Oratorium

Kollektive Andacht zu einem wohlgehüteten Geheimnis
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Katrin Ribbe / Theaterformen Hannover
Foto: Katrin Ribbe / Theaterformen Hannover
Foto: Katrin Ribbe / Theaterformen Hannover
Foto: Katrin Ribbe / Theaterformen Hannover
Foto: Katrin Ribbe / Theaterformen Hannover
Foto: Maciej Rukasz / Centrum Kultury w Lublinie
Foto: Maciej Rukasz / Centrum Kultury w Lublinie
Foto: Ruzhin | ACT Independent Theatre Festival 2017
Foto: Benjamin Krieg / HAU Berlin
Foto: Benjamin Krieg / HAU Berlin
Foto: Benjamin Krieg / HAU Berlin
Foto: Benjamin Krieg / HAU Berlin
Foto: Robin Junicke / Impulse Theaterfestival 2018
Foto: Robin Junicke / Impulse Theaterfestival 2018
Foto: Robin Junicke / Impulse Theaterfestival 2018
Foto: Robin Junicke / Impulse Theaterfestival 2018
Foto: Robin Junicke / Impulse Theaterfestival 2018

„Dass da gehören soll, was da ist, denen, die für es gut sind.“ (B. Brecht)

Eigentum verändert das Bewusstsein. Es trennt Freund*innen, es erteilt Macht über andere, es schließt aus. Eigentum ist selbstverständlich. Und man spricht nicht darüber. Nichts ist so konstituierend für unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben, nichts wirkt so trennend auf die Gemeinschaft wie das Eigentum. She She Pop möchten mit ORATORIUM das Geheimnis des Eigentums lüften, es auf eine Bühne zerren. Man sagt, das Theater westlicher Ausprägung beginnt mit dem Protagonisten Thespis, der sich vor 2500 Jahren vor den Chor gestellt hat. Man könnte aber auch sagen: In diesem Moment ist die Bühne privatisiert worden. Das Individuum wurde seither konsequent überschätzt, überfordert und emotional ausgebeutet. ORATORIUM möchte ein Schlaglicht auf den Zusammenhang von bürgerlicher Öffentlichkeit, Eigentum und demokratischer Ermächtigung werfen.
Gemeinsam mit dem Chor der lokalen Delegierten und ihrem jeweiligen Publikum werden She She Pop über Eigentum sprechen und auf die eigenen Besitzverhältnisse, die Verteilung der Güter und die damit verbundenen Verwerfungen schauen. Inspiriert von Brechts Lehrstücktheorie entwickeln sie Regeln für den dialogischen Theaterabend und bilden uneinige Sprechchöre, die jeden Abend aufs Neue unseren Umgang mit dem Eigentum verhandeln.
Wer darf sprechen? Wer ist präsent, wer wird repräsentiert? Aus der Vielstimmigkeit, der Uneinigkeit und dem immer nur für Momente zu erreichenden Einklang entsteht ein kollektiver Monolog.
ORATORIUM ist ein work-in-progress, dessen Premiere im Februar 2018 am HAU Hebbel am Ufer in Berlin stattgefunden hat. Ein erstes Showing war 2017 bei Theaterformen in Hannover zu sehen und es folgten weitere Stationen beim Konfrontacje Teatralne Festival in Lublin und dem ACT Independent Theater Festival Sofia.
ORATORIUM war auf einer Reise durch Europa, in deren Verlauf es Momentaufnahmen aus anderen ökonomischen Mikrokosmen gesammelt hat und sich von Station zu Station weiter entwickelt zu einer großen vielstimmigen Andacht.

Credits

Von und mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou, Berit Stumpf sowie dem Chor der lokalen Delegierten.

Bühne: Sandra Fox. Kostüme: Lea Søvsø. Musik: Max Knoth. Künstlerische Mitarbeit Produktion: Ruschka Steininger. Dramaturgische Mitarbeit: Peggy Mädler. Künstlerische Mitarbeit Tour: Laia Ribera, Alisa Tretau. Technische Leitung & Lichtdesign: Sven Nichterlein. Produktionsleitung: Anne Brammen. Kommunikation: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. freie  Mitarbeit Kommunikation: Tina Ebert. Finanzadministration: Aminata Oelßner. Company Management: Elke Weber.

Eine Produktion von She She Pop in Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer Berlin, Festival Theaterformen, Münchner Kammerspiele, Schauspiel Stuttgart, Kaserne Basel, Residenz Schauspiel Leipzig, Kampnagel Hamburg, Künstlerhaus Mousonturm, FFT Düsseldorf, Konfrontacje Teatralne Festival Lublin und ACT Independent Theater Festival Sofia.

Premiere, Februar 2018, HAU Hebbel am Ufer, Berlin

Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
www.kulturstiftung-des-bundes.de

Trailer

Termine

7., 8. Mai 2024, HAU, Berlin

Vergangene Termine:
01., 02. Juni 2022, E-Werk Freiburg Festival, Freiburg
14.,15., 16. Januar 2021, Le Maillon Theater of Strasbourg – European stage, Straßburg CANCELLED
23., 24. Mai 2020, Freiburg Festival, Freiburg ggf. POSTPONED
16., 17. Mai 2020, Oldenburgisches Staatstheater / Bandenfestival, Oldenburg ggf. POSTPONED
7., 8., 9. April 2020, Le Maillon Theater of Strasbourg – European stage, Straßburg POSTPONED (Januar 2021)
13., 14., 15. Dezember 2019, Schauspiel Leipzig, Leipzig
3., 4. Oktober 2019, HAU, Berlin
10., 12., 13., 14. Mai 2019, HAU, Berlin
28., 29., 30. März 2019, FFT, Düsseldorf
2., 3. März 2019, Brechtfestival, Augsburg
8., 9., 10. Februar 2019, Kampnagel, Hamburg
10., 11., 12. Januar 2019, Santiago a Mil, Santiago de Chile
9., 10. November 2018, Festival Politik im Freien Theater, München
3., 4. Oktober 2018, HAU, Berlin
30. September 2018, HAU, Berlin
1., 2. September 2018, Mousonturm, Frankfurt am Main
31. August 2018, Mousonturm, Frankfurt am Main
23., 24. Juni 2018, Schauspiel Stuttgart, Stuttgart
14., 15. Juni 2018, Impulse Theater Festival, Mühlheim
24., 25., 26. Mai 2018, Kaserne Basel, Basel
18., 19., 20. April 2018, Münchner Kammerspiele, München
23., 24., 25. März 2018, HAU, Berlin
9., 10., 12., 13., 14. März 2018, Schauspiel Leipzig, Leipzig
10., 11., 12. Februar 2018, HAU, Berlin
9. Februar 2018, HAU, Berlin
14. November 2017, ACT Independent Theater Festival Sofia, Sofia
6., 7. Oktober 2017, Konfrontacje Teatralne Festival Lublin, Lublin
9., 10., 11. Juni 2017, BALLHOF EINS, Hannover

Termine

7., 8. Mai 2024, HAU, Berlin

Pressestimmen

„Das Oratorium gibt keine Antwort – aber jede Menge Anregungen zum Weiterdenken und mit dem Element der gemeinsamen Chöre eine Anleitung zur kollektiven Selbstermächtigung. Insofern ein guter Anfang!“
Andrej Holm, Nachtkritik, 13.05.19

„All in all, Oratorium is a triumph of experimental performance: it democratises the space of the theatre to tap into a pressing public discourse, it blows up the concept of passive entertainment by highlighting our collective complicity in capitalistic property relations, and it delivers an inspiring show of solidarity in the process. But, aware of its own formal limitations, it ends on a self-critical, yet optimistic note. Question: what use is all of this? Answer: it’s a rehearsal for what’s to come. As the evening comes to a close and my neighbour and I return to our divergent economic realities, I feel that we both leave the theatre with a heightened sensibility for the nuances of property relations. And that’s a testament to a powerful, political performance. Bertie would approve.“
Nicholas Potter, Theatertreffen-Blog 2019, 12.05.19

„Es ist sowohl der richtige Ort – hier, in dieser Stadt, die gerade Beute wird – als auch die richtige Zeit, dieses experimentelle Spiel mit der Öffentlichkeit zu wagen. Es sind die richtigen Inhalte — Geld, Eigentum Privilegien, Macht, Werte, Gemeinschaft, Erwartungshaltungen des Theaterpublikums — die verhandelt werden. Es sind die richtigen Fragen, die in unserem Hier und Jetzt der Wohnungsnot, explodierenden Mieten, befristeten Arbeitsverhältnisse und ausschließender, sich nach rechts bewegender Gesellschaftsstrukturen gestellt werden. Und es ist die richtige Art, sie zu stellen: Mit viel Humor, niemals selbstgerecht und ohne vorwurfsvollen Unterton. Kurzum: Es ist die richtige Form, Theater zu machen (im Kollektiv, gleichberechtigt, enthierarchisiert).“
Dilan Zuhal Capan, Theatertreffen-Blog 2019, 11.05.19

„Die Inszenierung ist am stärksten, wenn sie das Publikum beteiligt, dieses im Wechselspiel mit den Darstellern die eingeblendeten Texte spricht und sich zu ihnen verhält. Etwa, wenn alle Erben dazu aufgefordert werden, auf der Bühne zu sagen, was sie erben werden und die Gesamtsumme ihrer Erbschaften zusammenzurechnen. Die altgediente Regel „Über Geld spricht man nicht“ wird ausgehebelt, der Zuschauer zum Voyeur. Als ein Mann erklärt, er erbe ein Haus mit Garten in Sachsenhausen, geht ein Raunen durchs Publikum – Frankfurter wissen, wie viel sein Besitz wert ist. „Oratorium“ appelliert an die moralische Verantwortung der Besitzenden, aber die Inszenierung offenbart auch Widersprüche, in die ein einzelner Wohnungsbesitzer geraten kann und entgeht so einer einseitigen Moralisierung. Indem das Publikum als Chor benutzt wird, zeigt sie auf, dass die Verteilung von Besitz nicht nur eine private, sondern eine gesellschaftliche Angelegenheit ist.“
Grete Götze, Frankfurter Rundschau, 03.09.2018

Überhaupt ist „Oratorium“ von der ersten Sekunde an, sehr, sehr unterhaltsam. … Nicht nur, weil der ein oder andere kluge Gedanke formuliert wird, der jeden betrifft, auf der Bühne und der Tribüne. Sondern weil man heutzutage ja selten erlebt, dass jemand, in heiterer Strenge, wirklich versucht, nach Form, Wort und Musik die Lehrstücke Bertolt Brechts als Vorlage zu nehmen. Lehrstücke, weil alle etwas lernen können, und weil es im Grunde kein Publikum gibt. Weshalb all jene, die nun bei den drei Frankfurter Aufführungen mitsprachen, als Chor keinen geringen Anteil am Gelingen hatten.“
Eva-Maria Magel, FAZ, 03.09.2018

In „Oratorium“ werden keine politischen Positionen proklamiert; vielmehr verdeutlichen die unterschiedlichen Akteure verschiedene ökonomische Ausgangslagen. (…) Tatsächlich hat dieses eine wichtige Rolle in der Performance: Denn es ist gehalten, sich in chorischen Aktionen und im Wechsel mit den Darstellern in eingeblendeten vorgegebenen Texten einzubringen und zu outen. Das hat auch etwas Liturgisches. (…) aus dem Schutzraum Theater (wird), wie im Untertitel der Performance angedeutet, tatsächlich ein Andachtsraum, in dem vielstimmige Gruppen und Sprechchöre, der Chor der Delegierten als Stellvertreter der regionalen Gesellschaft, ein Chor der Erbinnen, aber auch Einzelstimmen hörbar werden und Fragen zum Thema Eigentum aufwerfen – durchaus bekannte, mitunter moralisierende, aber allemal bedenkenswerte.
Badische Zeitung, 25.Mai 2018

Kritik zur Premiere in Berlin, Februar 2018

„Die Überraschung kommt gleich zu Beginn. Eigentlich hat noch gar nichts richtig begonnen auf der dunklen, leeren Spielfläche des HAU2. Nur eine Schrift auf der Leinwand gibt knappe Anweisungen. Aber die sind so aufru?ttelnd, dass das Publikum schon mal zehn, fünfzehn Minuten lang in eine Stimmung versetzt wird, die man sonst nur vom Kabarett oder Karneval kennt. Sage noch jemand, die Anhänger der Postdramatik seien theorielastige, empathiefeindliche Theaterskeptiker.“
Doris Meierhenrich, Berliner Zeitung, 12.02.2018

Kritik zum Showing in Sofia, November 2017

„To claim that such a theatrical work leads to some sort of surprise or discovery, it would be inconsistent with its aims. It is not so much about the discovery of profound social contradictions, rather then targeting the ability of the theater to act on an individual, biographical level raising resemblance questions, which are otherwise mostly left in the hands of the media. In this way, the theater tries to preserve its freedom, distinguishing itself. So, in the general chorus of theatrical practices from the recent decades, She She Pop is certainly part it.“
Violeta Detcheva, “Kultura” magazine, 01.12.2017

„Oratorio“, at least for me, provoked on many levels feeling for awakening, for clarity, for uncompromisingness and truth. But most of all, it has proven the ever-growing need to articulate from the stage even the simplest and most obvious things that are actually the most difficult to define.“
Elena Angelova, portal “Kultura”, 01.12.2017

Kritik zum Showing in Hannover, Juni 2017

„…manches deutet darauf hin, dass „Oratorium“ – nach She She Pops Erfolgsstück „Testament“ über das Erben – ein ähnlich feiner, selbstironischer Abend werden wird.“
Mounia Meiborg, Süddeutsche Zeitung, 15.06.2017

„So hätte es Brecht gefallen…“
Stefan Gohlisch, Neue Presse, 11.06.17

„…grundsätzliche gesellschaftliche Fragen, die nachdenklich stimmen konnten. Dennoch mangelte es dem Abend nicht an Humor…“
Kreiszeitung, 15.06.17

The Ocean is Closed

Eine Konzertperformance von She She Pop und zeitkratzer
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg

Das Spiel – sagt Huizinga – ist eine freie Handlung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen in Zeit und Raum nach freiwillig angenommen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird. Es hat sein Ziel in sich selber und wird begleitet von einem Gefühl der Spannung und Freude. Es ruft Gemeinschaftsverbände ins Leben, die ihrerseits sich gern mit einem Geheimnis umgeben oder sich durch Verkleidung von der alltäglichen Welt abheben.
In „The Ocean is Closed“ beobachten das Musikensemble zeitkratzer und das Performancekollektiv She She Pop einander über die eigenen Gattungsgrenzen hinweg. Sie werfen einen faszinierten Blick auf die exotischen Kollegen: Fremde Augen und Ohren interessieren sich für andere Dinge, stellen die richtigen falschen Fragen, missverstehen die Absprachen und übertreten grundlegende Gesetze.
She She Pop und zeitkratzer spielen Konzert: Geheimnis, Ordnung und Ozean. Sie feiern die Musik und das Spiel an sich.

Credits

von und mit: Sebastian Bark, Lisa Lucassen, Ilia Papatheodorou von She She Pop, sowie Biliana Voutchkova (Violine), Nora Krahl (Violoncello), Elena Kakaliagou (Horn), Hilary Jeffery (Posaune), Reinhold Friedl (Klavier), Maurice de Martin (Perkussion) von zeitkratzer.

Konzept: Sebastian Bark, Reinhold Friedl, Lisa Lucassen, Ausstattung: Lena Mody, Ton: Robert Nacken, Licht: Andreas Harder, Dramaturgie: Arved Schultze, Produktionsleitung: Michal Libera. Künstlerische Mitarbeit: Fanni Halmburger.

Eine Produktion von She She Pop und zeitkratzer in Ko-Produktion mit HAU Hebbel am Ufer, Münchner Kammerspiele, Festival Romaeuropa.

Premiere, Oktober 2017, HAU, Berlin

Gefördert von der Kulturstiftung des Bundes.
www.kulturstiftung-des-bundes.de

Termine


Vergangene Termine:
2., 3. Dezember 2017, Münchner Kammerspiele, München
25., 26. November 2017, Romaeuropa Festival, Rom
28., 29., 30. Oktober 2017, HAU, Berlin
27. Oktober 2017, HAU, Berlin

Pressestimmen

Kritik zur Premiere in Berlin „Männerpose versus Frauenpower, Disziplin versus Freigeist, Virtuosität versus scheinbarer Dilettantismus. She She Pop umspielen in der Kommentarspur vertraute Koordinaten ihres Kunstschaffens. Mit allem Willen zur Selbstbeschämung und zum schelmischen Konter. Da triumphiert Schlagzeuger Maurice de Martin eben noch mit einem aberwitzig rasanten Drum-Solo, nur um sogleich auf ein seltsames Kugelmonster und seine Schwestern zu stoßen, die das „männliche Genie“ garstig verlachen. (…) Es gibt unendlich starke Szenen wie die Fürbitten zur Einstimmung auf eine Philip Glass-Adaption. (…) Bis kurz vorm Finale Sebastian Bark nach der Posaune greift und in einer kleinen Miniatur vom Großen und Ganzen dieses Abends und dieser Theaterkunst kündet: Da wagt es einer, der ehrbare Dilettant, steht leicht gebeugt, aber nicht kümmerlich, lässt sich noch instruieren von den Könnern und bringt dann herzzerreißend schräge Töne hervor, die eigentlich ganz gut ins disharmonische Klanggefüge des übrigen Stücks passen. Und einen unvergesslichen Satz hat er auch noch, ehe er bläst: „Ich will nicht üben. Ich will spielen.“
Christian Rakow, Nachtkritik, 27.10.17

„(Es) entspinnt sich ein gut zweistündiger Dialog, der auf allen verfügbaren Ebenen geführt wird: Sprache und Musik, Argument und diktatorische Bestimmung, körperliche Dominanz und stilles Beharren. Das Spiel wird zum Möglichkeitsraum: Halbsätze, die mit „Wenn…“ beginnen und kein „Dann… finden, bilden das textliche Fundament. dabei geht es um Möglichkeiten der Kunsterzeugung, Transparenz gegenüber dem Publikum, Scheitern und Anerkennung, um Befindlichkeiten einzelner Instrumentalistengruppen, aber auch um Machtgefüge. (…) Die Spannung zwischen Spieler und Ensemble ist spür-, die Reibung hörbar. (…)Und dann ist da die Sehnsucht der Gleichwertigkeit, die auch mal in die nach der Ablösung des Anderen umschlägt. (…) Eine kollektive, sich langsam zusammenfügende Geschichte der Anfänge, Abbrüche, Neustarts, die auch den Abend auszeichnet, der immer wieder ansetzt, sich unterbricht, aufs Neue loslegt.Ein Experiment im zweckfreien Spiel, das sich nur langsam von dem Mechanismen der Anerkennung, des Gefallenwollens, des Leistungszwangs und Unterhaltungsdrucks befreit und darüber denn doch so etwas wie Gemeinschaftlichkeit wenn nicht findet, so doch zumindest andeutet. Da sitzen sie am Ende, nach dem sie sich zwei Stunden lang umspielt, belauert, um die Macht des Mikrofons duelliert haben, einträchtig zusammen – als ein Ensemble und erzeugen Klänge. Ozeanische, ein wellenartiges Rauschen, Der Klang einer in sich ruhenden Welt. Pures Spiel.
Sascha Krieger, stagescreen.wordpress.com, 31.10.2017

(…) Laut und lustvoll. Kathrin Pauly, Berliner Morgenpost, 30.10.2017 Der Clash der Kulturen zwischen She She Pop und Zeitkratzer ist deshalb so unterhaltsam, weil er von beiden Seiten dialektisch ausgebreitet wird. (…) She She Pop und Zeitkratzer wechseln zwar die Perspektiven, man muss, wer hätte das bei den Performer*innen gedacht, von Einfühlung sprechen. Aber als die Musiker*innen «Music in Fifths» von Philip Glass spielen, einen rhythmischen Drill sondergleichen, erscheinen die She Shes in Bastkostümen, die größmögliche Distanz zum europäischen Geniekult anzeigen. Wie um diese Ferne zum Kunsthandwerk im Werk der Performancegruppe zu beweisen, gelingt es den Musiker*innen von Zeitkratzer mühelos, den typischen She-She-Pop-Ton anzunehmen: kühl, leise, eher ernst, aber auch selbstironisch.
Tobi Müller, Theater heute, 12/2017

Besessen

Ein kollektiver Monolog

Menschen sind besessen von Ideen. Aber auch von Dingen. Fürs Monologfestival folgen She She Pop der Idee vom Besitz, die im Miteinander von Menschen eine unheimliche Hauptsache geworden ist: Wer nichts hat, muss sich verdingen. Aber auch wer zuviel besitzt, sagt man, wird davon besessen. Das ist sie, die Gemeinschaft der Besessenen.
She She Pop treten an, um „Theater ohne Publikum“ eine neue Seite abzugewinnen. Wie in der Brechtschen Lehrstück-Theorie vorgeschlagen, nehmen die Anwesenden  probehalber Haltungen ein und geben Reden wieder. Im Monolog Besessen wird so ein vielstimmiges Selbstgespräch zu hören sein, bei dem die Gemeinschaft zu Wort kommt. Eine Gemeinschaft, die sich über Besitzverhältnisse und die dadurch entstehenden Verwerfungen Gedanken macht. Sie vergewissert sich sprechend ihrer selbst und stellt fest, dass sie uneins ist.

Credits

Von und mit She She Pop (Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf.) Künstlerische Mitarbeit: Ruschka Steininger. Mitarbeit Produktion: Alisa Tretau. PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. Kommunikation und Produktion: Tina Ebert. Company Management und Administration: Aminata Oelßner, Elke Weber.

