte provozieren und machen in ihrer subtilen Hybris und Gewandtheit Spaß. Und: Der Einzelne zählt, denn das Ich bezieht in den hier herrschenden weltgeschichtlichen Rahmenbedingungen den Platz des Souveräns. … es geht (…) nicht um die Bewertung der Systeme, sondern um deren Struktur. Sehr schön!
Magarete Affenzeller, Standard, Wien, 09.02.2013

Kritiken zur Auslandspremiere in Italien, Juli 2012

Wenn jeder Sommer seine Theater-Offenbahrung bereit hält, dann ist es im Sommer 2012 wohl Schubladen, der einzigartige Entwurf einer nicht weniger einzigartigen Kompagnie, dem Berliner Kollektiv She She Pop: … ein lebendiges Familienalbum, das zum artikulierten kollektiven Selbstportrait wird. In diesem Stöbern in Erinnerungen liegt viel Frische, Ironie und eine Klarheit, die gleichsam anthropologisch ist.
Renato Palazzi, Il Sole 24 Ore, 26.07.2012

She She Pop überraschen das Publikum mit der Natürlichkeit ihrer Präsenz auf der Bühne, mit der seltenen Maßgabe einer Interpretation, die ein politisches Theater zeigt und praktiziert. Eine schöne Entdeckung.
Maria Grazia Gregori, L’Unità, 24.07.2012

Zurück zum Tagewerk mit She She Pop, einem weiblichen Berliner Kollektiv, das mit viel Aufsehen angekündigt wurde. In Schubladen wird der wichtigste Sachverhalt der europäischen Geschichte des ausgehenden 20. Jahrhunderts, die deutsche Wiedervereinigung, zum Terrain, in welchem sich die eigene Identität spiegelt. Alles lebt wieder auf in der Erinnerung unbedeutender Ereignisse im Leben der sechs Darstellerinnen (Liebesbeziehungen, Eltern, Freunde, Schule…). An drei Tischen sitzen sie auf Bürostühlen, als Requisite dienen ihnen Bücher, Schallplatten, Tagebücher, etc., immer wieder befragen sie sich gegenseitig, kommentieren, erinnern, lassen ihr eigenes Gewissen sprechen (…), sowohl diejenigen aus dem sozialistischen Osten, wie die aus dem kapitalistischen Westen – auf gänzlich unversöhnliche Weise. Daraus entsteht eine innere Gleichzeitigkeit, die in Zeiten des dramaturgischen Experimentierens das Interessanteste ist.
Anna Bandettini, La Repubblica, 22.07.2012

Kritiken zur Premiere, März 2012

Den Performerinnen gelingt es, die persönliche Frage nach der eigenen Biografie zu verzahnen mit der allgemeinen Frage nach dem Verhältnis von West- und Ostdeutschen. Den eigenen Puls zu fühlen heißt hier nicht, den Rest der Welt zu vergessen. Das muss man erst mal hinkriegen. She She Pop ist es auf eine ebenso amüsante wie schlaue Art und Weise gelungen.
taz Hamburg, 24./25. März 2012, Klaus Irler

Eisprinzessin Katis olympische Kür „Schubladen“ ist kein simples Ost-West-Aufarbeitungsprojekt, sondern eine assoziative Recherche über die Bedingungsgefüge, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind. Ein vergnüglicher Abend mit Langzeit- und Tiefenwirkung.
Tom Mustoph, taz Berlin – die tageszeitung,
10.03.2012

Zonenübergreifende Frauenbilder? Bei Katharina Witt herrschte offenbar eine Art zonenübergreifender Konsens. Jedenfalls sind, als die Rede auf die einstige DDR-Olypmiasiegerin im Eiskunstlauf kommt, die kleinen soziokulturellen Differenzen zwischen den Ost- und den Westfrauen auf der Bühne wie ausgeräumt, die bisher den Abend bestimmten. Und die langbeinige Westfrau Nina Tecklenburg fängt auf ihrem Bürostuhl an, mit großer Geste Witts Carmen-Choreografie aus ihrem Körpergedächtnis zu schleudern. Im Sitzen. Der Rittberger geht auch ganz locker als Bürostuhlpirouette von der Hand. Bald kommt die Ostfrau Wenke Seemann dazu, in deren Körper die einschlägigen choreografischen Volten ebenso spontan abrufbar sind. Und so wirbeln beide auf ihren Bürostühlen ziemlich synchron über die Bühne. Gelegentlich werden sie von den vier anderen Mitspielerinnen genervt in den Hintergrund geschoben. Selten für lange. Denn gegen soviel Begeisterungsfähigkeit ist kein Kraut gewachsen. Auch nicht im jubelnden Publikum. ?..Der Abend besticht durch ein gut durchrhytmisiertes Timing, durchdachte Zeichensysteme in der Kleidung der sechs Ladies. Auf den Wellen hübscher Geschichten, süffiger Musiken und Schaumkronen sehr kalkulierter Pointen gleitet man gut durch den Abend.
Esther Slevogt, Nachtkritik.de, 8.03.2012