Eine Produktion von She She Pop und Theaterdiscounter – Monologfestival 2016.Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds Berlin.

Termine

11. Mai 2024, Polis Teatro Festival, Ravenna

Vergangene Termine:
06. Juni 2023, re:publica, Berlin
11. Juni 2022, Hangö Teaterträff Finland, Hanko
07., 11., 15. Dezmeber 2019, Litauisches Nationales Dramatisches Theater, Vilnius
07. September 2019, at.tension Festival, Lärz
24. November 2018, Festspielhaus Hellerau, Dresden
06. November 2018, Litauisches Nationales Dramatisches Theater, Vilnius
1. Juli 2017, Impulse Theaterfestival, Köln
30. Juni 2017, Impulse Theaterfestival, Köln
29., 30. Oktober 2016, Theaterdiscounter, Berlin

Termine

11. Mai 2024, Polis Teatro Festival, Ravenna

Pressestimmen

Über „POZESIJOS OBSESIJA – A collective monologue about property in Lithuania“. Nach der Übersetzung des bestehenden Textes von „Besessen“ und einer Recherche über Besitz in Litauen.

Das Format entspricht dem Stück „Besessen“ von She She Pop, doch der Text unterscheidet sich. Das deutsche Performancekollektiv prägte für dieses Format den Begriff des „kollektiven Monologs“. Die Chöre des Abends erzählen einen gemeinsamen Text. Eine augenblickliche Collage, die verschiedene Positionen und Probleme zu einem komplexen Monolog zusammenfügt. (…)
Der „kollektive Monolog“ beginnt knallhart: Die soziale Ungerechtigkeit kommt auf den Tisch. Dabei ergreifen zwei Chöre das Wort, die Gegenspieler sind: Die Reichen und Menschen, die vom Mindestlohn leben, der aktuell bei 3,39 Euro pro Stunde liegt. (…)

Die Reden im Chor steuern schon auf das letzte Drittel des Abends zu, als aus dem erleuchteten Zuschauerraum ein Mann zum Klavier läuft. Er beginnt sachte, eine Melodie zu spielen, das Publikum stimmt ein. Ein neuer Chor bildet sich. Alle sind jetzt zum Mitsingen aufgefordert. Sie singen textsicher, leise und zurückhaltend. (…) Im Schutzraum des Theaters wirkt es (…) wie eine kollektive Erinnerung an die Solidarität, die im Baltischen Weg 1989 greifbar wurde. Tausende Menschen bildeten zwischen Vilnius und Tallinn eine Menschenkette. Ihr gemeinsames Ziel: Unabhängigkeit von der Sowjetunion. (…)

Diese Solidarität wird im Laufe des Abends noch einmal gefunden. Mit dem Chor aller, die komplett ­enttäuscht sind. Sie beklagen das Zerplatzen der Hoffnungen, die mit der Revolution oder dem EU- und dem Nato-Beitritt 2004 einhergegangen waren. Sie beklagen sich, nicht mitbekommen zu haben, wie sie zu Sklaven wurden. Denn sie gehen arbeiten und wissen am Ende des Monats trotzdem nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. (…)
Umso wichtiger erscheint es, den Monolog in ländliche Zentren zu bringen. Denn er regt an. Zur Reflexion, zur Diskussion, zur Übung im Theaterraum.“

Pia Martz, taz, 17. 4. 2019

50 Grades of Shame

Ein Bilderbogen nach Wedekinds „Frühlings Erwachen“
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch

Nach der Premiere im vergangenen März in München zeigen She She Pop diesen Bilderreigen inspiriert von Wedekinds Frühlings Erwachen und E. L. James Erotikroman 50 Shades of Grey nun in einer neuen Fassung mit älteren, jüngeren und ganz jungen Gästen aus der Berliner Tanz-, Performance- und Schauspiel-Szene. Nach dem Vorbild von Wedekinds utopischen Erziehungsmodellen ist die Bühne hier eine Lehranstalt und She She Pop und ihre Gäste bilden darin einen Lehrkörper.
Auf zwei großen Schautafeln auf denen durch mehrere Live-Kameras Überblendungen entstehen, inszenieren sich die verschiedene Akteure, Alte, Junge, Kinder, Frauen und Männer in einer Folge von Begegnungen. In wechselnden monströsen oder schlichten Aufmachungen und Posen zeigen sich unterschiedliche Generationen und Geschlechter, reale Körper und phantastische Ausgeburten, offenbaren sich strategische Authentizität und naive Imagination. Erfahrene Alte stehen neben unschuldigen Jungen, oder umgekehrt, keine Position ist sicher und niemand weiß verlässlich Bescheid.
Das Erleben von Sex verändert sich ständig – es ist historisch, politisch, biografisch und durch spezifische Kontexte bedingt. Noch die privatesten Aussagen über Begehren, Fortpflanzung, Geschlechterspezifik usw. sind Ideologie, sie sind Schall und Rauch, sie sind banal, langweilig oder Fiktion. Die Weitergabe von Wissen ist Penetration: eine geile Spielart unter anderen. Bei allem Zweifel und Unbehagen muss Aufklärung dennoch stattfinden. Was bedeutet Sex? Was macht eine Frau? Was ist ein Mann? Was weiß das Kind? Der intergenerationelle Lehrkörper von 50 Grades Of Shame stellt sich dieser Herausforderung. Als Anschauungsmaterial dienen den PerformerInnen die eigenen Körper und die darin angesammelte Scham. 50 Grades of Shame befasst sich mit dem Herstellen, Betrachten, Verändern und Umdeuten von Bildern: Bilder als Ideale, als Norm, Bilder des kollektiven und des eigenen Begehrens, Bilder als konkretes Beispiel, als Pornografie, Karikatur und zersetzende Kollage. Gemeinsam mit ihren Gästen arbeiten die PerformerInnen von She She Pop hier an einem neuen szenischen Format. Es gilt, die individuellen Körpergrenzen, das Alter, das Geschlecht, die eigene Scham und die mühsam errungene sexuelle Identität aufzugeben und vor der Live-Kamera miteinander zu verschmelzen in immer neuen, kollektiven Körperbildern. Jeder und jede, ob alt oder jung, ist bei aller Erfahrung naiv und muss doch den anderen belehren. Jeder und jede kann den anderen imitieren, parodieren, penetrieren. Es entsteht eine Ars Erotica für die Bühne – zwischen modernem Bilderbuch der Sexualaufklärung und spätmittelalterlichem Totentanz.

Credits

Konzept: She She Pop Von und mit: Gundars Abolinš, Sebastian Bark, Daniel Belasco Rogers, Knut Berger, Lilli Biedermann, Jean Chaize, Anna Drexler, Jonas Maria Droste, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Walter Hess, Christian Löber, Lisa Lucassen, Fee Aviv Marschall, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou, Florian Schäfer, Susanne Scholl, Berit Stumpf, Zelal Yesilyurt.

Director of Photography & Video Installation: Benjamin Krieg. Bühne: Sandra Fox. Kostüme: Lea Søvsø. Musik: Santiago Blaum. Künstlerische Mitarbeit: Ruschka Steininger. Dramaturgie: Tarun Kade. Sounddesign: Manuel Horstmann Licht: Michael Lentner. Technische Tourbetreuung: Florian Fischer, Sven Nichterlein. Video Assistenz: Philipp Hohenwarter. Übertitel: Anna Kasten (KITA). Produktion/PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. freie Mitarbeit Kommunikation: Tina Ebert. Finanzadministration: Aminata Oelßner.Company Management: Elke Weber.

Eine Produktion von She She Pop und den Münchner Kammerspielen in Koproduktion mit dem HAU Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg, FFT Düsseldorf, Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt a.M. und Kyoto Experiment.

Premiere, März 2016, Kammerspiele, München

Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin- Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten und im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Termine


Vergangene Termine:
22. Mai 2019, CPH Stage Festival, Kopenhagen
25., 26. Januar 2019, Europäisches Zentrum der Künste Hellerau, Dresden
24., 25. Oktober 2018, Kyoto Experiment, Kyoto
7., 8., 9. April 2018, HAU, Berlin
8. Juli 2017, Münchner Kammerspiele, München
15., 16. Juni 2017, Festival delle Colline Torinesi, Turin
18., 19. Mai 2017, auawirleben - Theaterfestival Bern, Bern
11., 12., 13. Mai 2017, HAU, Berlin
17., 18. März 2017, FFT, Düsseldorf
12. Februar 2017, Kammerspiele, München
13., 14. Januar 2017, Bozar, Brüssel
5., 6. Januar 2017, HAU, Berlin
2., 29. Januar 2017, Kammerspiele, München
8., 21. Dezember 2016, Kammerspiele, München
1., 2., 3., 4. Dezember 2016, Kampnagel, Hamburg
17., 18., 19. November 2016, Mousonturm, Frankfurt am Main
19., 20., 21., 22., 23. Oktober 2016, HAU, Berlin
5., 7. Juli 2016, Kammerspiele, München
18., 19. Juni 2016, Impulse Theater Festival, tanzhaus NRW, Düsseldorf
3. Juni 2016, Kammerspiele, München
17., 20., 27. Mai 2016, Kammerspiele, München
22., 27. April 2016, Kammerspiele, München
6., 12., 16. März 2016, Kammerspiele, München
3. März 2016, Kammerspiele, München

Pressestimmen

Man sehe sich beispielsweise dieses raffinierte Stück „50 Grades Of Shame“ an (…). Es handelt sich um eine scharfe, provokante Reflexion – scheinbar belehrend, aber tatsächlich von einer realen und ernsten Analyse bestimmt – über Sexualität in all ihren Ausformungen, von der jugendlichen Entdeckung des Schamgefühls und der Schande bis zur Individualisierung von Rollen innerhalb eines Paares, von den männlichen oder weiblichen erotischen Trieben bis hin zur mehr oder weniger ironischen Definition dessen, was in der Welt, in der wir leben, erlaubt und verboten ist.
Renato Palazzi, 24 ORE, 24.06.2017

„50 Grades of Shame“ ist ein Bilderreigen (…) und schafft auf der Bühne einen wüsten Atlas der Möglichkeiten. (…) Nackte und bekleidete Körperteile werden von Kameras aufgenommen und wie in einem Umklappbuch, mit dem sich Kinder lustige Leute oder Tiere zusammenbasteln, auf zwei Leinwänden neu zusammengefügt. Die Variationsmöglichkeiten sind unendlich, denn auf der Bühne stehen Männer und Frauen in verschiedenem Alter und Format. Sie alle liefern die Beine, Bäuche, Brüste und Büsten für die Leinwände. Untenrum steht dann die Figur auf dünnen Beinchen, die tragen einen Kugelbauch mit dicken Brüsten und der darauf sitzende Männerkopf hat einen langen Bart. Und zack, schon ist wieder alles ganz anders. Dann schwebt die Brust als Mondkopf über dem Torso und so fort…In den besonders poetischen Momenten begegnen sich die entsprechenden Bilder auf der Leinwand, sie küssen sich innig und wild…
Frankfurter Rundschau, 11.11.2016

Unter dem Tital „50 Grades of Shame“ geht es (She She Pop) diesmal um Liebe, Sex und Scham. Dazu haben sie sich Schauspieler und einen echten Teenager ins Boot geholt. Als Referenzpunkt dienen Wedekinds Stück „Frühlings Erwachen“ und der Sex-Schmöker „Fifty Shades of Grey“. Der Abend kommt dann als Mischung aus „Predigt, Darkroom, Rollenspiel und Frontalunterricht“ daher. Es passieren darin einige Herrlichkeiten, etwa ein ziemlich unverfrorener Lobgesang aufs eigene Po-Loch oder Frechheiten zu den Fragen, was heutzutage noch verboten beziehungsweise erlaubt sei.
Journal Frankfurt, 11.11.2016

Kritik zur Premiere in Berlin, Oktober 2016

Schon stecken wir selbst mitten drin in dem Krakenwesen des Begehrens, von dem das Performance-Kollektiv She She Pop an diesem Abend jede Falte ausleuchtet. Nein, nicht ausleuchtet, sie halten kurz ein Kerzchen rein und ziehen es dann diskret wieder zurück.  (Aber) She She Pop ist zu helle, als dass sie ihre bohrenden Wort-Bild-Kollagen, die wie immer zwischen Selbstentblößung und Reflexion mäandern, der dunklen Flecken beraubten. Geht es hier doch überhaupt um das Scheuste selbst, Sex. Genauer: um all das, was ihn verhindert, damit entweder die Lust (E.L. James) oder die Beschämung (Wedekind) wächst.
Dass She She Pop die Körperteilwanderungen zum Leitmotiv macht, ist nicht nur buntes Gender-Einerlei, vielmehr korrespondieren die Bilder genau mit den Erzählungen von Erregung, Gealt und moralischer Projektion. Sie behaupten nicht einfach die Pauschalität „sozialer Geschlechter“, sondern verbildlichen die peinigen Verknotungen von Gesellschaft und Natur variantenreich.
Doris Meierhenrich, Berliner Zeitung, 19.10.2016

Kritik zur Premiere in München, März 2016

Da wachsen Männerköpfe aus hüpfenden Brüsten, baumeln Gemächte unter orangenen Abendkleidern, setzt sich schließlich – ausgerechnet zur Lektion über das Alleinsein – ein erotischer Patchwork-Body aus den Gliedern des gesamten Ensembles zusammen. Ach, würden wir uns nur als aus anderen Körpern zusammengesetzten Genpools begreifen? Das wäre wohl wirklich das Ende der Scham. So aber umtanzen She She Pop vor allem die unausgesprochene Frage, warum es auf der Bühne und vor Publikum möglich ist, von Dingen zu sprechen, die einem im Bett, neben dem Partner, nur schwer von der Zunge gehen. So hören wir Lobgesänge ans Po-Loch und Brandreden ans Bindegewebe, Einklagungen der Lust und Beischlaf-Tipps, für die heranwachsende Lilli Biedermann. Vielleicht, sinniert sie zum Schluss, werden sich spätere Generationen fragen, warum wir den Sex dem Dunkle entreißen wollten und doch keine Worte für ihn fanden. Deren haben She She Pop reichlich gefunden, treffende, persönliche, klischeebehaftete.
Christian Bos: „Kölner Stadt-Anzeiger“, 20.06.2016

Scham oder Nicht-Scham, das ist auch hier die Frage. Und so entpuppt sich „50 Grades of Shame“ als ebenso intelligenter wie hoch amüsanter und rasanter Performance-Parcour zwischen Theatertheorie und Schamkunde und zwischen Repräsentationstheater und bildender Kunst und leuchtet dabei die Dunkelzonen der menschlichen Natur zwischen Kopf und Unterleib heller aus als jede Wissenschaft es je könnte.
Sven Ricklefs, SWR, 4.3.2016

Das Geschehen auf der Bühne wechselt zwischen Kanzelpredigten, Dramenszenen aus Wedekinds Drama, Frontalunterricht und Rollenspielen – ohne feste Rollen für die Schauspieler (darunter Anna Drexler, Werner Hess und mit der 16-jährigen Lilli Biedermann ein «echter Teenager»). Auf großen Videoleinwänden verschmelzen die Körper der Darsteller beeindruckend zu immer neuen Konstellationen: ein gemeinsamer Körper als Utopie. Für den überaus unterhaltsamen Abend gab es viel Jubel, minutenlangen Applaus und ein einsames Buh…
Die Welt, 4.3.2016

Bei She She Pop bleibt „Scham“ ein schillernder Begriff, nicht nur negativ besetzt. Zumal die Pornografisierung unserer Gesellschaft mit körperlichem Perfektionswahn einhergeht. In „50 Grades of Shame“ wird dieser Körperkult konterkariert, der Körper als Konstrukt vorgeführt. Auf zwei Leinwänden werden Live-Videobilder von Köpfen einzelner Performer mit den Körpern anderer zu Patchworkpersonen montieren. Da wirft sich Christian Löber in die lässige Pose des Aufreißers Christian Grey aus den James-Romanen, das Gesicht dazu aber liefert Anna Drexler. Da entstehen Hermaphroditen-Bilder aus blanken Brüsten und baumelden Penissen. Oder der Kopf des 77-jährigen Walter Hess sitzt im Videobild auf dem nackten Frauenleib von Berit Stumpf. Ja, die Performer von She She Pop bringen durchaus eine, wie sie es nennen, „nudistische Freude“ mit an die Münchner Kammerspiele, die man schamlos zu nennen geneigt ist. Dass man als Zuschauer gleichwohl nie peinlich berührt ist, verdankt sich der Ironie, die den schonungslosen, auch ungeschönten Körpereinsatz begleitet. Ein unverschämt guter Abend.
Christoph Leibold, DeutschlandRadio Kultur, 4.3.2016

Bald wirbeln Kleider über Männerbäuche, Herrenköpfe stehen auf nackten Brüsten – ein Durcheinander entsteht, eine Auflösung von Geschlechterrollen und Scheingewissheiten, so simpel wie eindrucksvoll, so witzig wie effektiv. Und dann kippen die Perspektiven, und die Proportionen und Körperteile projizieren sich in- und aufeinander, mal monströs, wenn Walter Hessens Kopf aus einem Unterleib erwächst, dann wieder bizarr utopisch, wenn die ineinander gesteckten Oberkörper von Berit Stumpf und Sebastian Bark einander liebkosen. Santiago Blaum, am Bühnenrand platziert, lässt ein musikalisches Crescendo anschwellen, das dumpf und schrill zugleich klingt; ein lustvolles Inferno, während Lilli Biedermann aus der Masturbationsszene von Wedekinds Hänschen Rilow liest, der wiederum eifrig den „Othello“ zitiert.
Tim Slagman, nachtkritik, 4.3.2016

Dieses Panoptikum der Körper-Wechselbilder erschüttert, macht Angst, bringt einen zum Staunen und Lachen. Wirre Fantasy-Wesen erwachen zum Leben, wenn etwa zwei auf dem Rücken liegende Oberkörper an der Taille miteinander verschmelzen oder wenn zwei Finger einer übergroß projizierten Hand einen Unterkörper darstellen. Diese Living-Stills, visuelle Explosionen unseres Inneren, geben einen Einblick in das, was zwischen Himmel und Erde, zwischen Körpern gleich welchen Geschlechts vorstellbar ist. Brüche und Abgründe unserer Schamwelten werden ausgestellt – und verstärkt durch die peinlich-trashigen Kostümanordnungen (Lea Søvsø). Auf diesem irrsinnigen Laufsteg unserer Gefühle und Fantasien, der das Gegenteil von Heidi Klums Topmodel-Höllenritt der Äußerlichkeiten ist, entsteht ein großartiger, humorvoller Dada-Reigen gegen den Wahnsinn der rigiden Körperansprüche und der Selbstoptimierung. Dieser Abend von „She She Pop“ wirkt zu Hause nach. Vor dem Spiegel stehend fragt man sich entgeistert und fröhlich zugleich: Das bin ich? Und wenn ja, wieso?
K. Erik Franzen, Frankfurter Rundschau, 7.3.2016

Einige von uns

Ein Lehrstück von She She Pop und Schauspiel Stuttgart
Foto: Julian Marbach
Foto: Julian Marbach
Foto: Julian Marbach
Foto: Julian Marbach
Foto: Julian Marbach
Foto: Julian Marbach
Foto: Julian Marbach

„Hier ist der Apparat, steig ein“, heißt es in Brechts Ozeanflug. Für zwei Spielzeiten ist das Performancekollektiv She She Pop in den Apparat der Württembergischen Staatstheater eingestiegen. Wie arbeitet man zusammen? Wie funktioniert ein Apparat, der regelmäßig Kunst und Öffentlichkeit zur Verfügung stellt? Und was bleibt bei dieser Arbeit übrig? Was bleibt unbegriffen, verborgen?
Eine größere Anzahl hochspezialisierter Stuttgarter TheaterarbeiterInnen (SchauspielerInnen, TechnikerInnen, HandwerkerInnen, OrganisatorInnen etc.) entfernen sich aus ihren unterschiedlichen Arbeitszusammenhängen und betreten die Bühne ihres eigenen Lehrstücks: Sie stimmen kollektive Lobeshymnen und Hassreden auf die Arbeit an und Lieder über die anonyme Verantwortung, sie fordern gegenseitig Rechenschaft und stellen sich vor den prüfenden Chor des Publikums. Die szenischen Formate, Befragungstechniken, Ausnahmen und Regeln sind von Brecht entliehen und setzen sich neu zusammen zu einem utopischen Bild: Ein arbeitendes Kollektiv, das sich – auf kunstvolle Weise uneinig – über sich selbst verständigt.
Was heißt es, das Verhältnis von DarstellerInnen und ZuschauerInnen neu zu denken? Kann im und mit dem Theater überhaupt gelernt werden – ohne ein theaterpädagogisches Setting aufzubauen? Was heißt es, Entscheidungen zu treffen, auf der Bühne oder auch in der Gesellschaft? Und wie wird Theater in diesem Sinne politisch? Mit diesen Fragen im Kopf werden wir neue Modelle des Theaterraums, Methoden und Formate des Theaters entwickeln, die das Theater als sozialen Raum begreifen. Mit „wir“ ist der ganze Apparat gemeint: She She Pop, das Ensemble, die MitarbeiterInnen des Hauses, aber auch die ZuschauerInnen, ohne die Theater nicht möglich ist. Welche Form des Theaters der Zukunft brauchen wir und wie können wir sie mitgestalten?

Credits

Konzept: She She Pop
Künstlerische Mitarbeit: Fanny Frohnmeyer
Bühne: Natascha von Steiger
Musik: Miles Perkin, Hannah Plaß
Video: Tobias Dusche
Dramaturgie: Anna Haas

Besetzung: M. Agacdograyan, V. Bähr, S. Bark, F. Benack, L. Bochow, A. Budenz, D. Buirel, B. Burgstaller, S. Clever, K. Dörr, H. Eichhorn, J.Freiburg, M. Glemser, P. Grill, A. Haas, F. Halmburger, L. Herweh, G. Hintermaier, I. Hoeckel, K. Hoffmann, M. Johannsen, S. Käshammer, C. Kaever, J. Koch, L. Lucassen, M. Matzke, M. Meguid, P. Neal, R. Ohm, I. Papatheodorou, A. Petras, H. Plaß, H. Rex, H. Roos-Erdle, F. Rummel, A. Safaei-Rad, S. Safranek, H.-W. Schmidt, E. Schnatmann, S. Schnitzer, A. Schuler, T. Smolnik, V. Spatz, C. Staudt, N. von Steiger, M. Stiller, Y. Stock, D. Strobel, B. Stumpf, M. Ulrich, A. Vajzovic, V. von Waldow

Gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes.

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
14. - 25. Mai 2015, Schauspiel Stuttgart, Stuttgart
26. Februar 2015, Zweite Präsentation, 17:30 Uhr, Eintritt frei, Stuttgart
27. September 2014, Erste Präsentation, 17:30 Uhr, Eintritt frei, Stuttgart

Pressestimmen

Im Gegensatz zu „wir” ermöglicht die Phrase „einige von uns”, beim Sprechen über kollektive Erfahrungen auch in der Ausnahme Spielräume zu erschließen. She She Pop machen Sprecher und Sprecherinnen, die an einem Prozess der Gruppenbildung beteiligt sind und dabei zugleich die Gruppe hinterfragen, zum zentralen Gegenstand ihrer Auseinandersetzung mit dem Theater(system). […]Indem „Einige von uns” die vielen Stimmen, die im Stadttheater lärmen, auf die Bühne bringt, nimmt das Stück das Theater(system) des deutschsprachigen Raums als solches ins Visier.. und leg(t) … offen, dass das Theater(system) kein monolithischer Apparat ist, sondern ein Kollektivkörper unzähliger Arbeitsbereiche, die dort wuseln und werkeln.
Momoko Inoue: Das Theater(system) sezieren. She She Pop: Einige von uns. Berichte vom Berliner Theatertreffen 2015 und der aktuellen Theatersituation im deutschsprachigen Raum,Theatre Arts (Web), November 2015

Kritik zur Premiere, Mai 2015

Dass der Rückgriff auf Brecht’sche Verfahrensweisen in dieser sehr mitunter urkomischen und nie langweiligen 120-Minuten-Produktion ganz und gar nicht angestaubt wirkt, ist eine von vielen Überraschungen des Abends. Fragen stellen, sehr einfache Fragen, diese Fragen wiederholen, Erklärungen und Veränderungen einfordern und dabei die Grenzen von Illusion und Wirklichkeit verwischen, das kommt hier sehr frisch und nie verquast oder theorieverliebt über die Bühne. Nicht nur die Schauspieler, auch die vermeintlich Unsichtbaren machen eine gute Figur auf der Bühne. Das Kollektiv von freier Szene, dem Ensemble und den Angestellten hat ganze Arbeit geleistet bei diesem Abend über die Arbeitswelt Theater.
Dorothee Schöpfer, Stuttgarter-Zeitung, 15.05.2015

Mehr als ein Jahr lang sind sie dafür immer wie- der ans Stuttgarter Schauspiel gekommen, um den Koloss künstlerisch zu vermessen: Treffen, Interviews, Workshops – und nicht zuletzt Ver- handlungen, wer wie bezahlt wird, wenn er gerade nicht aus den Reihen der Schauspieler kommt und standardmäßig auf der Bühne steht. Dokumentiert hat die Performancegruppe den Prozess in einer Loseblattsammlung, die sie als Programmheft darreicht. (…) Dokumente spiegeln die verschiedenen Stadien des Entwicklungsprozesses: vom Förderantrag an die Kulturstiftung des Bundes über Konzeptionsschreiben bis hin zu Emails von Beteiligten. Man lernt, dass der eine oder andere eigentlich wieder abspringen wollte und der Versuch, Mitarbeiter aus den Werkstätten auf die Bühne zu holen, zu größeren organisatorischen Verwicklungen führte – weil das Leben hinter der Bühne eben auch ein Leben mit Arbeitszeitkonto, Über- und Unterstunden bedeutet. Dass am Ende trotzdem auch Techniker und Handwerker mit auf den Brettern stehen, ist ein Erfolg der Überzeugungsarbeit von She She Pop, vor allem aber ein Gewinn für die Inszenierung.
Kristin Becker, Theater Heute 07/2015

Kritik zur ersten Präsentation, September 2014

Die erste Präsentation von She She Pop fällt so federleicht und authentisch aus, dass schnell klar ist, wie viel Vorarbeit darin steckt: Seit Beginn dieses Jahres arbeitet das freie Performance-Kollektiv mit dem Schauspiel Stuttgart zusammen, erforscht dessen große Maschinerie und legt die einzelnen Zahnräder frei. Alle, die im Haus tätig sind – in Büros, Werkstätten oder auf den Bühnen – werden von She She Pop zu ihrer Arbeit befragt und können szenisch mit den Künstlerinnen experimentieren. „Lehrstücke“ heißt dieses Projekt, angelehnt an Bertolt Brechts gleichnamige Stücke für Laien; verhandelt wird das Thema Theater auf unterschiedlichsten Ebenen: Theater als Arbeit, als Lebensraum, als Berufung oder als Kunst. Was jetzt im Foyer des Schauspiels zu sehen war, ist kein Stück im klassischen Sinne, es ist eine Montage, eine Performance, ein Bericht – und dabei höchst amüsant. Ein Kollektiv initiiert den Theaternachmittag, und ein Kollektiv steht auf der Bühne: Opernchoristin, Kostümmaler, Schauspieler, künstlerischer Direktor, Assistentinnen der Intendanz und der Regie, Performerinnen, Machinixt, Abendpersonal, Dramaturgin und der Intendant agieren vor einer umgekehrten Kulissenwand, sie stehen für das Gebilde Theater. Die Heterogenität dieser scheinbaren Einheit wird verdeutlicht, indem abwechseln eine Akteurin oder ein Akteur ans Mikrofon tritt und einen Satz beginnt mir „Einige von uns…“. Wer sich von dem benannten Thema angesprochen fühlt, geht mit nach vorne, so entstehen immer wieder neue Gruppierungen. Bei „Einige von uns würden gerne mal wieder ins Kino gehen.“ stehen alle vorn, bei „Einige von uns gucken abends Pornos“ bleiben zwei Jungs für sich. In dieser gruppendynamischen Choreografie finden persönliche Probleme wie Existenzängste oder Alkoholkonsum genauso statt wie Einblicke in das System Stadttheater mit seinen Kommunikationsmustern, Hierarchien und Arbeitsabläufen. So schaffen es die Performerinnen von She She Pop, dass sich die Akteure ganz leicht und humorvoll dem Publikum präsentieren, gleichzeitig aber auch große Fragen über das (Theater-)Leben aufgeworfen werden. Eine gelungene Präsentation, die Lust macht auf die Uraufführung der „Lehrstücke“ im Mai 2015.
Nicole Buck, Stuttgarter Zeitung, 29.09.2014

Ende

Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Was ist das, wo gehört das hin? Diese Schlüsselfrage jeder Putzhilfe steht am Anfang der Erschaffung der Welt. Als Gott beginnt, die Wesen und Dinge zu benennen und ihnen einen Platz zuzuweisen, entsteht im Chaos allmählich Ordnung und Ruhe: der Anfang vom Ende.
Die Performance Ende entspinnt sich entlang der biblischen Schöpfungsgeschichte. She She Pop übernehmen die vorgegebenen Rollen von Gott, dem Menschen, Eva, den Tieren, den Pflanzen und den Cherubim. Auf der Bühne, die das Paradies beherbergt, probieren die PerformerInnen das Beenden. Aufräumen, anhalten, abbrechen, Schnitt, Stille, Schluss.
Eine wird sich aller (Selbst-) Bilder entledigen, welche sich die herrschende Ordnung (zu der sie gehört) von ihrem Geschlecht macht. Sie will ‚das Bild der Frau‘ am eigenen Beispiel zerstören. Wird ihr Geschlecht überhaupt noch existieren, wenn sie es nicht mehr darstellt?
Einer wird alle sich bietenden Ausblicke, alle Handlungsmöglichkeiten in einem schwindelerregenden Akt der Selbstfesselung ersticken und sich dabei in einen Zustand vegetativer Hingabe zwingen.
Eine dritte sucht nach einer endgültigen Ordnung für alle Dinge, dem perfekten Muster – um dann hinter sich die Türe für immer zu schließen.
She She Pop nähern sich dem Ende, diesem kostbaren Moment, an dem etwas anderes möglich scheint: ein neues Buch, ein anderer Partner, ein neues Gesellschaftsmodell, ein besserer Drink. Die himmlischen Heerscharen gestalten dazu einen sehr persönlichen Abgesang aus Meat Loafs Album ‘Bat Out of Hell‘.

Credits

Konzept: She She Pop
Von und mit: Sebastian Bark, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou.

Bühne und Kostüme: Sandra Fox. Choreographie: Minako Seki. Musik: She She Pop & Max Knoth. Lichtdesign: Benjamin Schälke. Dramaturgische Beratung: Nina Tecklenburg. Künstlerische Mitarbeit: Ruschka Steininger. Produktion/ PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. Finanzadministration: Aminata Oelßner. Company Management: Elke Weber.

Eine Koproduktion von She She Pop, HAU Hebbel am Ufer und Forum Freies Theater Düsseldorf.

Premiere, Oktober 2013, Berlin

Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten und den Fonds Darstellende Künste e.V.

Dokumentation

 

 

 

 

Termine


Vergangene Termine:
12. – 13. September 2015, Schwankhalle, Bremen
23. – 25. Januar 2014, FFT, Düsseldorf
10., 11., 12., 13. Oktober 2013, HAU, Berlin
8. Oktober 2013, HAU, Berlin

Pressestimmen

Am Sonnabend erfrischte die bundesweit gefeierte Theatergruppe She She Pop die Schwankhalle Bremen mit ihrem virtuos eigenwilligen Theater-Handwerk. Ein anspielungsreiches Diskurstheater, bei dem es bedeutungsvoll und ziemlich witzig zugeht.
Sven Garbade, Weser-Kurier, 14.09.2015

„Ende“ – so heißt dieses grandiose neue Stück von She She Pop, das nach der Premiere in Berlin nun am koproduzierenden FFT läuft. Die Schöpfungsgeschichte, sieben Tage, hell und dunkel, damit halten die drei Frauen und ein Mann ihre Produktion zusammen. Sie suchen das Ende zum Anfang. Das ist mal witzig, selbstironisch und lakonisch, sehr originell und immer treffend. Wie sie mit den Mitteln des Theaters spielen, sie vorführen und gleichzeitig wirken lassen, ist große Kunst. „Weiblichkeit ist eine harte Währung. Nur keiner hat Zeit festzustellen, wer davon profitieret“, sagt Papatheodorou. Währenddessen arbeitet sich Lisa Lucassen mit dem Album „Bat Out of Hell“ von Meat Loaf ab. Musik, die sie vor dem Plattenspieler des Bruders sitzend zu oft gehört hat. Sieben Lieder, die sie nacheinander singt und damit für sich abhakt. „Das ist nicht immer schön“, sagt sie. Dabei ist es eine Riesenshow, wie sie nur mit der Ukulele den triefenden Pathos dieser Himmel- und Hölle-Songs rüberbringt. Und dann gibt es noch Gott, das ist Mieke Matzke, die versucht, aus dem Durcheinander auf der Bühne von Klebeband, Papier, Kleiderbügeln, Mülltüten, Äpfeln und Wasserkisten, aus dieser „Ursuppe“ eine Ordnung herzustellen. Eine rührendes und zutiefst menschliches Bemühen.
Marion Troja, Westdeutsche Zeitung, 25.01.2014

Kritiken zur Premiere 2013

…Das ist es, worum es in dieser klugen Arbeit geht: Nicht der Akt der Schöpfung wird gefeiert, die vermeintlich genuine und positive Aufgabe des Menschen. Hier geht es um den Moment, der danach kommt. Was passiert, wenn etwas in die Welt gebracht wurde – aber aus ihr nicht mehr verschwindet? Man kann an die Geburt des Geldes denken oder die Erfindung von Plastik. Schöpfungen, die womöglich niemals ein Ende finden. Etwas zu schaffen, sagen She She Pop, ist nicht nur eine Leistung. Es ist auch eine Verantwortung. Ein Gedanke, den man öfter einmal denken sollte. Nicht nur in der Kunst.
Andrea Heinz, DIE ZEIT, 17.10.2013

Entfernt verwandt mit biblischen Motiven, stehen eindeutige Zuordnungen – Gott versucht Ordnung zu schaffen, Eva beschäftigt sich mit ihrer und ganz grundsätzlich mit Weiblichkeit, Adam gibt sich ganz der christlichen Selbstkasteiung hin und die Himmlischen Heerscharen singen, dass man sich wünscht, sie würden nie aufhören. […] Zunehmend schleichen in den typisch She-She-Pop-haften, sehr sympathischen, dezenten und witzigen Performancestil bittere Töne und düstere Bilder, bis Gott am Ende des siebten Tages sich zur Ruhe oder zum Sterben legt… …(eine) hintersinnige Mischung aus Alltag und existenziellen Momenten, Biographischem und Grundsätzlichem, Ernst und Witz, Komik und Pessimismus…
Elisabeth Nehring, Deutschlandradio, 08.10.2013

Und damit wäre man auch beim She She Pop-Charme dieses Abends: dem fliegenden Wechsel der vier zwischen Privat- und Performerpersönlichkeit, zwischen Egotrip und Gesellschaftsspiel.
Sophie Diesselhorst, nachtkritik.de, 08.10.2013

Frühlingsopfer

Aufgeführt von She She Pop und ihren Müttern

Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Gemeinsam mit den eigenen Müttern bringen die Performerinnen von She She Pop die Performance Frühlingsopfer nach Igor Strawinskis „Le Sacre du Printemps“ zur Aufführung. Im Mittelpunkt der Performance steht die Frage nach dem weiblichen Opfer in der Familie und in der Gesellschaft. Dafür überblenden She She Pop bewusst die religiöse Sphäre des rituellen Menschenopfers aus „Le Sacre du Printemps“ mit der ethischen Frage des persönlichen Verzichts zwischen Frauen und Männern sowie zwischen Müttern und Töchtern. Diese Überlagerung erzeugt sofort Widerwillen: Sich als Frau für andere aufzuopfern ist ein Programmpunkt eines heute peinlich veralteten Normenkatalogs. Die überragende Bedeutung von Selbstermächtigung und persönlicher Freiheit hat alle Akte des Verzichts und der Hingabe in ein obskures Licht verrückt. Das archaische Frühlingsopfer dagegen steht für die Gewissheit, dass jede Gemeinschaft Opfer fordert, ja sogar erst um das gemeinsame Opfer herum entsteht und bestätigt wird.
In der Überlagerung dieser Sphären sehen She She Pop die Möglichkeit, ein Thema zu entwickeln, das stumm zwischen den Generationen steht. Wie bei Strawinski entfaltet sich die Performance Frühlingsopferselbst als ein Ritual: Die Begegnung von She She Pop, ihren Müttern und dem Publikum wird in aller Feierlichkeit inszeniert. Doch im Gegensatz zu der Gemeinschaft, die sich bei Strawinski für das Frühlingsopfer versammelt, besteht bei She She Pop und den Müttern keineswegs fraglose Einigkeit über das Vorgehen, im Gegenteil. Zweifel stehen von Anfang an im Raum. Aber ebenso der Entschluss, es gemeinsam zu versuchen.

Credits

Konzept: She She Pop.
Von und mit: Cornelia und Sebastian Bark, Heike und Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Irene und Ilia Papatheodorou, Heidi und Berit Stumpf, Nina Tecklenburg.

Director of Photography & Video Installation: Benjamin Krieg & She She Pop. Bühne: Sandra Fox & She She Pop. Kostüm: Lea Søvsø. Musikalische Mitarbeit: Damian Rebgetz. Choreographische Mitarbeit: Jill Emerson. Künstlerische Mitarbeit: Ruschka Steininger. Lichtdesign/Technische Leitung: Sven Nichterlein. Ton: Florian Fischer. Video Assistenz: Anna Zett. Übertitel: Panthea (Anna Kasten). Tour Koordination: Fanny Frohnmeyer, Kaja Jakstat, Veronika Steininger. Technische Tourbetreuung: Florian Fischer, Manuel Horstmann, Andreas Kröher, Michael Lentner, Sven Nichterlein, Torsten Schwarzbach. Produktion/PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. Freie Mitarbeit Kommunikation: Tina Ebert. Finanzadministration: Aminata Oelßner. Company Management: Elke Weber.

Eine Koproduktion von She She Pop mit dem HAU Hebbel am Ufer, FFT Düsseldorf, Künstlerhaus Mousonturm, Kaserne Basel, brut Wien, Prager Theaterfestival deutscher Sprache/Archa Theater Prag, Kyoto Experiment und Théâtre de la Ville/Festival d’Automne à Paris.

Premiere, April 2014, HAU, Berlin

Residenz gefördert durch Art Center Kyoto, Kyoto Experiment und Goethe Institut.
Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin- Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten und den Hauptstadtkulturfonds Berlin.

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
5., 6. Juni 2018, Zona K, Milano
11. Mai 2018, International Theatre Festival Reflex, Sfântu Gheorghe, Rumänien
15. Dezember 2017, Kurtheater Baden, Baden, Schweiz
9. November 2016, Posthof, Linz
1., 2. Oktober 2016, Salihara International Performing Arts Festival, Jakarta
25., 26. Juni 2016, HAU, Berlin
25., 27., 28. November 2015, HAU, Berlin
1. November 2015, Internationales Theaterfestival Havanna 2015 im Trianón Theater, Havanna, Cuba
31. Oktober 2015, Internationales Theaterfestival Havanna 2015 im Trianón Theater, Havanna, Cuba
23. – 24. Oktober 2015, Teatro UNAM, Mexiko City, Mexiko
16. – 17. Oktober 2015, Hellerau, Dresden
4. – 5. September 2015, Festival Short Theatre, Rom, Italien
8. – 9. Juni 2015, The Israel Festival, Jerusalem, Israel
18. – 19. Juni 2015, Festival delle Colline Torinesi, Turin, Italien
24. – 25. April 2015, FFT, Düsseldorf
19. – 22. März 2015, HAU 1, Berlin
15. – 17. Januar 2015, Kampnagel, Hamburg
4. – 6. Dezember 2014, brut, Wien, Österreich
26. – 27. November 2014, Archa Theater, Prag, Tschechien
16. – 18. November 2014, Kammertheater, Stuttgart
4. – 5. Oktober 2014, Théâtre de la Ville, Festival dAutomne, Paris, Frankreich
20. – 24. Oktober 2014, Kyoto Experiment Festival, Kyoto, Japan
11. – 14. September 2014, Théâtre Vidy, Lausanne, Schweiz
26. – 28. Juni 2014, Kaserne, Basel, Schweiz
10. – 12. Juni 2014, HAU, Berlin
26. – 27. April 2014, Mousonturm, Frankfurt am Main
12. – 14. April 2014, HAU, Berlin
10. April 2014, HAU, Berlin

Pressestimmen

FRÜHLINGSOPFER aufgeführt von She She Pop und ihren Müttern beim Short Theatre Festival 2015 in Rom

Beitrag auf 3Sat

She She Pops Stück stellt ‚Fragmente der Wirklichkeit’ zusammen, die um das Thema Mutterschaft kreisen und präsentiert ‚aktuelle Vorgänge’ des Generationenkonflikts zwischen Müttern und ihren Kindern. Ziel von Peter Weiss’ Dokumentartheater war das Formulieren von Fragen, die zu Lösungsansätzen und praktischem Handeln führen sollten. Die Relevanz von She She Pops Aufführung hingegen liegt nicht im Aufwerfen solcher Fragen und der Suche nach Antworten. She She Pop verwenden ihre Energien vielmehr darauf, ein Modell herauszuarbeiten, das in der Lage ist, die aktuelle Situation zu objektivieren. Was für eine Art von Gesellschaft wollen wir, was können wir tun, um eine Gesellschaft zu erhalten bzw. zu entwickeln, die nicht bestimmte Personen in die Opferrolle drängt, wozu brauchen wir immer noch den Mythos der Mutterschaft – am Beginn muss das Nachdenken über diese Fragen stehen. Die Aufführung ruft bei uns – die wir selber Teil einer Gemeinschaft sind – ein Problembewusstsein wach – und motiviert dazu, ausführlicher zu reflektieren. Wir streifen dann mit unseren Gedanken weiter zu Denkpositionen, die vom eigenen Standpukt abweichen. Und genau darin steckt das Potential eines Theaters, das der Wechselbeziehung zwischen Performern und Zuschauern eine zentrale Bedeutung einräumt.
Takako Shibata,
Eine universale ‚Erzählung‘ als Herausforderung an das unveränderliche Frühlingsopfer – aufgeführt von She She Pop und ihren Müttern, Theatre Arts No. 59 / 2015