Chronik ost-westdeutscher Geschichten In „Schubladen“ befragen sich drei Frauenpaare aus Ost und West nach ihren Erfahrungen in Kindheit und Jugend. Ein Stück, das reichlich Platz für Vorurteile über zupackende, trinkfeste, sexaktive Ostfrauen und Konsummiezen aus dem Westen bieten könnte. Am Berliner Hebbel am Ufer hat das Autorenkollektiv She She Pop etwas anderes daraus gemacht. Hier ist nicht zusammengewachsen, was doch irgendwie zusammengehört: She She Pop belässt es nicht bei der üblichen deutsch-deutschen Plauderei über Unterschiede und Gemeinsamkeiten, sondern forscht in der Sprache selbst nach den grundlegenden ideologischen und lebenspraktischen Divergenzen. …Mit der Musik kommt an diesem mit viel nostalgischem Schmunzeln und befreiendem Lachen aufgenommenen Schubladen-Abend im Publikum richtig Stimmung auf.
Eberhard Spreng, Deutschlandradio Kultur, 10.03.2012

She She Pop wühlen im Berliner HAU in autobiografischen „Schubladen“ Anett Gröschner, eine erfreulich sarkastische Schriftstellerin … steht auf der Bühne des Berlin HAU-Theaters und erzählt trocken, manchmal leicht verwundert über die seltsamen Zufälle und Zumutungen, die das Leben in Deutschland so für sie bereithielt – lauter kleine, funkelnde Momentauffnahmen. Sie ist mit Alexandra Lachmann, Wenke Seemann, Ilia Paptheororou, Johnanna Freiburg und Nina Tecklenburg eine von sechs Protagonistinnen in „Schubladen“, dem neuen Stück des Perfomance-Kollektivs She She Pop. An drei Tischen sitzen sich je eine Frau mit ost- und westdeutscher Herkunft gegenüber, befragen sich zu ihren Erinnerungen und wühlen in ihren Biografie-Schubladen um immer mal weider festzustellen, wie anders oder ähnlich sich Kindheit, werste Verliebtheiten, Selbstdefinition, Musikgeschmack, sexuelle Orientierung oder das Verhältnis zum Geld ja nach landesteiltypischer Prägung anfühlen. Aber spätestens bei der in diesen Kreisen üblichen Heiner-Müller-Verehrung und den jederzeit konsensfähigen „Ton Steine Scherben“ ist dann auch hier die innere Einheit Deutschlands vollendet. Sechs Darstellerinnen mittleren Alters dabei zuzusehen, wie sie zu Rio Reisers „Wir müssen hier raus, wie leben im Zuchthaus…“ headbangenderweise auf ihren Bürostühlen begeistert über die Bühne rollen, hat durchaus seinen eigenen Reiz. Diese deutsch-deutschen Gipfelgespräche könnten arg didaktisch werden. aber weil wir im HAU sind, werden keine Phrasen, sondern offene Suchbewegungen ausgetauscht, mit all den Peinlichkeiten, die etwa die Lektüre alter Tagebücher so zu bieten hat. Spätestens wenn westdeutsche Upperclass-Degenerationen auf ostdeutsche Fragezeichen treffen („jetzt mal ehrlich, sind deine Eltern Kapitalisten?“) und die Klischees fröhlich zugespitzt werden, entwickelt das eine eigene Komik. Erfreulicherweise neigen die Performerinnen in ihren Fremd- und Selbstbeschreibungen zu Diagnosen von offenherziger Diskriminierungsfreude. … Mit „Schubladen“ setzen She She Pop  ihre autobiografischen Recherche-Projekte fort, mit denen sie spätestens seit ihrem Erfolgsstück „Testament“, bei dem die Performerinnen ihre Väter auf die Bühne gebenten haben, ein eigenes Genre definiert haben. Der Reiz liegt auch bei „Schubladen“ in der Kombination von lustigen oder berührenden Irrritationsmomenten und der unprätentitösen theatralischen Umsetzung wzsichen Frontalunterricht, Selbstgespräch, Endlosrecherche, Party und nicht ganz ernst genommener Gespärächstherapie. Das offensive Fasziniertsein von sich selbst hat etwas von Narzissmus, wie er fürs Berliner Kreativmilieu typisch ist. Aber She She Pop sind schlau genug, der Eitelkeitsfalle zu entgehen, indem sie diese Selbstbespiegelungsmanöver mit lässiger Selbstironie ausstellen. Der Hang dazu, Leben in Anekdoten aufzulösen, und der begrenzte Erkenntnisgewinn des Abends werden durch die gute Laune, die er macht, mehr als ausgegleichen.
Peter Laudenbach, Süddeutsche Zeitung, 12.03.2012