Aus postfeministischer Sicht mag man die Auffassung, dass Frauen nicht allein Opfer sind (von männlicher Gewalt, die hier notabene keine Rolle spielt), sondern auch Opfer bringen, obsolet oder – je nachdem – banal erscheinen. Doch dass She She Pop „eigentlich“ nichts anderes unternimmt, als eine neue – sehr ungewöhnliche – Interpretation von Igor Strawinskys unsterblicher Ballettmusik „Le Sacre du Printemps“ zu liefern, hebt das Projekt von vorn herein aus der individuell privaten in eine abstrakte Sphäre. Musik, selbst wenn sie so programmatisch ist wie Strawinskys Komposition, entzieht sich nun einmal dem Bedeutungshorizont der Sprache. (…) Dass die Familienaufstellung nicht stattfindet, kann man „Frühlingsopfer“ aber keineswegs zum Vorwurf machen. Im Gegenteil: Es spricht sich darin – wie auch im ebenbürtigen Einsatz von sprachlichen und nonverbalen, von technischen und musikalischen Mitteln – sehr präzise die Vielschichtigkeit weiblicher Identität zwischen Autonomie und Opfer (oder, wem das zu pathetisch ist: Verzicht auf Möglichkeiten der Selbstentfaltung) aus. „Frühlingsopfer“ ist weit mehr als eine therapeutische Gruppensitzung. Zum großen – ästhetischen – Glück.
Bettina Schulte, Badische Zeitung, 28.06.2014

Natürlich vergleicht man «Frühlingsopfer» dann doch mit «Testament». Am stärksten fällt auf, wie viel direkter und deshalb für die Bühne dankbarer das Vater-Stück war. Aber gerade das ist die Stärke des Mutter-Stücks: Am beredtesten ist es, wenn die Dinge in der Schwebe bleiben. Wenn gesagt wird, was nicht gesagt werden wird. Aber es sollte etwas ohne Worte sein. Frauen und Körper, das mag abgedroschen wirken. Doch ist der Tanz Ausdruck für frühere Zeiten, als nur kritisiert oder nie kritisiert wurde; als die Mutter jedes Familienfest mit schlechter Laune sabotierte; als Erwartungen unausgesprochen in der Luft hingen. Mit dem Stück, bei dem die vier Mütter nicht selbst auf der Bühne stehen, sondern in Videoaufnahmen auf Leinwände projiziert werden, setzt die Analyse ein – indem das Publikum die Lücken weiterdenken muss. Erneut gelingt es She She Pop, Klischee-Fallen zu umgehen. Radikal zu sein, ohne plakativ zu werden. «Frühlingsopfer» ist kein Strafgericht, sondern, nun ja, eine Liebeserklärung. Am Ende steht nicht der Tod wie bei Strawinsky, sondern die Versöhnung.
Regula Frevler, Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 15.06.2014

Es wird immer noch reichlich geredet, wenn auch deutlich weniger als in „Testament“. Das private Material hat das Kollektiv einmal durch den Schredder des indirekten Sprechens gejagt, um exakte Zuordnungen zu verwischen. Und dann werden doch die ganzen Widersprüche auf den Tisch gepackt: Kinder, die nicht kuscheln wollen, Mütter, deren Liebe erdrückt, kindliche Nähewünsche, zerstörte Türen, Gesprächsabbrüche, Konkurrenz, mühsam erkämpfte und erduldete Distanz, das schuldhafte Paradox, dass die eigene feministische Kunstarbeit womöglich von den ihre eigenen Interessen zurückstellenden Müttern mit ermöglicht wurde. „Wir wollen nicht darüber reden, dass die Anwesenheit dieser Frauen mindestens ebenso wichtig ist wie ihre Abwesenheit. Dass wir ihnen nah sein wollen, ohne mit ihnen zu reden.“ Also rücken live und im Bild die Körper in den Mittelpunkt: Am Anfang des Intensivspannungs-verhältnisses von Mutter und Kind steht schließlich die körperliche Verbindung, bei Müttern und Töchtern zudem die Identifikation. She She Pop spielt visuell noch einmal mit diesen kindlichen Identifizierungen: Die Töchter auf der Bühne imitieren die improvisierten Tänze der Mütter auf der Leinwand, Videoporträts der Kinder werden mit denen der Mütter überblendet, zeigen verblüffende Ähnlichkeiten, verschmelzen miteinander, Sebastian Bark regrediert gar wieder zum Säugling an der Mutterbrust: ein Gruselbild. Und die Mütter spielen mit, schmiegen sich wie Medizinfrauen in ihre Decken und Capes, mimen auch mal die alles verschlingenden Monster, uneitel und mit Sinn für Humor. Auch in dem merkwürdigen, eckigen und anrührenden, dabei komplett unesoterischen Ritual, das She She Pop mit blinkender Opferkrone, Fusselrolle und Staubsauger zu Strawinsky zelebriert, die Utopie einer vorsichtig zärtlichen Begegnung von Müttern und Kindern. So aufrichtig wie möglich, so distanziert wie nötig.
Eva Behrendt, Theater Heute, Juni 2014

Nach der Uraufführung in Berlin war „Frühlungsopfer“ von She She Pop und ihren Müttern jetzt in nur zwei restlos ausverkauften Vorstellungen im Frankfurter Mousonturm zu sehen – man kann nur hoffen, dass die Arbeit noch einmal dort gezeigt wird. Nicht, weil Mütter und Kinder jeglichen Alters so etwas wie eine künstlerisch verbrämte Familienaufstellung geboten bekämen. „Frühlingsopfer“ sieht zunächst zwar so aus, aber so leicht und einfach hatten es sich She She Pop nicht gemacht, als sie vor vier Jahren mit dem gefeierten „Testament“ ihre eigenen Väter auf die Bühne brachten, um mit ihnen entlang von Shakespeares „Lear“ über Generationsverträge und Liebe zu reden. Die seit 15 Jahren zusammenarbeitende Gruppen hat keine Coverversion für ihre Mütter geplant, sondern weiter nachgedacht. Unter anderem darüber, dass es vielleicht einfacher ist, mit Vätern zu spielen, als etwas über Mütter herauszufinden. Vorbehalte, Grenzen und Schwierigkeiten werden offengelegt: dass Mütter und Kinder oft über völlig verschiedene Dinge reden, aber dieselben Begriff verwenden. Was bedeutet es, wenn eine Mutter sich wünscht, die Tochter wäre „emanzipiert“? Was soll eine Tochter von einer Mutter halten, die 45 Jahre verheiratet ist, aber nicht weiß, wie die familiären Finanzen aussehen? Was bedeutet „Opfer“ für die Müttergeneration der noch im Krieg Geborenen, und was verstehen Mütter und Kinder unter Leid, Würde, Wertschätzung und Freiheit? She She Pop haben einen für sich neuen, klugen Weg gefunden, sich mit Fragen des Mutter-Kind Verhältnisses und des Selbstbildes auseinander zusetzen. Weshalb die Zuschauer von vier buntgemusterten Leinwänden empfangen werden, auf denen bald, in Bildern und Filmen, die vier Mütter von Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf erscheinen. Von Anfang an sind es also Mütter-Bilder im doppelten Sinne, mit denen sich die Performer und das Publikum auseinandersetzen. Und von Anfang an greifen She She Pop auf ein ebenfalls gedoppeltes Muster zurück. Dass in der feministischen Literatur das „Opfer“ der Frau und Mutter eine so große Rolle spielt, spannen sie zusammen Strawinskys „Sacre du printemps“. Nach einer Vorrede strukturiert die vollständige abgespielte Musik mit kleine Pausen den Abend, dazu wird getanzt, gesungen und geklatscht. Nicht selten persifliert das archaisch gemeinte Gestampfe des „Tanz dich frei„ von Esoterikworkshops und Familienseminaren. Doch auch das Einstudieren der Rhythmen und schlichten Schritten erhält der Abend auch eine Abstraktheit, die Müttern und Performern Freiheit verleiht.
Eva-Maria Magel, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 28.04.2014

Kritiken zur Premiere im April 2014

Tanz die Mutter! Ein großer Theaterabend über alles außer Schuld und Erziehungsfehler. … Absolut logisch und konzeptionell zwingend also, dass sich die Begegnung zwischen Müttern und Töchtern nach dieser aufschlussreichen „Vorrede“ ins Körperliche verlagert: Anders als bei den Vätern mit „Lear“ dient bei den Müttern kein Drama, sondern eine Ballettkomposition aus dem Jahr 1913 als Folie – mit einem aus heutiger Sicht entsprechend kruden Plot: In Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps“, dem „Frühlingsopfer“, wird eine Jungfrau dem Frühlingsgott zur Versöhnung geopfert. Die Auserwählte darf sich dabei rituell zu Tode tanzen. She She Pop überblenden diese religiöse Opfergeschichte nun mit sehr irdischen Verzichtsfragen: Wer bringt Opfer in der Beziehung zwischen Mann und Frau, zwischen Mutter und Kind? Der Begriff „Opfer“ ist dabei natürlich von Anfang an ein für den Abend überaus fruchtbarer Stein des Anstoßes, denn en vogue ist Verzicht in der Selbstverwirklichungsgesellschaft ja bekanntermaßen nicht. Und so eindeutig die Verzichtsrechnung zunächst auch aussehen mag – drei der vier Mütter haben ihrer Ehe beziehungsweise ihren Kindern den Beruf geopfert – so komplex verschieben sich im Verlauf dieses Abends der leisen Gesten und des Lesens zwischen den Zeilen die Koordinaten: Mit dem Verzicht haben die Mütter natürlich auch Projektionen und Ansprüche aufgebaut, die ihrerseits möglicherweise zu anders gelagerten, aber ähnlich harten töchterlichen Opfern führen. All das wird bei She She Pop im zweiten Teil vor allem vertanzt – wobei es selbstredend nicht um formvollendete Choreografien und gestreckte Beine geht, sondern um Expression und Kommunikation – jenseits des Verbalen. Dass das auf beiden Seiten auch mal linkisch aussieht, ist mitnichten ein Betriebsunfall, sondern gehört – im Gegenteil – absolut zwingend zum Ehrlichkeitsprogramm dieses großen Abends.
Christine Wahl, Spiegel online, 11.04.2014

Schau, Mutter … ein gelungenes Spiel mit Bildern und Spiegelungen, mit Identifikationen und Zurückweisungen, mit Besetzungen, Projektionen und Distanzierungen. … Die Rede vom Opfer, von Verzicht und Hingabe, scheint beiden Generationen zunächst suspekt, persönliche Freiheit und weibliche Selbstermächtigung standen auch schon bei den Müttern höher im Kurs. Und doch hat eine ihren Beruf dem Wunsch nach Familie geopfert, eine andere die eigene Künstlerkarriere ihrem Mann zuliebe zurückgesteckt. Diese biografischen Splitter, darunter auch Geschichten von Emanzipation und Erfolg, haben nichts Bekenntnishaftes. Die Performance von She She Pop und ihren Müttern findet eine gute Form, das Persönliche in einen weiter ausgreifenden Zusammenhang zu betten und aus einzelnen und durchaus unterschiedlichen Geschichten eine Erzählung von großem Wiedererkennungswert zu machen.
Katrin Bettina Müller, taz Berlin, 12.04.2014

Mamma Mia … Cornelia Bark, Heike Freiburg, Irene Papatheodorou und Heidi Stumpf, die Mütter der Performer Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf, sind vier beeindruckende Damen, die bei aller Mutterliebe sympathischer weise nicht zu falscher Harmonie neigen. Montagen und Probengespräche, in denen es um Abgrenzungen, gegenseitige Erwartungen, Terrainbehauptungen geht, auch darum, wie privat das hier werden soll, werden aus dem Off eingespielt: „Man will ja nicht jedem alles erzählen.“ Die Theaterprobe wird gezielt zur Fortsetzung der lebenslänglichen Mutter-Kind-Auseinandersetzungen mit anderen Mitteln. Das lebt davon, dass die drei Töchter und der eine Sohn mit ihren Müttern so neugierig wie vorsichtig umgehen – und sie viel zu ernst nehmen, um Differenzen zu kaschieren. Dass das nicht gestellt oder unangenehm indiskret, sondern einleuchtend wirkt, liegt an der Form, die She She Pop gefunden haben. Anders als die Väter bei „Testament“ stehen die Mütter nicht selbst auf der Bühne. Sie sind auf vier großen Leinwänden zu sehen, auf denen sie die Auftritte Ihrer Kinder beobachten, kommentieren, nicht verstehen oder sich darüber freuen, wie Ihre Kinder reagieren. Schließlich machen sie genau das seit der Geburt Ihrer Sprösslinge. Dass jetzt die Kinder Regie führen, ist Teil des Spiels, auf das sich die vier Mütter zumindest für die Zeit der Probenwochen eingelassen haben. Das Ausloten dieser Mutter-Töchter, Mutter-Sohn-Beziehungen strukturiert die Frage danach, wer für wen welches Opfer gebracht hat und damit die Frage nach dem Preis für alte Rollenmuster: Drei der vier Mütter haben für Ehemann und Kinder ihren Beruf aufgegeben. „Jetzt musst du dich entscheiden, also heiraten und Kinder kriegen. Dieses Baby hat mich natürlich nicht ausgefüllt zunächst“, erinnert sich Irene  Papatheodorou. She She Pop sind klug genug, auch die Frage nach dem Preis zu stellen, den ihre Generation unter dem Diktat der Selbstverwirklichung zahl: „Ich wüsste gerne, ob eine Gesellschaft möglich ist, wenn keiner bereit ist, Opfer zu bringen.“
Peter Laudenbach, Süddeutsche Zeitung, 14.04.2014

Schubladen

Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
Foto: Nada Žgank / City of Women Ljubljana
In dem Projekt Schubladen begegnen Mitglieder von She She Pop (alle im Westen aufgewachsen) einigen ost-sozialisierten Gegenspielerinnen auf der Bühne, um füreinander ihre Schubladen zu öffnen.
20 Jahre nach der Wende nehmen sie sich vor, sich neu anzunähern. Dazu greifen die Performerinnen auf autobiografisches Material aus ihren Schubladen zurück. Briefe, Tagebuch-Auszüge und andere Text-Dokumente werden grob chronologisch sortiert, ebenso wie das innere Bilderarchiv einer jeden und Musik. Die Erzählungen, aus denen unsere Leben bestehen, werden von den Performerinnen zu Themenfeldern kombiniert und verlesen, der Soundtrack dazu abgespielt. Fragen des Gegenübers müssen nach bestem Wissen beanwortet werden, ohne Rückgriff auf objektive, verlässliche Quellen. Eine vielstimmige und zutiefst subjektive Chronik der ost-westdeutschen Geschichte wird live erzählt, mit privaten oder öffentlich zugänglichen Textquellen belegt, aus der Erinnerung referiert, entlang oder entgegen der großen Weltanschauungen.
Als Paare sitzen sich die 6 Performerinnen an Tischen gegenüber in einem Raum, der sowohl Archiv wie auch Freizeitheim ist. Und ähnlich wie im Gemeinschaftsraum eines Erholungsheims müssen sich diese Paare miteinander bekannt machen. Sie werden versuchen, einander besser zu verstehen und sich dabei gegenseitig herausfordern mit dem Ziel, letztlich und endlich eine richtige Beziehung einzugehen.
„Wiedervereinigung“ wird in Schubladen als Beziehungsarbeit gedacht. Sie wird hier nachträglich und live für 3 Ost-West-Paare zur konkreten Aufgabe auf der Bühne. Wer bist du? Wie bist Du die Frau geworden, als die du mir heute gegenübersitzt? Und wie in jeder schlechten oder guten Beziehung spielen Missverständnisse und Projektionen eine entscheidende Rolle. Die Performerinnen werden versuchen, ehrlich das Maß an Nähe aufzuzeigen, das zwischen ihnen möglich ist. Die Bühne wird zum Ort für einen utopischen Dialog.
She She Pop und ihre Ost-Kolleginnen bekennen sich zur Vielstimmigkeit, zur kollektiven Erzählung. Die Lücken, Ungenauigkeiten und fehlenden Verbindungen gehören mit zum System. Wer waren wir? Wer sind wir? Warum sind wir so geworden?

Credits

Konzept: She She Pop. Von und mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Barbara Gronau, Annett Gröschner, Fanni Halmburger, Alexandra Lachmann, Katharina Lorenz, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Peggy Mädler, Ilia Papatheodorou, Wenke Seemann, Berit Stumpf und Nina Tecklenburg.

Künstlerische Mitarbeit: Kaja Jakstat. Bühne: Sandra Fox. Kostüm: Lea Søvsø. Lichtdesign: Sven Nichterlein. Ton: Florian Fischer. Video: Sandra Fox, Branka Pavlovic und She She Pop. Übertitel: Panthea (David Maß). Tour Koordination: Fanny Frohnmeyer, Kaja Jakstat, Ruschka Steininger. Technische Tourbetreuung: Florian Fischer, Manuel Horstmann, Andreas Kröher, Michael Lentner, Sven Nichterlein, Torsten Schwarzbach. Produktion/ PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. Freie Mitarbeit Kommunikation: Tina Ebert. Finanzadministration: Aminata Oelßner. Company Management: Elke Weber.

Dank an Anja Dürrschmidt und Marion Müller-Roth.

Eine Koproduktion von She She Pop mit dem Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg, FFT Düsseldorf und brut Wien.

Premiere, März 2012, HAU, Berlin

Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, die Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien Hansestadt Hamburg, den Fonds Darstellende Künste e.V. und die Rudolf Augstein Stiftung.

Trailer

Schubladen von She She Pop auf Vimeo.

Auszeichnungen

Nominiert für die Ubu Awards in der Kategorie „Beste ausländische Performance“ (Italien).

Termine


Vergangene Termine:
27., 28. März 2020, Theaterhaus Jena, Jena CANCELLED
26., 27. Oktober 2019, HELLERAU, Dresden
01. Oktober 2019, Festival Stadt der Frauen, Ljubljana
12., 14. März 2019, HAU, Berlin
04., 05. Januar 2019, Santiago a Mil, Santiago di Chile
10. Oktober 2018, Sirenos Festival, Vilnius
17., 18. Dezember 2017, HAU, Berlin
11., 12. Oktober 2017, International Theatre Forum "Teart", Minsk
31. März 2017, Oldenburgisches Staatstheater, Oldenburg
4., 5. März 2017, HAU, Berlin
7. Oktober 2016, Europäisches Theaterfestival, Temeswar
1., 2., 3. Juli 2016, HAU, Berlin
29. Mai 2016, Theaterfestival, Brno
3. – 4. Oktober 2015, Ringlockschuppen, Mülheim an der Ruhr
1. Oktober 2015, Mousonturm, Frankfurt
29. – 30. September 2015, Mousonturm, Frankfurt
11. – 12. Juli 2015, Athens Festival, Athen, Griechenland
28. – 30. Juni 2015, HAU, Berlin
17. – 18. April 2015, Bo:m Festival 2015, Seoul, Südkorea
4. – 5. März 2015, Schauspiel, Leipzig
14. – 17. Oktober 2014, Théatre de la Ville, Paris, Frankreich
5. – 6. September 2014, Kunstfest, Weimar
1. Mai 2014, Tanz und Theater. Internationales Festival / E-WERK, Freiburg
30. April 2014, Tanz und Theater. Internationales Festival / E-WERK, Freiburg
1. – 2. Februar 2014, Schauspiel, Stuttgart
4. – 7. Januar 2014, HAU 2, Berlin
31. Januar 2014, Schauspiel, Stuttgart
15. November 2013, Archa Theater, Prag, Tschechien
29. – 30. Oktober 2013, Schubladen eröffnet das Festival Unidram, Potsdam
18. – 20. Oktober 2013, Art Center, Kyoto, Japan
5. – 6. Juli 2013, Impulse Festival, Bochum
11. – 13. Mai 2013, Kunstenfestivaldesarts, Brüssel, Belgien
17. – 18. April 2013, , Basel, Schweiz
15. – 16. März 2013, Hellerau, Hellerau, Dresden
7. – 9. Februar 2013, brut, Wien, Österreich
3. – 5. Januar 2013, HAU, Berlin
22. – 24. November 2012, HAU, Berlin
15. – 17. November 2012, FFT, Düsseldorf
20. – 22. Juli 2012, Santarcangelo , Festival , Santarcangelo, Italien
22. – 25., 28. – 29. März 2012, Kampnagel, Hamburg
9. - 11. März 2012, HAU, Berlin
8. März 2012, HAU, Berlin

Pressestimmen

…man muss nur laut „Ostsee“ rufen, dann ziehen sich die Damen aus der ehemaligen DDR sofort aus und suchen nackt das Wasser. So jedenfalls wissen es ihre Geschlechtsgenossinnen aus dem Westen, während sie beim Lästern einen Prosecco trinken. Im Osten aber lästert man mit Wodka. Es sind solche …gnadenlos wiedererkennbaren Stereotypen, mit denen die sechs Frauen….einander be- und auch verurteilen. Diese Selbstironie zeichnet das ganze Stück aus…Dieser intelligente Spaß … zeigt allerdings auch etwas, was im Alltag oft nicht erkennbar ist. Wie stark unsere Biographie, ja selbst das, was wir als ganz individuelle Charaktereigenschaft empfinden, vom Aufwachsen in einer bestimmten Umwelt geprägt ist und wie schwer…es ist diese Prägung abzulegen.
Matthias Bischoff, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1.10.2015

Ost und West sind eigentlich nur beim Thema Katharina Witt Schwestern im Geiste…Und schon rollen Ost und West auf ihren Bürostühlen, schwung- und hingebungsvoll, als wären die Rollen Kufen. Aber sonst? Sonst sind sich Ossifrauen und Wessifrauen in She She Pops „Schubladen“ doch eher fremd und ein wenig unheimlich geblieben… Ziemlich lustig, aber durchaus nicht ohne Schärfe ist der „Schubladen“-Blick auf die eigene (weibliche) Sozialisation: Drei Ossi- und drei Wessifrauen sitzen sich zwei muntere Stunden lang an Tischen gegenüber, stellen Fragen, schweifen und rechnen ab. … In Bollerwägen hat man Erinnerungsmaterial mitgebracht, (Schul-)Bücher, Schallplatte, Tagebücher, Poesiealben. … Es geht um die Westpakete (hätten die verdammten Westler mal Tampons eingepackt) wie um die Lieblingsmusik (Tanita Tikaram, ach je, was ist aus der eigentlich geworden?). Es geht darum, wie Ost-Frau und West-Frau sich an den Mauerfall erinnern – auch mal gar nicht. Es geht um Wodka oder Prosecco; letzterer wird nur von diesen Wessiweicheiern getrunken. Es geht darum, was in den feministischen (West) und sozialistischen (Ost) Büchern so stand und ob dem zu glauben war. Es geht um Freiheit und Sex. Der zeitliche Abstand zu dem, was hier an Andekdoten, Zitaten, Musiktiteln ausgegraben wurde, sorgt allein schon für Heiterkeit. … Der nüchterne, ja trockene Ton der sechs Akteurinnen trägt noch zur Komik bei.
Sylvia Staude, Frankfurt Rundschau, 1.10.2015

… nachdem sie Europa im Sturm erobert haben, ist das Kollektiv, dessen Arbeiten auf die Analyse sozialer Rituale und Mediensysteme spezialisiert sind, endlich erstmals auf einer griechischen Bühne zu sehen. Die Gruppe bringt persönliche Erfahrungen aufrichtig und spontan zur Wirkung. She She Pop stellen individuelle Konflikte in einen historischen Kontext und portraitieren die deutsche Wiedervereinigung als eine Form von Paartherapie, als den Versuch eine zerrüttete Beziehung zu kitten.
Vangelis Tsonos, Athens Views, 03.07.2015

Was nun den Körper betrifft, so interessiert er offenbar diese Performerinnen ganz besonders, die es übrigens verstehen, mit ihrem perfekt umzugehen. „Meine Gynäkologin meint, sie würde in der Sauna die Westfrauen sofort erkennen: Sie sind überall rasiert“, sagt so zum Beispiel ein Mitglied des ostdeutschen Teams. „Die West-Frauen sind so“, „die Ost-Frauen dagegen so“: In beiden Lagern macht sich die Sechserbande über solche Vorstellungen lustig. Die West-Frauen hinterfragen ihr Überlegenheitsgefühl, das so verankert ist, dass man es nicht mehr merkt, die Ost-Frauen legen keinerlei „Ostalgie“ an den Tag, sind aber auch nicht von dem westlichen Modell fasziniert. (…) Denn die She-She-Pops haben es verstanden, die richtige Form zu finden, ebenso einfach wie durchschlagend. Die Ost-West-Debatten finden vor einer großen Leinwand im Bühnenhintergrund statt, auf die Bilder leerer Sitzungsräume projiziert werden. Wer könnte sagen, ob diese der bürokratischen DDR-Welt oder der technokratischen im wieder vereinigten Deutschland von heute angehören.
Fabienne Darge, LE MONDE, 16.10.2014

Kritiken zu Gastspielen, April 2013

… Am Mittwochabend haben She She Pop die ersten Basler Dokumentartage mit einer umwerfenden Performance über die Wiedervereinigung eröffnet. Damit lenkt das angesagt Theaterkollektiv den Fokus … hin zu der Erkenntnis, dass die Verantwortlichen Boris Nikitin und Phoebe Heydt ein erstklassiges Programm nach Basel geholt haben. Und ein vielfältiges. … Und She She Pop haben unter dem treffenden Titel „Schubladen“ die Privatarchive ihrer Akteurinnen auf ost-west-deutsche Vorurteile durchforstet. Ein Abend, der dem Publikum auf in der ausverkauften Kasernen-Reithalle bestätigt, dass Dokumentartheater vergnüglich und intelligent zugleich sein kann. … Drei Ostfrauen holen sich die im Westen aufgewachsenen Performerinnen Johanna Freiburg, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf zu süffisanten Tischgesprächen ins Stück: Annett Gröschner, Berliner Autorin. Die Sopranistin Alexandra Lachmann. Die Fotografin Wenke Seemann. Drei Künstlerinnen, die vor dem Anecken keine Angst haben. Die als Kinder den Kapitalismus aus dem DDR-Heimatkundebuch mit der „Schwarzwaldklinik“ verglichen. Die schon als „Brigadeleiterin“ in der Volksschule lernten, andere bei der Obrigkeit zu verpetzen. Was She She Pop veranstalten, ist ein herrlicher Tanz auf der Mentalitätsgeschichte von BRD und DDR. Ein Stück Zeitchronik, das eben nicht oberlehrerhaft objektiviert, sondern radikal auf Augenzeugen vertraut – und auf deren Talent zur Selbstironie.
Stephan Reuter, Basler Zeitung, 19.04.2013

Die Texte provozieren und machen in ihrer subtilen Hybris und Gewandtheit Spaß. Und: Der Einzelne zählt, denn das Ich bezieht in den hier herrschenden weltgeschichtlichen Rahmenbedingungen den Platz des Souveräns. … es geht (…) nicht um die Bewertung der Systeme, sondern um deren Struktur. Sehr schön!
Magarete Affenzeller, Standard, Wien, 09.02.2013

Kritiken zur Auslandspremiere in Italien, Juli 2012

Wenn jeder Sommer seine Theater-Offenbahrung bereit hält, dann ist es im Sommer 2012 wohl Schubladen, der einzigartige Entwurf einer nicht weniger einzigartigen Kompagnie, dem Berliner Kollektiv She She Pop: … ein lebendiges Familienalbum, das zum artikulierten kollektiven Selbstportrait wird. In diesem Stöbern in Erinnerungen liegt viel Frische, Ironie und eine Klarheit, die gleichsam anthropologisch ist.
Renato Palazzi, Il Sole 24 Ore, 26.07.2012

She She Pop überraschen das Publikum mit der Natürlichkeit ihrer Präsenz auf der Bühne, mit der seltenen Maßgabe einer Interpretation, die ein politisches Theater zeigt und praktiziert. Eine schöne Entdeckung.
Maria Grazia Gregori, L’Unità, 24.07.2012

Zurück zum Tagewerk mit She She Pop, einem weiblichen Berliner Kollektiv, das mit viel Aufsehen angekündigt wurde. In Schubladen wird der wichtigste Sachverhalt der europäischen Geschichte des ausgehenden 20. Jahrhunderts, die deutsche Wiedervereinigung, zum Terrain, in welchem sich die eigene Identität spiegelt. Alles lebt wieder auf in der Erinnerung unbedeutender Ereignisse im Leben der sechs Darstellerinnen (Liebesbeziehungen, Eltern, Freunde, Schule…). An drei Tischen sitzen sie auf Bürostühlen, als Requisite dienen ihnen Bücher, Schallplatten, Tagebücher, etc., immer wieder befragen sie sich gegenseitig, kommentieren, erinnern, lassen ihr eigenes Gewissen sprechen (…), sowohl diejenigen aus dem sozialistischen Osten, wie die aus dem kapitalistischen Westen – auf gänzlich unversöhnliche Weise. Daraus entsteht eine innere Gleichzeitigkeit, die in Zeiten des dramaturgischen Experimentierens das Interessanteste ist.
Anna Bandettini, La Repubblica, 22.07.2012

Kritiken zur Premiere, März 2012

Den Performerinnen gelingt es, die persönliche Frage nach der eigenen Biografie zu verzahnen mit der allgemeinen Frage nach dem Verhältnis von West- und Ostdeutschen. Den eigenen Puls zu fühlen heißt hier nicht, den Rest der Welt zu vergessen. Das muss man erst mal hinkriegen. She She Pop ist es auf eine ebenso amüsante wie schlaue Art und Weise gelungen.
taz Hamburg, 24./25. März 2012, Klaus Irler

Eisprinzessin Katis olympische Kür „Schubladen“ ist kein simples Ost-West-Aufarbeitungsprojekt, sondern eine assoziative Recherche über die Bedingungsgefüge, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind. Ein vergnüglicher Abend mit Langzeit- und Tiefenwirkung.
Tom Mustoph, taz Berlin – die tageszeitung,
10.03.2012

Zonenübergreifende Frauenbilder? Bei Katharina Witt herrschte offenbar eine Art zonenübergreifender Konsens. Jedenfalls sind, als die Rede auf die einstige DDR-Olypmiasiegerin im Eiskunstlauf kommt, die kleinen soziokulturellen Differenzen zwischen den Ost- und den Westfrauen auf der Bühne wie ausgeräumt, die bisher den Abend bestimmten. Und die langbeinige Westfrau Nina Tecklenburg fängt auf ihrem Bürostuhl an, mit großer Geste Witts Carmen-Choreografie aus ihrem Körpergedächtnis zu schleudern. Im Sitzen. Der Rittberger geht auch ganz locker als Bürostuhlpirouette von der Hand. Bald kommt die Ostfrau Wenke Seemann dazu, in deren Körper die einschlägigen choreografischen Volten ebenso spontan abrufbar sind. Und so wirbeln beide auf ihren Bürostühlen ziemlich synchron über die Bühne. Gelegentlich werden sie von den vier anderen Mitspielerinnen genervt in den Hintergrund geschoben. Selten für lange. Denn gegen soviel Begeisterungsfähigkeit ist kein Kraut gewachsen. Auch nicht im jubelnden Publikum. ?..Der Abend besticht durch ein gut durchrhytmisiertes Timing, durchdachte Zeichensysteme in der Kleidung der sechs Ladies. Auf den Wellen hübscher Geschichten, süffiger Musiken und Schaumkronen sehr kalkulierter Pointen gleitet man gut durch den Abend.
Esther Slevogt, Nachtkritik.de, 8.03.2012

Chronik ost-westdeutscher Geschichten In „Schubladen“ befragen sich drei Frauenpaare aus Ost und West nach ihren Erfahrungen in Kindheit und Jugend. Ein Stück, das reichlich Platz für Vorurteile über zupackende, trinkfeste, sexaktive Ostfrauen und Konsummiezen aus dem Westen bieten könnte. Am Berliner Hebbel am Ufer hat das Autorenkollektiv She She Pop etwas anderes daraus gemacht. Hier ist nicht zusammengewachsen, was doch irgendwie zusammengehört: She She Pop belässt es nicht bei der üblichen deutsch-deutschen Plauderei über Unterschiede und Gemeinsamkeiten, sondern forscht in der Sprache selbst nach den grundlegenden ideologischen und lebenspraktischen Divergenzen. …Mit der Musik kommt an diesem mit viel nostalgischem Schmunzeln und befreiendem Lachen aufgenommenen Schubladen-Abend im Publikum richtig Stimmung auf.
Eberhard Spreng, Deutschlandradio Kultur, 10.03.2012

She She Pop wühlen im Berliner HAU in autobiografischen „Schubladen“ Anett Gröschner, eine erfreulich sarkastische Schriftstellerin … steht auf der Bühne des Berlin HAU-Theaters und erzählt trocken, manchmal leicht verwundert über die seltsamen Zufälle und Zumutungen, die das Leben in Deutschland so für sie bereithielt – lauter kleine, funkelnde Momentauffnahmen. Sie ist mit Alexandra Lachmann, Wenke Seemann, Ilia Paptheororou, Johnanna Freiburg und Nina Tecklenburg eine von sechs Protagonistinnen in „Schubladen“, dem neuen Stück des Perfomance-Kollektivs She She Pop. An drei Tischen sitzen sich je eine Frau mit ost- und westdeutscher Herkunft gegenüber, befragen sich zu ihren Erinnerungen und wühlen in ihren Biografie-Schubladen um immer mal weider festzustellen, wie anders oder ähnlich sich Kindheit, werste Verliebtheiten, Selbstdefinition, Musikgeschmack, sexuelle Orientierung oder das Verhältnis zum Geld ja nach landesteiltypischer Prägung anfühlen. Aber spätestens bei der in diesen Kreisen üblichen Heiner-Müller-Verehrung und den jederzeit konsensfähigen „Ton Steine Scherben“ ist dann auch hier die innere Einheit Deutschlands vollendet. Sechs Darstellerinnen mittleren Alters dabei zuzusehen, wie sie zu Rio Reisers „Wir müssen hier raus, wie leben im Zuchthaus…“ headbangenderweise auf ihren Bürostühlen begeistert über die Bühne rollen, hat durchaus seinen eigenen Reiz. Diese deutsch-deutschen Gipfelgespräche könnten arg didaktisch werden. aber weil wir im HAU sind, werden keine Phrasen, sondern offene Suchbewegungen ausgetauscht, mit all den Peinlichkeiten, die etwa die Lektüre alter Tagebücher so zu bieten hat. Spätestens wenn westdeutsche Upperclass-Degenerationen auf ostdeutsche Fragezeichen treffen („jetzt mal ehrlich, sind deine Eltern Kapitalisten?“) und die Klischees fröhlich zugespitzt werden, entwickelt das eine eigene Komik. Erfreulicherweise neigen die Performerinnen in ihren Fremd- und Selbstbeschreibungen zu Diagnosen von offenherziger Diskriminierungsfreude. … Mit „Schubladen“ setzen She She Pop  ihre autobiografischen Recherche-Projekte fort, mit denen sie spätestens seit ihrem Erfolgsstück „Testament“, bei dem die Performerinnen ihre Väter auf die Bühne gebenten haben, ein eigenes Genre definiert haben. Der Reiz liegt auch bei „Schubladen“ in der Kombination von lustigen oder berührenden Irrritationsmomenten und der unprätentitösen theatralischen Umsetzung wzsichen Frontalunterricht, Selbstgespräch, Endlosrecherche, Party und nicht ganz ernst genommener Gespärächstherapie. Das offensive Fasziniertsein von sich selbst hat etwas von Narzissmus, wie er fürs Berliner Kreativmilieu typisch ist. Aber She She Pop sind schlau genug, der Eitelkeitsfalle zu entgehen, indem sie diese Selbstbespiegelungsmanöver mit lässiger Selbstironie ausstellen. Der Hang dazu, Leben in Anekdoten aufzulösen, und der begrenzte Erkenntnisgewinn des Abends werden durch die gute Laune, die er macht, mehr als ausgegleichen.
Peter Laudenbach, Süddeutsche Zeitung, 12.03.2012

Schubladen Hörspiel

Sechs Frauen öffnen ihre Schubladen. Drei von ihnen sind in der BRD aufgewachsen, drei in der DDR. Über 20 Jahre nach der Wende nehmen sie sich vor, sich anzunähern. Dazu greifen sie auf autobiografisches Material zurück: Briefe, Tagebücher, das innere Bilderarchiv einer jeden und Musik. She She Pop und ihre Ost-Kolleginnen bekennen sich zur Vielstimmigkeit, zur kollektiven Erzählung. Die Lücken, Ungenauigkeiten und fehlenden Verbindungen gehören mit zum System. Wer waren wir? Wer sind wir? Warum sind wir so geworden?

Credits

Konzept und Regie: She She Pop
Mit: Annett Gröschner, Alexandra Lachmann, Peggy Mädler, Johanna Freiburg, Ilia Papatheodorou, Nina Tecklenburg.
Weitere Beiträge von: Lisa Lucassen, Wenke Seemann, Katharina Lorenz, Barbara Gronau, Anja Dürrschmidt u.a.
Ton: Max Knoth, Andreas Narr
Technik: Philipp Adelmann
Dramaturgie: Barbara Gerland
Regieassistenz:
Susanne Franzmeyer

Produktion Deutschlandradio Kultur 2013

Länge: 54’30.

Termine


Vergangene Termine:
17. Oktober 2019, um 22:03 Uhr, Deutschlandfunk
23., 24. Februar 2015, 23. um 15:00 Uhr, 24. um 20:03 Uhr, Radio Bayern2
14. Oktober 2013, In Kooperation mit Deutschlandradio Kultur. Hörspiel nach der Performance Schubladen von She She Pop., 00:05 Uhr, Deutschlandradio Kultur
13. Oktober 2013, Präsentation des Hörspiels Schubladen im HAU. Der Eintritt ist frei!, Berlin

Testament Hörspiel

Von und mit She She Pop & ihren Vätern

She She Pop bitten ihre Väter ins Hörspielstudio, um sich noch einmal mit ihnen über Geld, Liebe, Erbe, 100 Ritter und König Lear auseinanderzusetzen.

Länge: ca. 54’30.

Credits

Konzept und Regie: She She Pop.
Produktion:
Deutschlandradio Kultur 2011.
Lears Töchter: Sebastian Bark, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Ilia Papatheodorou.
König Lear:
Jochaim Bark, Peter Halmburger, Theo Papatheodorou.
Musik:
Max Knoth, Christopher Uhe.
Ton:
Andreas Narr, Max Knoth.
Technik: Hermann Leppich.
Regieassistenz: Susanne Franzmeyer.
Redaktion: Barbara Gerland.

Ursendung am 19. September 2011 um 00:05 Uhr, Deutschlandradio Kultur

Auszeichnungen

Ausgezeichnet mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden 2012

Bund der Kriegsblinden

Meldung auf Deutschlandradio Kultur

Termine


Vergangene Termine:
05. November 2020, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 22:03 Uhr, Deutschlandfunk Kultur
26. Mai 2013, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 17:04 Uhr, SR 2 KulturRadio - HörspielZeit
April 2013, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 22:03 Uhr, SWR2
15. März 2013, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 18:30 Uhr, Dresden
28. Oktober 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:00 Uhr, Berlin
30. September 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 14:04 Uhr, RBB Kulturradio
13. Juni 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 21:33 Uhr, Deutschlandradio Kultur
12. Juni 2012, Ausgezeichnet mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden 2012, Köln
11. Juli 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:03 Uhr, hr 2
28. April 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, WDR 3
25. Januar 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:03 Uhr, NDR Kultur
9. Januar 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:03, Bayern 2
8. Januar 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 15:00 Uhr, Bayern 2
21. Dezember 2011, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:00 Uhr, Schweizer Radio DRS 2
19. September 2011 um 00:05 Uhr, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 00:05 Uhr, Deutschlandradio Kultur

Pressestimmen

Wechselbäder von Komik und Tragik
Wenn es darum geht, die Konflikte, die jedem Generationswechsel innewohnen, auf die Bühne zu bringen, liegt nichts näher als die bekannte Geschichte vom alten König Lear. Seit Shakespeare weiß man, dass wer sich zu Lebzeiten auf den Deal „Landbesitz gegen Liebesschwur plus Altenpflege“ einlässt, besser mit seinen Ressourcen haushalten sollte. Der sofortige und komplette Verzicht auf alle weltlichen Güter erzeugt nur einen kurzen Zuwendungsimpuls, der schnell abklingt und einen für den Rest des Lebens im Elend dahinsiechen lässt. Es kommt also darauf an, sein Vermögen langsam an die Erben abfließen zu lassen, um ständig die Pflegebereitschaft der Nachkommen zu stimulieren und von ihren „Liebesemissionen“ zu profitieren.

Es ist der Architekt Peter Halmburger, der in She She Pops „Testament“ auf einem Flipchart Lears Fehler in ein Koordinatensystem einträgt und die optimale Verteilungskurve des Verhältnisses von Liebe und Zeit visualisiert – man muss nur den Zeitpunkt seines Todes genau planen. So komisch die Funktionsgraphen der sozialen Interaktionen auch anmuten, so radikal lassen sie sich ökonomisieren – einfach, indem man die Zeit in Geld umrechnet und indem die kinderlose Tochter einen „Enkelfaktor“ in die Gleichung einführt und für die ihr entgangene Zeit, die der Vater mit den Kinder der Schwester verbracht hat, entschädigt werden will. Für siebeneinhalb Enkeljahre werden 121 500 Euro fällig („Über eine Ratenzahlung können wir gerne reden“).

Doch das ökonomische Satyrspiel ist nicht die einzige und nicht einmal die wichtigste Dimension der „Verspäteten Vorbereitungen zum Generationswechsel“, wie die Theater- und Performance-Gruppe She She Pop ihre mehrfach ausgezeichnete Theaterproduktion „Testament“ untertitelt hat. Denn Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Ilia Papatheodorou und Sebastian Bark verhandeln den Generationswechsel direkt mit ihren (hier „weisungsgebundenen“) leiblichen Vätern Peter Halmburger, Theo Papatheodorou und Joachim Bark – auf der Bühne wie auch in der 55-minütgen Hörspielfassung. Der Lear dient dabei als Vorlage, auf der sich die gegenwärtigen Verhältnisse abbilden lassen. Dass die Väter – alle um die 70, alle mit bildungsbürgerlichem Hintergrund und alle aus ihrer Sozialisation um 1968 mit der Politisierung des Privaten vertraut – dabei nicht ganz widerstandslos mitmachen, ist ein Gewinn für das Stück. Denn die Akteure werden nicht geschont, sondern in eine Selbstentblößung getrieben, die manchmal schwer erträglich ist. „Einen Exhibitionismus, der nichts Metaphorisches mehr hat“, wirft Theo Papatheodorou den Stücken seiner Tochter vor und möchte daran nicht beteiligt sein, wie man den eingespielten Probengesprächen entnimmt. „Da braucht es sehr viel Distanz, weil einige Sachen um der Theatralität willen gesagt werden“, entgegnet die Tochter – was wahrscheinlich nicht die ganze Wahrheit ist.

Den stärksten Moment hat die Inszenierung, als sich die Tochter einen Plan macht, wie sie gedenkt, ihren Vater so zu lieben, „wie es ihrer Pflicht geziemt, nicht mehr, nicht minder“. In aller demütigenden Deutlichkeit zählt sie die Pflegemaßnahmen auf, die an einem auf seine bloße Kreatürlichkeit reduzierten Menschen vollzogen werden müssen. Und dazu intoniert der Vater mit brüchiger Stimme und geradezu flehend Withney Houstons superkitschigen und überhaupt nicht satisfaktionsfähigen Schmachtfetzen „I will always love you“ – und zwar als wäre der Song nur geschrieben worden, damit er genau so vorgetragen wird wie hier. Er ist wahrhaftig zum Heulen und nie wieder wird man ihn so hören können wie vorher. Eine ähnliche Wahrnehmungsverschiebung ist höchstens noch Christian Petzolds mehrfach ausgezeichnetem Fernsehfilm „Toter Mann“ (vgl. FK 23/02) gelungen, der Dionne Warwicks Song „What the world needs now is love“ die Unschuld genommen hat.

Es sind nicht nur die Wechselbäder von Komik und Tragik, die das Hörspiel „Testament“ auszeichnen, sondern auch die rückhaltlose und höchstpersönliche Auseinandersetzung mit Vertretern einer Generation, gegen deren „Zählebigkeit“ sich ein zynischer Ärztefunktionär vor Jahren einmal ein „sozialverträgliches Frühableben“ gewünscht hatte. Dass She She Pops Spiel mit Peinlichkeiten und Ambivalenzen, mit Grenzüberschreitungen und (Selbst-)Provokationen im Sinne Christoph Schlingensiefs auch jenseits der Theaterbühne, „auf der der Zuschauer schon im Bilde ist, bevor ein Schauspieler zu sprechen beginnt“ (Werner Klippert), funktioniert, liegt an eben jener akustischen Aufladung der Väterstimmen, in der die Differenz von fremdem und eigenem Text, von Privatheit und Rolle eingeschrieben ist. Stimmen, in denen auch die Differenz von individuellen Lebensentwürfen, gesellschaftlichen Bedingtheiten und künstlerischen Überspitzungen hörbar wird.

Kritik Jochen Meißner, Funkkorrespondenz 37/2011.

Saarbrücker Poetikdozentur

7. Saarbrücker Poetikdozentur für She She Pop
Photo: Benjamin Krieg

Nach Rimini Protokoll, Roland Schimmelpfennig, Kathrin Röggla, Albert Ostermaier, Falk Richter und Milo Rau übernimmt das Performance-Kollektiv She She Pop in diesem Jahr die siebte Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik der Universität des Saarlandes.
Die Vorträge, die She She Pop in diesem Rahmen hält, sind öffentlich und finden an drei Montagabenden im Mai und Juni 2018 statt. Veranstaltungsorte sind das Saarländische Staatstheater, der Schlosskeller im VHS-Zentrum Saarbrücken und der Festsaal im Rathaus Saarbrücken.
Mo, 28.05.18 – 20:00
„Wir sind einige von euch“ – Eröffnungsvortrag, mit Lisa Lucassen (Mittelfoyer Staatstheater)
Mo, 11.06.18 – 20:00
„Platzwechsel“ – 2. Vortrag, mit Ilia Papatheodorou (Schlosskeller, VHS Zentrum Saarbrücken)
Mo, 18.06.18 – 20:00
„Was man aufs Spiel setzt“ – 3. Vortrag, mit Sebastian Bark  (Festsaal, Rathaus Saarbrücken) Die Vorträge inclusive Videomaterial aus Arbeiten von She She Pop beginnen jeweils um 20 Uhr und dauern rund eine Stunde; anschließend findet eine Diskussion statt. Der Eintritt ist frei. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.
Parallel findet an der Universität des Saarlandes ein Seminar zum Werk von She She Pop statt, das ein Gespräch zwischen dem Theatermacher und den Studierenden einschließt.

Termine


Vergangene Termine:
11. Juni 2018, Schlosskeller, VHS Zentrum Saarbrücken, Saarbrücken
18. Juni 2018, Festsaal, Rathaus Saarbrücken, Saarbrücken
28. Mai 2018, Mittelfoyer Staatstheater, Saarbrücken

7 Schwestern

Ein Gruppenportrait frei nach Tschechow
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg
Foto: Benjamin Krieg

Vier Performer*innen von She She Pop mischen sich unter das Personal von Tschechows Drama „Drei Schwestern“, um eine Schwesternschaft zu gründen. Sie streifen durch das Prosorw´sche Haus – das Theatergebäude- und suchen den Salon: Wo ist der Raum, der gesellschaftliche Ort, an dem sich individuelle Sorgen zu gesellschaftlichen Forderungen verdichten ließe? Es geht um Frauen und ihr Verhältnis zur Arbeit und Öffentlichkeit.

Credits

Konzept: She She Pop. Von und Mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf.

Assistenz: Kaja Jakstat. Bühne: Sandra Fox. Kostüm: Lea Søvsø. Video und Licht: Jürgen Salzmann. Musik und Ton: Jeff McGrory. Produktion/ PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro. Company Management: Elke Weber. Hospitanz: Sarah Kuska.

Eine Koproduktion von She She Pop mit dem Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg und dem FFT Düsseldorf.

Premiere, Dezember 2010, HAU 2, Berlin

Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, die Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg und die Konzeptionsförderung des Fonds Darstellende Künste e.V. – aus Mitteln des Bundes.

Dokumentation

Auszeichnungen

Ausgezeichnet mit dem kulturnews-Award 2011, 2.Preis

Termine


Vergangene Termine:
4., 5., 6. Dezember 2020, Prager Theaterfestival deutscher Sprache,
14. April 2020, Münchner Kammerspiele, Stream
16. Dezember 2011, kulturnews-Award 2.Preis für 7 Schwestern,
19., 21. – 22. Oktober 2011, FFT, Düsseldorf
19. – 21., 27. – 29. Mai 2011, Kampnagel, Hamburg
29. – 30. März 2011, Pustervik, Göteborg, Schweden
12. - 14. Dezember 2010, HAU 2, Berlin
10. Dezember 2010, HAU 2, Berlin

Pressestimmen

„Man hat uns mehrfach vor Tschechow gewarnt…“ sagt Sebastian irgendwann mal und versucht halbherzig den Rückzug – aber da stecken er und der Rest der Performance-Truppe She She Pop schon viel zu tief drinnen im gewachsenen Stillstand  der drei Schwestern im Hause Prosorow. Und in ihren ureigenen Geschichten mit und ohne Kinder, mit Arbeit, Angst und Älterwerden.
Jeder hängt da für sich, eingeschlossen in Projektionsflächen, von Kameras beobachtet und ins Publikum gebeamt. Olga, Mascha, Irina. Oder auch Lisa, Berit, Johanna. Und Andrej/Sebastian. Denn die Akteure der Hamburg/Berliner Performance-Truppe sind stets beides: Rolle und Selbst, drinnen und draußen. Und sie machen ihre Zuschauer gern zu Voyeuren.
Im jüngsten Stück 7 Schwestern, das nach der Uraufführung in Berlin 2010 jetzt das Publikum in Hamburgs Kampnagel Fabrik zu anhaltendem Applaus hinriss, sieht das auf sieben kleinen und größeren, zur turmhohen Collage gestaffelten Bildschirmen aus wie ein Mischung aus TV-Beichte, Puppenhaus und Schlüsselloch. Da sieht man die Akteure live-haftig räsonieren – über ihr „von Kleinkindern behindertes Leben“, den Unsinn von Geburtstagen, die Person, die man mal war, die Unvereinbarkeit von Kinder- und Kunstwelt. Wie stets saugen She She Pop ihren Rohstoff aus dem eigenen Alltag, den eigenen Leben, der eigenen emanzipatorisch bewegten Geschichte – um all das an Tschechow zu reiben.
… Mehr braucht es nicht, die Kreisbewegungen von Tschechows Protagonisten zu verdeutlichen. Und den eigenen Stillstan zu beackern. Das eigene Rollenmodell und das Unvermögen sich dessen zu entledigen. Bis der Zuschauer darin sich selbst entdeckt  und ein weitere Schicht in dieses Bedeutungsgewebe knüpft.
… nicht gerade optimistisch, dafür aber schön gnadenlos, sehr witzig … und clever,…
Ruth Bender, Kieler Nachrichten, 21.5.2011

„She She Pop machen programmatisch aus Privatem medial avanciertes Theater. Was sie verhandeln, auch diesmal sind ganz exemplarisch ihre eigenen Leben. Der Vorwurf, das gehe doch niemanden etwas an, geht genau dann ins Leere, wenn oder falls man als ZuschauerIn feststellt, wie sehr einen trifft, was man da sieht.“
taz Berlin – die tageszeitung, 12.12.2010

„Bisweilen spiegeln sich die Tschechow-Rollen aufs Schönste in der Lebens- und Schaffenssituation der Performerinnen, etwa im Konflikt zwischen mutterstolzer und kinderloser She She Pop-Fraktion.“
Tagesspiegel, 12.12. 2010 http://anton.theaterblogs.de

„Verhandelt werden hier die elementaren Fragen heutiger Frauen: Kinder kriegen oder nicht, die Arbeit zum Lebensinhalt gestalten oder nicht. Auch bei Tschechow sind die Schwestern in einer Lebenskrise,… Die berühmte Spielfreude des Ensembles macht die Inszenierung zu einem großen Spaß. Und die Selbsreferenzialität, mit der die SchaupielerInnen sich als heute lebende Personen immer wieder ins Spiel bringen, ist das eigentlich Spannende an der Inszenierung.“
AVIVA-Berlin Kultur, 13.12.2010

„Die Performerinnen von She She Pop haben es in der Kunst, ihr eigenes Leben zum Rohstoff für ihre Theaterabende zu machen, zu einiger Virtuosität gebracht. Diesmal kreuzen sie im Berliner HAU Tschechows „Drei Schwestern“ selbstironisch und angenehm uneitel mit der eigenen Lebenssituation…“
Süddeutsche Zeitung, 22.12.2010

„She She Pop tritt nicht einfach in Dialog mit Tschechows Drama: es mischen oder addieren sich vier Darsteller unter die Schwestern. Sie tun dies mit originalen Namen,… dann merkt man schon: dies ist eine sehr vielseitige „Schwesternschaft“. Man befindet sich einerseits also bei Tschechow im Hause Prosorov, gleichzeitig agiert und reflektiert man aber natürlich im Heute und aus der Distanz… Man ist gleichzeitig in der Rolle und bei sich selbst. Und da umspielt man schon dieses wichtige (auch Zukunfts-) Motiv des Originals, nämlich die – Arbeit… Die Form, die She She Pop ihrer Performance gegeben haben, ist erstaunlich originell,… Resignation über den Sinn des Lebens verbindet die Schwestern von damals und heute, aber die Qualität ihrere Desillusionierung ist grundverschieden. Tschechows Frauen fragten nach dem sozialen Fortschritt in späteren Jahrhunderten, She She Pop blickt schon aus der Zukunft zurück. Das Resultat ist ganz und gar nicht optimistischer…“
rbb Kulturradio, 11.12.2010

She She P. ist die Marquise von O.

Foto: Bettina Stöß
Foto: Bettina Stöß
Foto: Bettina Stöß
Foto: Bettina Stöß
Foto: Bettina Stöß

She She Pop haben in Kleists Marquise ihre Meisterin entdeckt. Nie zuvor oder danach wurde die Öffentlichkeit derart entschlossen mit persönlicher Scham und Schande konfrontiert: Ihre unerklärliche Schwangerschaft annonciert sie in der lokalen Zeitung, um dem unbekannten mutmaßlichen Vergewaltiger die Heirat anzubieten.

Was die Marquise hat (und wir nicht), ist ein Schicksal. Und wir sehen fassungslos und neidisch dabei zu, wie sie erhobenen Hauptes hindurchwatet, durch die tiefste Stelle. Wie geht das? In einem szenischen Selbstversuch werden bestimmte PerformerInnen von She She Pop die wichtigsten Techniken der Marquise vorstellen und auf sich selbst anwenden, insbesondere: das Blinddate mit der Öffentlichkeit, die feindliche Übernahme der Verantwortung und nicht zuletzt den initialen Kontrollverlust durch Ohnmacht.

Credits

Von und mit: Lisa Lucassen und Sebastian Bark.
Dramaturgische Mitarbeit: Ilia Papatheodorou.
Ausstattung: Sandra Fox.
Lichtdesign: Gregor Roth.
Assistenz: Sabine Salzmann.

Premiere, November 2011, Maxim Gorki Theater, Berlin

Im Rahmen des Kleistfestival im Maxim Gorki Theater. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.

Dokumentation

Termine


Vergangene Termine:
22., 23. Mai 2013, SESC Festival Palco Giratório, Porto Alegre, Brasilien
12., 13., 18., 19., 21., 30. November 2011, Maxim Gorki Theater, Berlin
11. November 2011, Maxim Gorki Theater, Berlin

Pressestimmen

Verhängnisvolle Ohnmacht
“ …Überwiegend sind die Momente, in denen der Verdacht, hier werde lediglich dekonstruiert, aufs schönste widerlegt wird. Zum Beispiel, wenn Bark Lucassen dazu anhält, sich jetzt mal bitte ohne jegliche Ironie von ganzem Herzen bei ihm zu bedanken, für irgendwas. Da scheint die Vermessenheit des Grafen durch, der unbedingt auf seine Art der Bezahlung seiner Schuld besteht und von Kleist durchgewinkt wird. Auch die Vermessenheit der Marquise, die arg viel auf ihre „reine Seele“ hält. Überhaupt eignet sich das Hypnose-Machtspiel gut für die Verlebendigung der „Ich mach das allein“-Radikalität, in die sich so viele Kleistsche Figuren verhängnisvoll hineinschrauben. …Um das Spiel zu beenden, müssen sie sich allerdings zusammentun. Und so führen She She Pop hier nicht nur nach „Testament“ und „Sieben Schwestern“ ihr Abarbeiten an kanonischen Texten mit anderen Mitteln und sehr sehenswert fort, sondern formulieren auch eins ihrer Arbeitsprinzipien noch einmal neu, und zwar so: Erlösung beruht auf Gegenseitigkeit.
Sophie Diesselhorst, Nachtkritik, 11.11.2011

THEATER: Nicht für das große Schicksal
„…Es ist weniger Kammerspiel als Kammer-Workshop. Auf szenische Aufbereitung verzichten die beiden, alles bleibt bei ihnen Kommentar und geistreiche Reflexion. … Es ist ein geradezu exemplarischer und dabei durch und durch ehrlicher Abend. Denn er bringt ausdrücklich vor, was viele andere Stücke in diesen Tagen zum großen Kleist-Jubiläum lediglich als verstecktes Problem mit sich herumwälzen … „Du bist einfach nicht geschaffen für das große Schicksal“, dieser Satz aus dem She She Pop-Abend trifft ins Mark unserer Bühnenwirklichkeit.“
Christian Rakow, Märkische Allgemeine, 21.11.2011

Man muss sich verlaufen, um anzukommen
„Lisa Lucassen und Sebastian Bark arbeiten sich an all den Ohnmachten, all den Absenzen des Bewusstseins ab, die den Novellentext auszeichnen, indem sie sich gegenseitig immer wieder in Trance versetzen und dann aus dem Stück lesen lassen. Das hat natürlich auch etwas Albernes, was sich gegen den Text stemmt, gegen das Erschrecken und die Ergriffenheit, die er den Lesern abverlangt. Erst später, nach der Performance, stellt sich allmählich ihr reflexives Potenzial heraus. Mit Langzeitwirkung arbeitet sich die Novelle durch das sie umstellende Geplänkel“
Katrin Bettina Müller, taz – die Tageszeitung, 22.11. 2011

„Der charmante Selbstversuch der She She Pops am existentiellen Abgrund…“
Barbara Burckardt, Theater heute, Januar 2012

Cruising Kleist III
„She She Pop haben nicht viel Energie auf die historischen Umstände verwendet und kommen dem Text der Marquise von O…. dennoch oder gerade deshalb sehr nah. Das Spiel mit dem Kissen, das sich Lisa Lucassen und Sebastian Bark gegenseitig „unter Hypnose“ als Anzeichen der Schwangerschaft unterschieben, ist im besten Sinne des Wortes witzig. (…) Lucassen und Bark lesen die Marquiseperformativ, um vorzuführen, wie im Text Stück für Stück die Regeln, Gesetze der Wirklichkeit außer Kraft gesetzt werden. (…) „Sie müssen sich jetzt nicht angesprochen fühlen, Verantwortung zu übernehmen.“ Das ist so ein She-She-Pop-Satz, der die Sprache und das Sprechen nicht zuletzt in der Studio-Bühne in Szene setzt. Denn gerade in der Negation fühlt sich das Publikum noch stärker angesprochen. Und irgendwann trägt Bark natürlich nur unter Hypnose den ausgeweideten Hirsch als „Last des Schicksals“ über die Bühne und stemmt das Leben einfach so. Sehr schön ist auch, wenn sie sich unter Hypnose „Klarheit über unseren Zustand verschaffen“ wollen. Kann man sich denn, wenn man sich in hypnotischer Trance befindet, Klarheit über sich selbst verschaffen? Final schnippen sich Lisa und Sebastian so schnell gegenseitig in „hypnotische Trance“, dass klar wird, dass es das Reale nicht als Softeis gibt. Ganz großer Kleist im kleinen Studio.
Torsten Flüh, NightOut@Berlin (blog)

Testament

Verspätete Vorbereitungen zum Generationswechsel nach Lear
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch
Foto: Doro Tuch

Besser wär’s, du lebtest nicht, als mir zur Kränkung zu leben!“ (König Lear zu seiner Tochter).
Daddy’s working boots have filled their obligation.“ (Dolly Parton über die Schuhe ihres Vaters).
She She Pop nimmt sich den Kanon vor: In der ersten Szene von Shakespeares “König Lear” versucht der alte Mann mit großer Geste, sein Reich an seine drei Töchter zu vermachen und damit eine Absprache für seine Altersvorsorge zu treffen – ein Plan, der auf gewaltsame Weise scheitert.
Das verwundert nicht. Denn von allen Tauschgeschäften, in die wir jemals verwickelt werden, ist dasjenige zwischen den Generationen das komplizierteste und undurchsichtigste. Wert und Gegenwert (also Geld und Liebe) sind prinzipiell verschleiert, und niemand hat den Tauschbedingungen je offiziell zugestimmt. Das gilt für fast alle Verabredungen zwischen den Generationen: Sie sind faul. Sie haben nie stattgefunden. Es gibt sie nicht. Der Stall, den es hier auszumisten gilt, ist randvoll mit Daten und Details, Schmuckstücken, Stammbäumen, Erbfolgen, Erbkrankheiten, Liebesschwüren, Pflegeplänen, Benzinquittungen und Schuldgefühlen – sämtlich Teile der Verhandlungsmasse in dieser öffentlichen Gegenüberstellung von Töchtern und ihren Vätern.
Für Testament bitten She She Pop ihre eigenen Väter mit auf die Bühne. Das Theater wird zum Verhandlungsraum für einen utopischen Prozess: den Ausgleich zwischen den Generationen.

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Sebastian und Joachim Bark, Johanna Freiburg, Fanni und Peter Halmburger, Mieke und Manfred Matzke, Lisa Lucassen, Ilia und Theo Papatheodorou, Berit Stumpf.
Bühne: 
She She Pop & Sandra Fox.
Kostüme: Lea Søvsø.
Lichtdesign: Sven Nichterlein.
Ton: Florian Fischer.
Musik: Christopher Uhe.
Künstlerische Mitarbeit: Kaja Jakstat.
Übertitel: KITA (David Maß).
Tour Koordination: Kaja Jakstat, Ruschka Steininger.
Tourbetreuung: Klaus Dust, Florian Fischer, Michael Lentner, Lars Egge Müggenburg, Sven Nichterlein.
Produktion/PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro.
Administration: Aminata Oelßner.
Company Management: Elke Weber.
Eine Koproduktion mit dem Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg und dem FFT Düsseldorf.
Premiere, Februar 2010, HAU, Berlin
Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, die Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg und die Konzeptionsförderung des Fonds Darstellende Künste e.V. – aus Mitteln des Bundes.
 

Trailer

Auszeichnungen

Ausgezeichnet mit dem „King Lear Arward“ 2013 (Toronto, Kanada).
Ausgezeichnet als „Bestes Gastspiel 2013“ mit dem Dora Award (Toronto, Kanada).
Ausgezeichnet als „Beste Theateraufführung in 2012“ von der „National Theater Association of Korea“.
Ausgezeichnet mit dem Friedrich-Luft-Preis 2011.
Ausgezeichnet mit dem Preis des Goethe-Instituts beim Impulse Festival 2011.
Eingeladen zum Theatertreffen 2011.
Ausgewählt für das nachtkritik Theatertreffen 2011.
Ausgezeichnet mit der Wild Card beim Theaterfestival Favoriten 2010.
Ausgezeichnet mit „Bestes Gastspiel 2010“ von der Zeitung „Göteborgs-Posten“ (Schweden).
Nominierung für den UBU Award 2015.

Termine


Vergangene Termine:
1., 2. Oktober 2018, HAU, Berlin
28., 29. September 2018, HAU, Berlin
18. - 19. Dezember 2015, Kammerspiele, München
25., 26., 28., 29. November 2015, HAU, Berlin
28. - 29. August 2015, Kunstfest, Weimar
15. Juni 2015, Festival delle Colline Torinesi, Turin, Italien
19. November 2014, Schauspiel, Stuttgart
16. - 17. Oktober 2014, Festiwal Konfrontacje Teatralne / East European Performing Arts Platform, Lublin, Polen
9. - 10. September 2014, La Bâtie-Festival de Genève, Genf, Schweiz
4. - 6. Juli 2014, Festival de Almada, Lissabon, Portugal
3. - 7. Juni 2014, Lift, London, England
14. - 15. Dezember 2013, Slowacki Theatre, Krakau, Polen
19. - 20. November 2013, Le Quartz, Brest, Frankreich
14. - 16. November 2013, Théâtre de l´Aire libre, Rennes, Frankreich
28. - 29. Juni 2013, Festival Theaterformen, Hannover
18. - 19. Mai 2013, Festival Perspectives, Saarbrücken
15. - 16. Mai 2013, Le Maillon, Straßburg, Frankreich
17. - 20. April 2013, Harbourfront centre, Toronto, Kanada
6. März 2013, Das Gastspiel von Testament in Seoul im April 2012 wurde durch die "National Theater Association of Korea" als beste Theateraufführung 2012 ausgezeichnet., Seoul, Korea
1. - 3. Februar 2013, On the Boards, Seattle, USA
22. - 23. Februar 2013, Bozar, Brüssel, Belgien
31. Januar 2013, On the Boards, Seattle, USA
24. - 26. Januar 2013, PuSH, Vancouver, Kanada
19. Januar 2013, Walker, 11:00-13:00, Minneapolis, USA
17. - 19. Januar 2013, Walker, Minneapolis, USA
1. - 3. Dezember 2012, Festival d'Automne, Paris, Frankreich
28. - 29. November 2012, Festival d'Automne, Paris, Frankreich
19. - 20. November 2012, NET-Festival, Moskau, Russland
19. - 20. Oktober 2012, 47. Dimitria Festival, Thessaloniki, Griechenland
12. - 13. Oktober 2012, Teatro Mayor, Bogotà, Kolumbien
5. - 6. Oktober 2012, SESC Santana, São Paulo, Brasilien
2. - 4. Juli 2012, Grec Festival, Barcelona, Spanien
9. - 11. Mai 2012, Le Grand T, Nantes, Frankreich
13. - 14. April 2012, Festival Bo:m, Seoul, Korea
15. - 18. März 2012, HAU, Berlin,
14. - 15. Dezember 2011, TAK Theater, Schaan, Liechtenstein
6. - 7. Dezember 2011, Theaterhaus, Stuttgart
3. - 4. Dezember 2011, Festival SpielArt, München
14. - 15. November 2011, Theaterfestival deutscher Sprache, Prag, Tschechische Republik
12. - 13. November 2011, Festival euro-scene, Leipzig
28. - 29. Oktober 2011, Festival Politik im Freien Theater, Dresden
6. - 9. Oktober 2011, Ulster Bank Theatre Festival, Dublin, Irland
7. - 8. September 2011, NO99 Straw Theatre, Tallin, Estland
30. - 31. August 2011, STAGE Festival, Helsinki, Finnland
18. - 21. August 2011, Theater Spektakel, Zürich, Schweiz
2. -3. Juli 2011, Festival Impulse, Bochum
29. - 30. Juni 2011, Festival Impulse, Köln
23. - 25. Juni 2011, Kaserne, Basel, Schweiz
1. - 4. Juni 2011, HAU 2, Berlin
24. - 25. Mai 2011, Festival a/d Werf, Utrecht, Niederlande
10. - 12. Mai 2011, Berliner Festspiele, Berlin
15. - 16. April 2011, Schwankhalle, Bremen
5. April 2011, HAU 2, Berlin
11. Februar 2011, Testament gewählt beim virtuellen nachtkritik-Theatertreffen,
19. - 20. Februar 2011, Festival des internationalen freien Theaters - Vol 1: Deutschland Yokohama, Yokohama, Japan
14., 15. Januar 2011, Mousonturm, Frankfurt/Main
2. - 4. Dezember 2010, HAU 2, Berlin
18. - 20. November 2010, brut, Wien, Österreich
28. Oktober 2010, Theaterfestival Favoriten, Dortmund
9. Oktober 2010, Pustervik, Göteborg, Schweden
6. Oktober 2010, INKONST, Malmö, Schweden
Juni 2010, FFT, Düsseldorf
Mai 2010, HAU 2, Berlin
Mai 2010, Theaterhaus, Stuttgart
März 2010, Kampnagel, Hamburg
25. Februar 2010, HAU, Berlin

Pressestimmen

Testament wurde von der Sehr Jungen Jury des Weimarer Kunstfestes 2015 zum herzergreifendste Stück gewählt.

… the mutual sharp criticisms voiced and the profound tenderness surfacing in Testament make it simultaneously heartbreaking and heartwarming study of family relationships. Food for thought, for the rest of your life. Kate Basset, The Times Ireland, 05.06.2014

This is a show that feels intensely honest as if it were negotiating the relationships between one generation and another live on stage. We hear the arguments that took place during rehearsal. We sense the disapproval felt about some daughters‘ life and work choices. The stage is awash with unspoken resentments, unacknowledged sacrifices and misunderstandings. But it is also awash with love and regret, and, in one of the final scenes, a great litany of forgiveness. It could be sentimental; it could be tricksy. It isn’t. Instead, it searingly exposes the ties that bind, the debts we owe, and the deficits and accumulations of love.
Lyn Gardner, The Guardian, 04.06.2014

Intensely uncomfortable, exposing vulnerabilities in their relationships and creatively uncovering the tension of honesty in performance art. The result is an uncompromisingly true and personal production, which punches you with emotion and teaches us what we owe our parents, and how to forgive. Spectacularly inventive and beautifully orchestrated, Testament is not to be missed.
Martha Quigley, Plays to see, 04.05.2014

Mit einer Mischung aus Musik und Projektionen, der deutschsprachigen Fassung des König Lear -Textes und Tanz liefern She She Pop ein wahres Fest für die Augen. Indem sie die ganze Bühne auf innovative Weise nutzen, wird daraus wirklich eine regelrechte Performance, welche die vierte Wand durchbricht und das Publikum einlässt in den Arbeitsprozess hinter der Bühne. … Der Umgang mit diversen Medien ist dazu nahtlos integriert in eine schon vielschichtige Bühnenerzählung.
…Zugänglich, bezaubernd, manchmal urkomisch, rau und direkt ist dieses Stück, mehr als eine Shakespeare-Adaption, vielmehr ein Kunstwerk, eine Performance, die all das enthält, was man sich vom Theater wünscht. … Nicht verpassen!
SAD MAG, Vancouver, 26. Januar 2013, Emily Ross

Dies ist ein faszinierendes und verstörendes Stück – manchmal geradezu beängstigend in seiner umfassenden Akzeptanz der grausamen Umrisse der Geriatrie. In einer einfachen und doch brutalen Szene sehen wir, wie die Kinder die Väter methodisch entkleiden, sich deren Kleidung anziehen und die Throne erobern. … kein Schauspieler der durch den Sturm wütet, kann das Unbehagen erreichen, das dieser Akt vermittelt. Das Sicherheitsnetz der Metapher verflüchtigt sich in einer unbequemen Konfrontation mit der Verletzlichkeit des Alters. …
Minneapolis Star Tribune, 18. Januar 2013, Graydon Royce

„Dekonstruktion“ setzt eine „Rekonstruktion“ voraus oder vielleicht eine „Wiederentdeckung“. Unterzieht man den Text einer Dekonstruktion, wird das Stück zur Performance umgestaltet. Man muss sich das als eine Reise vorstellen, durch die das Stück durch eine Gruppe von Künstlern hinterfragt, (neu-)interpretiert und auf der Bühne wiederentdeckt wird.
In Deutschland werden solche Unternehmungen begeistert angenommen, wenn auch mit gemischten Resultaten. Viele Inszenierungen behaupten mit Stolz, experimentelle und gewagte theatrale Erkundungen zu sein. Ein eloquenter Beweis kommt von dem Theater-Kollektiv She She Pop, …
Die Gruppe aus Berlin hat viel Lob eingesammelt, einhergehend mit dem unvermeidlichen Gefolge von Kontroversen. Bestimmt von ihrer erklärten Mission, untersuchen She She Pop wie der klassische Kanon auf unsere heutige Sichtweise trifft. …
Es ist eine provokative, bezaubernde, faszinierende und höchst unorthodoxe Erkundung der unmittelbaren Themen, die durch ihre eigenwillige „Lesart“ (d. h. „dekonstruiert“ und „rekonstruiert“) von Shakespeares König Lear offen gelegt werden. She She Pop’s König Lear ist im Kern kühn und relevant …
„Reconstructing King Lear’s Tragic Condition“, www.walkerart.org, 14. Januar 2013, Michael Lupu

Vor Testament hat She She Pop schon oft Themen wie Gesellschaft und Autorität behandelt, jedoch nie hatte ein Theaterstück den Ausgangspunkt gebildet. Die Gruppe lehnte dies stets ab, denn sie wolle „spontane Situationen schaffen, die die Performer und das Publikum gemeinsam meistern müssen“, erklärt das Kollektiv in einem Interview des Festival d´Automne einstimmig. Doch als eines der Mitglieder 40 wurde, fand She She Pop, dass die Zeit nun reif sei, um die Macht und Verantwortung zu hinterfragen, die Alter und Leistung verleihen. Shakespare, mit seinem König Lear, den erbenden Töchtern und dem unglücklichen Verlauf des Ganzen, hat sich da natürlich aufgedrängt. Doch She She Pop sind ihren Prinzipien treu geblieben: sie selbst zu sein, auf der Bühne, nicht sie als Schauspieler. Den Text als Informationsbasis zu nutzen, ohne ihn zu inszenieren. Einen Dialog mit den Zuschauern anzubahnen, ohne zu schummeln. Und um nicht zu schummeln konnte es im Fall von Testament nur eine Lösung geben: die Väter in das Projekt einzubinden und sie auf die Bühne zu bringen – es gilt schließlich die Frage von Nachfolge und Erbe zu klären. Schwer zu erklären, wie dem Kollektiv diese hervorragende Leistung gelungen ist. Natürlich lachen Sie, wenn Sie sehen, wie Lear in eine mathematische Gleichung verwandelt wird. Jedoch, ohne sich dessen bewusst zu sein, sind Sie hier schon am Kern der Sache: der Diskrepanz zwischen dem Leben eines Mannes, der nach einer Wahrheit sucht, die im Theater nicht zu finden ist und dem seines Kindes, das sich für die Wahrheit des Theaters entschieden hat, die im Leben unauffindbar ist. Es wäre in dieser Banalität sehr hart, um nicht zu sagen unerträglich, wenn es ihm nicht gelänge, ausgerechnet durch die Abwesenheit von Zugeständnissen Brücken zwischen den Generationen zu schlagen und die Dinge neu aufzurollen. Zärtlichkeit eingeschlossen. Um zu erfahren, wie der Umschwung vom Krieg zu einem hoffnungsvollen Frieden geschehen kann, gehen sie ins Theater des Abbesses. Sie sehen dort, am Ende von Testament, wie drei Väter und ihre Kinder ihre Stimmen zusammen erheben, zu einer Litanei des „Ich vergebe dir, …“. Sie werden verstehen, warum.
Brigitte Salino, Le Monde, 30.11.2012

Die deutsche Performance-Gruppe She She Pop präsentiert heute ihr mehrfach ausgezeichnetes Stück Testament in Sao Paolo. Dieses Stück ist paradigmatisch für das in Deutschland praktizierte zeitgenössische Theater, ein überwiegend von Prinzipien der postmodernen Ästhetik geprägtes Theater wie der kollektiven textuellen Schöpfung, einer Verweigerung der szenischen Täuschung und einer komplexen Mischung fiktionaler und realer Elemente…
Folha de Sao Paolo, 06. Oktober 2012, Marcio Aquiles

Brilliant, einfallsreich, streng, voller bemerkenswerter Momente. … Marthaler hätte es nicht besser orchestrieren können.
El Paìs, Madrid, 14.Juli, 2012, Marcos Ordónez

Wenn die erste Vorstellung des diesjährigen Grec den Maßstab für das Festival setzt, dann haben wir Glück. Das Stück Testament der deutschen Kompanie She She She Pop bietet, unter anderen Tugenden, eine schillernde Originalität. … In anderen Worten handelt sich hier um eine Originalität, die von banalen Coups und jeglichen billigen Ansätzen entfernt ist und die sich gern von der vermeintlichen Permissivität der sogenannten neuen Tendenzen schützen möchte.?…
La Vanguardia, Barcelona, 08. Juli 2012, Joan-Anton Benach

…At its tempestuous centre, Testament is about how relationships with our fathers must be renegotiated as we move towards and then beyond that pivotal point when the roles of carer and cared for are swapped – here this changeover takes place during the storm scene in Act III, when to a pumped up soundtrack we see teh daughters divest their fathers of their boots and breeches, and usurp their thrones in cardboard crowns, whooping all the while. We watch as the three men reduced to their underwear, ageing bodies exposed, rally their efforts to reclaim the text from their daughters and their dignity in the face of age; a shaking hand scrolls back through Lear to outline in red pen the pasage which must not be overlooked. It’s a strong and moving image in a production which otherwise eschews the provoking of strong emotions – much as the fair Cordelia might refuse to be manipulated into such declarations.
In bringing their real fathers on stage in Testament, She She Pop is striving to get beyond artifice and illusion to reach something true – but the ultimate gesture is made by their fathers, who are not actors after all, yet are willing to do this for their daughters…
Fíona Ní Chinnèide, www.irishtheatremagazine.ie/Reviews/Ulster-Bank-Dublin-Th., october 14th, 2011

… It’s amusing and heartfelt and honest. …
What made Testament such a joy to behold was how the company managed to be so facetious and light-hearted, entertaining and intelligent about matters of real consequence and still manage to truly affect, enlighten and disturb. They have not forgotten, that underneath theatrical ingenuity must lie a truth that needs expressing, that all the laughs and artifice must honor. It was a theatrical etiquette lesson.“
Caomhan Keane, entertainment.ie/Theatre/feature/She-She-Pop, 13 October 2011.

She She Pop & Their Fathers: Testament. Samuel Beckett Theatre
A brisk introduction, a modest fanfare and the ageing King Lear takes his throne. Eagerly anticipating his retirement plan (an unburden’d crawl towards death), Lear addresses himself to his darker purpose: dividing his kingdom among three daughters, appointing shares to whoever can shout her love the loudest. Watching three genuine fathers, in the springtime of their senescence, take to their own thrones – mismatching armchairs on a lightly suggested livingroom set – you immediately appreciate the playful depth of thought that She She Pop has put into this formally adventurous, slyly affecting piece of reality theatre.
Part text analysis, part self-ananlysis, the German company’s production explores Shakespearean archetypes as enduring models of contemporary psychology. That may sound like a needlessly dry interpretation of four female performers manning a flip chart and video projections while waering Elizabethan ruffs. But the heady pleasure of Testament is that you can have a lot of fun while being smart:if life imitates art, even a karaoke version of Something Stupid can be archly political.
Introducing King Lear as a play about „inheritance and betrayal, old age and decline“, Ilia Papatheodorou risks essentialising the drama fort he sake of a handy schematic (at the risk of sounding unnecessarily reductive, King Lear is about everything). But if that means paring the dramaturgical framework right back, you have to start from somewhere. As Lear himself memorably says, „Aus Nichts kann nichts entspringen“ – „Nothing will come of nothing.“
Indeed, one of the pleasures of the show is seeing the play’s logic expressed in a contemporary German idiom, which is to say an enjoyably deadpan reductio ad absurdum.
When Manfred Matzke, a clear-sighted rationalist who is anti-conflict, interrupts the performance with an economic analysis of Lear’s errors („The answer is given to us by this system of differential equations…“) it isn’t just funny; it recognises the fathers as contributors to the show’s dramaturgy. Even the show’s process becomes an illustration of filial conflict and threatened parental dignity, a poignant illustration of generational succession.
Nowhere is this more quietly unsettling than when the fathers question the ethics of exposing their lives to an audience, or the honesty of their daughters. In this Lear, nobody wants to play the Fool. It leads to an astonishing moment in which one father expresses „shame and embarrassment“ for his daughter’s performance art. „We are now in the storm scene,“ announces Lisa Lucassen, understandably.
Such genuine clashes make the participation of these fathers both brave and moving, a compact that ensures not even a line dance will compromise their dignity. They may not tell you anything new about Shakespeare’s play, but She She Pop’s bold and touching experiment lets the play tell us something new about our lives.
Peter Crawley, THE IRISH TIMES Weekend Review, October 8, 2011.

Dieses Stück ist gefeiert worden, und es gibt allen Grund dazu. So viel lässt sich nach der Premiere von «Testament» von She She Pop und ihre Väter feststellen. Auch in Zürich versetzte es das Publikum in helle Aufregung und verschaffte dem Theaterspektakel ein erstes Highlight. … Dass dieses Unternehmen ständiger Kippeffekte und Metaebenen so beeindruckend wirkt, ist den Vätern somit gleichermassen wie den theatererprobten «Kindern» (Sebastian Bark, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou sowie Lisa Lucassen) zu verdanken, denen allen man es abnimmt, sich selbst zu sein, aber gleichzeitig auch zu spielen. Das Resultat ist keine Nabelschau der Beteiligten, sondern eine unaufgeregte Dialektik, die wirklich berührt; wie Shakespeares «King Lear» Überindividuelles ansprechend – in einer Gesellschaft, in der wir alle immer älter werden.
Claudio Steiger, NZZ, 20.08.2011

 

Zum Theatertreffen 2011
„So geist- und gefühlsvoll, so anrührend und anspielungsreich erscheinen die grossen Daseinsfragen selten auf der Bühne. «Testament» ist weder Anti- noch Anklagetheater, es ist ein Spiel über die allgegenwärtige, vielfach beschworene Unübersichtlichkeit, also auch über die daraus entstehenden Unsicherheiten. Unbedingt bemerkenswert.“
Dirk Pilz, NZZ Online. 1. Juni 2011

Interview mit She She Pop zum Theatertreffen 2011

Lear goes She She Pop

The first time I saw a theatre piece by She She Pop, „Homestory“ in 2002, I was plagued by lovesickness. Nothing helped counter these feelings of frustration more than seeing this piece. Seldom had I felt so well understood in all the woes of having to get through the day alone and constantly having to motivate myself to do something, just like the seven ladies in the She She Pop group and the sole male colleague incorporated into their female collective, Sebastian Bark.

I still can recall a scene, which was a wonderful exaggeration of the desire to crawl into a hole and of the search for protection against all the exertions of having to cultivate an image: As of today, announced performer Ilia Papatheodorou, „I don’t want to have anymore, I just want to be.“ She decided to assume the existence of a bedspread and subsequently entered into a monologue from beneath the bedcovers about her relief of not having to come up with an identity day after day.

At this point in time She She Pop was not exactly famous for pampering their audiences with sympathetic understanding. Just the opposite. Their tendency to be on the nasty side, torturing the audience a little through intense observation, judgment, and even punishment (such as being forced to put on an ass-shaped mask) played no small role in the reputation of the group, which was formed in the 1990s in the Department of Applied Drama at the University of Geissen.

Their performances were actually a little scary. All that hardball squaring of accounts with the voyeuristic position in which viewers can make themselves comfortable was one of the outstanding qualities of their evening performances of „Live“ (as of 1999) and „Bad“ (as of 2002).

„The fact that we work in a very confrontational, direct, and discursive way has something to do with our history as a women’s collective,“ says Ilia Papatheodorou, who has come to the interview along with Mieke Matzke. It was the experience of the comparing gaze, of being judged and categorised as a woman and female artist in the context of a student project that provided the initial spark for the founding of She She Pop.

„Who is the best dancer, who is the funniest, who is the fattest, who is the most spontaneous – on the stage women are the subject of this voyeuristic gaze to a much greater extent than men. As a way of fighting back, we turned on the lights where the audience sits and returned the gaze.“ Particularly because She She Pop maintains a feminist perspective, it is all the more surprising that they have been invited to the Theatertreffen with a piece in which they appear on stage with their fathers and closely examine the contract between generations. Soon after its premiere in February 2010, „Testament – Belated Preparations for a New Generation Based on Lear“ was invited for guest performances and to festivals. With increasing frequency the daughters had to call their fathers and schedule joint performances.

Does this success surprise She She Pop? Not really, says Mieke Matzke, because even when the piece was still in its conceptual phase they noticed the inherent power of the material as something many people could identify with. „People came to us from all sides with their father stories.“ But „Testament“ also has developed into such an impressive work, because it conveys the problems experienced during rehearsals, doubts, and lack of understanding. The discussions during rehearsals between the daughters and fathers, which threatened to end the project, where recorded and are now replayed for the actors through headphones. The way the performers quietly repeat the words, either insisting on their initial point or distancing themselves from it in their observations, constitutes some of the most brilliant scenes of the piece. Thinking becomes audible, visible, palpable.

For the performers, opening themselves to their fathers‘ critique of their art was a major challenge. This was especially difficult, because these fathers were not conservative, authoritarian blockheads but rather educated middle class 68ers with high expectations regarding their children’s capacity for emancipation and self-realisation.

As a viewer, one often has the sense that the fathers and daughters are actually much closer than they themselves think. But precisely because their conflicts are not negotiated in a clichee-like but instead detailed and very concrete manner, the honesty of the individual positions is moving.

The comparison of these autobiographical experiences with Shakespeare’s „King Lear“ – the story of the old king who can’t get his act together in terms of handing over his power and wealth to his daughters – provides for tension. She She Pop uses this material to address many things that anyone with aging parents must face: Who will help, when they need support? How much of one’s own life is one willing to invest in their care? How do siblings view the division of parental love and their parents‘ inheritance?

The calculations (what is an hour of parental love worth in euros?) and sample cases that She She Pop uses to explore these questions are amusing, on the one hand, especially because they are often presented in very dry style. On the other, they reveal the lack of existing language for addressing these questions without one party being hurt.

She She Pop’s longstanding experience in creating simple but complex narrative images comes to their advantage in „Testament„. In the beginning small video cameras are pointed at the fathers‘ faces, which are projected within three large picture frames – already establishing a style characteristic of regal representation. It is precisely here, later, where the children don cardboard crowns and put on the shirts of their fathers, who experienced taking them off as an act of humiliation.

At the end, the three picture frames present an almost baroque vanitas motif with tulips and apples, beneath which daughters, fathers, and one son lie on top of each other in layers – a confirmation of their connection above and beyond all discursive issues. It is also an anticipation of the mortality that unites them. This is She She Pop, and this is Shakespeare at its best.

Today, most members of the collective are close to 40 in age. Ilia Papatheodouro brought her baby son to the interview. Rehearsals now need to be coordinated with the care of seven young children. The perplexity and despair of this dual role as mothers and artists fuelled much of the comedy in their „Seven Sisters“ performance, which preceded „Testament“ and raised feminist issues more explicitly than earlier pieces. „Now that we have our own families and have brought the conflicts with our own partners on board, the experience of fighting over who does what and when with the kids, plays a major role,“ says Ilia. And Mieke adds: „While we were rehearsing ‚Seven Sisters‘, the discussion came up again: Where do we really stand? Can we really talk about having accomplished something, or achieved our goals? Or why do we get bogged down on so many levels, why are so many concealed?“

She She Pop never wanted to start their own theatre. They felt they were in good hands with their co-production partners, Kampnagel in Hamburg, the Hebbel am Ufer in Berlin, and the FFT Düsseldorf. Important to them in their process was being able to maintain autonomy over their collective and their projects. „Because we held on to our feminist standpoint and the collective, we were often accused of being stuck in the 1970s,“ says Mieke Matzke, „but today there is a renewed focus on and political interest in these concepts, also in terms of their utopian potential. Working in a collective also means creating a different kind of obligation to one another, which goes beyond networking.“

Apropos utopia, in „Seven Sisters“ three of the small, preschool children appear in a projection as if they had been playing in a back room of the theatre the whole time. At the end they are given the task of developing a utopia. „If someone asks you where you are going, say ‚to Moscow, to Moscow,‘ instructs Sebastian Bark, packing them into anoraks and sending them out onto the street in the dark of night.

On the one hand, this is a quote from Chekhov’s „Three Sisters“, to which the production continuously refers in exploring the question of the right way to live. On the other hand, the image of little children on the street at night pointedly conveys the contemporary fear of having no more utopias, of being utterly unable to paint a positive picture of the future. And also the fear of exposing one’s children to terrible uncertainty.

Actually, major drama – but packed into such a small picture, as if this pounding concern needs to be forcibly kept down to size, if we are to keep functioning. And ultimately the art of She She Pop lies in this ability to specifically nail down vague thinking.
Katrin Bettina Müller, Tageszeitung, 29.04.2011

Laudatio zum Friedrich-Luft-Preis
„Besonders bemerkenswert an Testament ist der Mut sich den universellen Themen zu stellen, wie eben Tod, Krankheit, Einsamkeit, Vergänglichkeit und immer wieder steht auch die große alte Dame Zeit auf der Bühne. Mal mehr mal weniger im Vordergrund und doch schon dadurch immer präsent, daß die Akteure so deutlich sichtbar immer Kinder ihrer Zeit sind und bleiben werden“.
Laudatio von Claudia Wiedemer, 05.04.2011

„I WILL ALWAYS LOVE YOU
Das Performancekollektiv SHE SHE POP verwandelt seit zwölf Jahren Fragen, die sie auch privat bewegen, in Theater. Mit ihrer jüngsten Produktion „Testament“ ist ihnen das besonders geglückt.“
Eva Behrendt, Theater heute, 06/ 2010

„…Als man die erste „Lear“-Szene gelesen hat, schleicht sich das schöne Delirium auf die Bühne, mit dem She She Pop so virtuos arbeiten können. …Der She-She-Pop-Schwindel handelt weniger von der Lüge als vom Schwanken. Vom Schwanken zwischen Prozess und Produkt, Diskussion und Text, Nähe und Distanz. …Im Reden über den Stoff streift der Abend immer wieder überraschend genau die Motive des alten Stückes. „Testament“ variiert dieses Unverständnis auf hundert Arten.“
Tobi Müller, Frankfurter Rundschau, 27. Februar 2010

„couragiert, freimütig und intelligent … ein großer Wurf“
Klaus Witzeling, Hamburger Abendblatt, 9. März 2010

„Innovationsschübe für ein vitales modernes Theater – darauf lautet das Versprechen der Freien Szene. Eindrucksvoll wird dieses Versprechen von She She Pop und ihren Vätern eingelöst. Ihr Generationendialog „Testament“ baute ebenso berührend wie analytisch klug und witzig eine Brücke zwischen Theatertraditionen. … eine große Analyse unseres Zeitalters, der Epoche des „ökonomischen Menschen“.“
Die Jury des Theaterfestivals „Favoriten 2010“ gratuliert dem Performancekollektiv She She Pop und ihren Vätern zum Preis der „Wild Card“ von Ruhr2010
.

„Testament ist aber gerade auch deshalb so beeindruckend geworden, weil es auch die Probleme der Probenarbeit, den Zweifel und auch das Verfehlen von Verständnis mittransportiert. …Eigentlich, denkt man als Zuschauer oft, sind sich Väter und Töchter viel näher, als sie selbst glauben. Aber weil gerade deshalb ihre Konflikte nicht klischeehaft verhandelt werden, sondern detailliert und sehr konkret, berührt die Ehrlichkeit der Positionen…. …Am Ende fassen die drei Bilderrahmen ein fast barockes Vanitas-Motiv aus Tulpen und Äpfeln, unter dem sich Töchter, Väter und ein Sohn schichtweise übereinanderlegen: eine Bestätigung ihrer Verbundenheit über alle diskursiven Fragen hinaus; auch ein Vorgriff auf die Sterblichkeit, die sie alle miteinander teilen. Das ist She She Pop und das ist Shakespeare at its best.“
Katrin Bettina Müller, taz Berlin, 29.04.2011

Träumlabor

Foto: She She Pop
Foto: She She Pop
Foto: She She Pop
Foto: She She Pop
Foto: She She Pop
Foto: She She Pop

In einem Zelt aus Leinwänden installieren SSP eine begehbare, fantastische Innenwelt und laden ein zu einem Besuch im eigenen Kopf. Im Träumlabor sollen verschiedene Nacht-, Tag-, Wunsch- oder Albträume der jugendlichen ZuschauerInnen wahr werden. In viertelstündigen Clips mit mehreren Kameras, handgemachten Effekten und vielen wechselnden Kostümen werden diese Träume live produziert und auf eine große Leinwand geworfen – nach den Vorgaben und unter Beteiligung des oder der einzelnen Träumers oder Träumerin aus dem Publikum. Die Mitglieder von She She Pop bewegen sich als Laborantinnen improvisierend nach einem Fahrplan, den die Fantasie der ZuschauerInnen ihnen diktiert. Der oder die träumende ZuschauerIn führt Regie, ist gleichzeitig ZuschauerIn und MitspielerIn im eigenen Traum-Clip.

Credits

Konzept und Performance: She She Pop.
Von und mit: Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen und Ilia Papatheodorou.
Musik: Max Knoth, Jeff McGrory.
Video: Bianca Schemel und SSP.
Assistenz: Christoph Macha.
Produktionsleitung: Elke Weber.

Premiere, 10. Oktober 2008, Theaterfabrik, Gera
 
Eine Koproduktion mit dem Festival Hotel Subbotnik – Akademie für angewandtes Leben, Gera.

Termine


Vergangene Termine:
10. - 12. Juni 2010, HAU 3, Berlin
09. - 10. September 2009, FFT Düsseldorf, Düsseldorf
19. Juni 2009, Young Star Fest Fundus Theater, Hamburg
10. Oktober 2008, Theaterfabrik, Gera

Pressestimmen

Aus wenigen Worten entstehen Charaktere und Geschichten. Die burschikose Versuchsleiterin mit strengem Zopf und Kittel verwandelt sich in eine blonde Paris-Hilton-Kopie, die im Muschelbikini mit dem Träumenden am Pool planscht. Auch eine hysterische spanische Prinzessin interessiert sich plötzlich für den Neureichen und übt mit ihm schon mal das staatsmännische Winken. Am Bühnenrand, gut sichtbar für die Zuschauer, entstehen die zur Situation passenden Bilder und Klänge. Aus blauen Steinchen in Nahaufnahme werden auf der Leinwand Wassertropfen, aus dem Laptop sprudelt, rauscht und plätschert es. Mounia Meiborg, Nachtkritik, 10. Juni 2010  

Unendlicher Spaß – Fußnote 24

Foto: Doro Tuch
Foto: Sandra Fox
Foto: Doro Tuch
Foto: Sandra Fox

Das vom HAU initiierte Projekt Unendlicher Spaß verbindet Performance und Literatur in Form eines Theatermarathons in und um Berlin: Unterschiedlichste Künstler entwerfen die Szenarien des Romans  „Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace an verschiedenen Orten im Stadtraum Berlins.
Unendlicher Spaß erfordert scheinbar unendliches Zuschauen! Vierundzwanzig Stunden lang ist Berlin das im Roman entworfene Boston der Zukunft. Vierundzwanzig Stunden fährt man entlang jener periphären Orte Berlins, an die man sonst nur selten gelangt und sieht auf die einst in futuristischer Vision gebauten Architekturen der sechziger und siebziger Jahre Berlins. Eine der Stationen auf dieser Tour erreichen die Zuschauer weit nach Mitternacht: Im Fontanehaus in Reinickendorf werden sich She She Pop einer einzelnen Fußnote des Romans widmen, der Filmographie des Filmemachers James Orin Incandenza. Entlang seines Oeuvres versenken sich She She Pop in eine Late-Night-Krise zu den Fragen: Brauchen wir / Haben wir überhaupt noch / Wie riskant und / Was eigentlich ist Humor?

In Deutsch und Englisch

Credits

Unendlicher Spaß von David Foster Wallace – 24 Stunden durch den utopischen Westen

Mit: Biancchi/Macras, Gob Squad, Peter Kastenmüller, Jan Klata, Chris Kondek, Anna Sophie Mahler, Richard Maxwell, Mariano Pensotti, Philippe Quesne, She She Pop, Anna Viebrock, Jeremy Wade und der Videoanimation „My best Thing“ von Frances Stark.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Bundeszentrale für politische Bildung.

Unendlicher Spaß – Fußnote 24
Konzept: She She Pop.
Von und mit: Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Tobias Dusche, Ilia Papatheodorou und Sebastian Bark.
Ausstattung: Sandra Fox.
Sound Design: Max Knoth.
Dramaturgische Mitarbeit & Produktionsassistenz: Sabine Salzmann.
Assistenz: Eva Liparova.
Hospitanz: Karl Watson, Ruschka Steininger.
Produktion/PR: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro.
Administration: Elke Weber. Dank an Teresa Albiez und Isa Ott.

Eine Koproduktion von She She Pop mit dem Hebbel am Ufer Berlin.

Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.
Premiere, Juni 2012, HAU, Berlin

Termine


Vergangene Termine:
6., 9., 13., 16., 20., 23., 27. Juni 2012, HAU, Berlin
2. Juni 2012, HAU, Berlin

Die Relevanz Show

Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Foto: Stefanie Herrmann
Relevanz, was ist das? Wir denken an die Klima-Katastrophe, den Afghanistan-Einsatz, die Gesundheitsreform, die CSU. Woran wir heimlich denken: an die große Liebe, den Fehler des Lebens, den Kontostand, das Geheimnis, das man mit niemandem teilen kann. Woran wir nicht denken: an She She Pop. Denn wer erinnert sich an sie im Kampf, beim Feiern, in der Not? Wer führt ihre Parolen im Munde? Wer träumt von She She Pop? Die Relevanz-Show will endlich Schluss machen mit all der Heimlichkeit, Anonymität und Ignoranz.
Denn She She Pop sind bestimmt nicht die einzigen, die sich größere Relevanz für sich wünschen, im Gegenteil. Ganz viele stehen da und wollen gerne irgend etwas Bedeutungsvolles sagen oder tun. Was könnte das sein? Kann man über sich selbst hinausweisen? Kann man überhaupt etwas selbst entscheiden, das dann auch von Bedeutung ist? Und wie soll man dafür sorgen, dass jemand es bemerkt?
Die Relevanz-Show ist eine ernste Revue. Denn das schwierige Thema zwingt die PerformerInnen zur Vorsicht: Was als relevant empfunden wird, ergibt sich oft momentan und subjektiv. She She Pop wollen sich dieser Unwägbarkeit nicht ausliefern, sondern Relevanz eigenständig definieren und spontan herstellen, wenn möglich für alle Anwesenden: Die Show selbst soll zur integrativen Maschine werden, in der jeder und jede zum unentbehrlichen Funktionsteil eines wichtigen Ereignisses wird – sei es als Garderobiere oder als Moderatorin, als Kritiker oder als Musiker, als Zuschauerin oder als Showgirl.
Die Relevanz-Show ist zugleich eine Backstage-Show. Aus der Garderobe, die per Liveübertragung auf die Bühne projiziert wird, planen und proben She She Pop eine grandiose und relevante Shownummer, die diesen Abend und alles, was danach kommt, verändern wird. Währenddessen gilt es die Show am Laufen zu halten! Bis zur großen Nummer werden uns sprechende Tiere, Zauberei, bewegende Ansprachen, tanzende Kinder und andere nutzlose Unterhaltungseinlagen auf der Bühne die Zeit vertreiben.
She She Pop machen sich hier selbst zum Untersuchungsobjekt und treiben sich und ihr Publikum zielstrebig über alle Höhen und Tiefen, durch alle Peinlichkeiten des Wunsches nach Relevanz. Das ist Grundlagenforschung im Showformat, inspiriert von der legendären Muppet-Show.

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf.
Musik und Sound Design: Max Knoth und Vicki Schmatolla.
Kostüm: She She Pop und Ulrike Willberg.
Kostümassistenz: Tina Heylen, Ingrid Jenckel und Caroline Verbrugghe.
Lichtdesign: Micha Lentner-Niyorugira.
Ton: Lars-Egge „Mügge“ Müggenburg.
Bühnenmeister: Holger Duwe.
Video Design: She She Pop und Bianca Schemel.
Choreographie: Nir de Volff/TOTAL BRUTAL.
Produktionsleitung: Sabine Köhncke.
Produktionsassistenz: Liz Rech.

Eine Produktion von She She Pop in Koproduktion mit Kampnagel, Hebbel am Ufer Berlin, FFT Düsseldorf und Theaterhaus Jena.

Uraufführung: 28. März 2007, Kampnagel Hamburg

Gefördert durch die Kulturverwaltung des Landes Berlin, die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und den Fonds Darstellende Künste e.V.

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
November 2009, Frascati, Amsterdam, Niederlande
November 2007, Beim Impulse Festival, Köln, Düsseldorf, Bochum, Mühlheim
Juni 2007, HAU, Berlin
Juni 2007, FFT, Düsseldorf
Mai 2007, Theaterhaus, Jena
28. März 2007, Kampnagel, Hamburg

Pressestimmen

„Was ist wichtig? Den überstrapazierten Begriff der Relevanz umtanzen, besingen und verspielen She She Pop in ihrer neuen Show auf Kampnagel, dass es rundum eine Freude ist.“ Hamburger Abendblatt, 30. März 2007 Eine Zeit lang ist das hochkomisch, weil die Darsteller so herrlich schamlos sind in ihren Straps- und Miederklamotten. Sie gestehen, dass sie das alles für uns ja auch nur machen, damit sie sicher sein können, gebraucht zu werden. Sie haben den Mut zur Selbstentblößung in jeder Hinsicht, das macht Spaß.
Berliner Morgenpost, 24.06.2007, Katrin Pauly 

„Was ist wichtig? Den überstrapazierten Begriff der Relevanz umtanzen, besingen und verspielen She She Pop in ihrer neuen Show auf Kampnagel, dass es rundum eine Freude ist.“
Hamburger Abendblatt, 30. März 2007

Eine Zeit lang ist das hochkomisch, weil die Darsteller so herrlich schamlos sind in ihren Straps- und Miederklamotten. Sie gestehen, dass sie das alles für uns ja auch nur machen, damit sie sicher sein können, gebraucht zu werden. Sie haben den Mut zur Selbstentblößung in jeder Hinsicht, das macht Spaß.
Berliner Morgenpost, 24.06.2007, Katrin Pauly

She She Pop, die in Berlin und Hamburg leben und in allen Häusern der etablierten freien Szene residieren, sind charmant und gewitzt, aber auch etwas anstrengend in ihrer Verweigerung jeglicher einszueins konsumierbaren Kunstfertigkeit. Anders als bei Désirée Nick kann man sich bei ihnen dafür sicher sein, dass die Pantöffelchen, die sie in ihren Shows tragen, definitiv Konzeptpantöffelchen, Zellulite und biografische Hinweise hingegen echt sind…. „Die Relevanzshow läuft, das kann jetzt nicht mehr geleugnet werden“, wird zu Anfang gerufen, und das steigert sich bis zum Aufruf, alle Mobiltelefone anzuschalten und die Nummer von Freunden anzurufen. „über alle offenen Kanäle wird jetzt eine Relevanzbeziehung hergestellt. Wir verwenden den Doppelruf der Brutpfleger und Nesthocker: Wo bist du? Ich bin hier!“ Mehr geht nicht an Überbau und mehr soll auch nicht sein, danach strömt rein und klar die Liebe. Zu sich selbst, zur Blattlaus, von der Bühne ins Publikum.
nachtkritik.de Berlin, 22.06.2007, Petra Kohse

Bedeutungsschwangere treiben ab
„Die Frage,was Relevanz sei, hat das Künstlerinnen-Kollektiv (…) ultimativ, tiefernst und sehr unterhaltsam geklärt. Wobei der Begriff Relevanz an sich schon von höchster Relevanz sein muss, weil er ebenso inflationär wie bedeutungsschwer benutzt wird. She She Pop gehen ihm also in ihrer ‚Relevanz-Show’ auf Kampnagel auf den Grund und kommen zu einem verblüffend einfachen Ergebnis: All die so genannt relevanten Klima-, Kriegs- und Gesundheitsreformkatastrophen können wir vergessen. Allein das Liebes- und Abhängigkeitsverhältnis des Künstlers vom Publikum ist von Bedeutung. Gäbe es keine Zuschauer, könnte She She Pop einpacken. Was schade wäre. Aber solange es ein liebendes Publikum gibt, macht She She Pop weiter. Das ist relevant. (…) Wir lachen unaufhörlich bei diesem intelligenten Quatsch, der so viel Wahrheit enthält. Die Anarchie der Ernsthaftigkeit, mit der She She Pop das Showgeschäft und den Begriff Relevanz ad absurdum führt, vergisst man nicht.“
Die WELT 30.03.2007, Monika Nellissen

She She Pop
„Der weiblichen Pop-Theater-Institution gelingt sozusagen eine ‚altersreife’, nie abgeklärte, immer noch bissig kämpferische Bilanz. Eine Abrechnung mit dem Entertainment im Trash-Revueschwung. Und parallel dazu der szenische Diskurs über Performance Art und deren (finanziell beengten) Produktionsbedingungen. Denn die vier Damen und der Mann springen nicht nur zu improvisierten Soli ins Scheinwerferlicht, sondern übernehmen für ihre Bühnenaktionen auf Kampnagel in Hamburg die unverzichtbaren Helferrollen hinter und auf der Szene: Sie dienen uneitel – doch mit aufmüpfigem Seht-Her-Blick ‚Wir können und machen doch alles selber!’ – als Chorus-Girl, Garderobiere, Inspizientin, Moderator, Musiker, Techniker und als weltbedeutende Bretter wischende Putze. Zweifellos noch relevanter für die Performer ist der Zuschauer. Denn ohne ihn könnten sie bei ihrem intelligent-kritischen Eiertanz mit dem überstrapazierten Relevanz-Begriff einpacken. Schon zu Beginn schenken sie dem Gast das Gefühl, relevant zu sein, begrüßen ihn offenherzig gekleidet per Handschlag und rekrutieren ihn einladend… She She Pop ist perfekt darin, in den auf der Bühne und zwischen den Zuschauern gezeigten Acts die Wünsche des ‚genialen Künstlers’ nach Perfektion Pointen knallend platzen zu lassen, mit Charme und Mut zur Selbstentblößung allabendlich das Scheitern zu riskieren, sich dabei schamlos und dennoch erfinderisch der Traditionen von Happening- und Performance-Szene zu bedienen. Die hat bereits in den 1960ern das Publikum zum konstituierenden Bestandteil eines Werks gemacht und das gemeinsame Geschehen als Resultat zwischen Chaos und Kalkül verstanden und akzeptiert. … In den Balanceakten, Geschicklichkeitsübungen und Modellmalträtierungen spielen (…) die Performer anarchisch, lustvoll und witzig mit ihrem Kunstmetier. Offensiv beziehen sie den banalen Alltag und seine Objekte direkt in ihre Arbeit ein, treiben Material und Ausdrucksmittel ihrer Kunst durch Destruktion, überraschende Kombination und Reduktion grotesk in die absurde Überspitzung. Dabei schaffen sie es auch noch, leichthändig assoziative Verbindungen zur künstlerischen Tradition herzustellen, in der sie sich verstehen und in der sie auch verstanden werden wollen. Bild und Szene oszillieren also stets zwischen Alltag und Kunst, zwischen praktischer und symbolischer Sphäre und entzünden an den Zitaten einen subversiven Humor. (…) so ziehen She She Pop den Erwartungen, Sehgewohnheiten und Handlungen im Alltag (des Museums- oder Theaterbesuchers) gewissermaßen den Boden unter den Füßen weg und überrumpeln den Perplexen mit unerwartet sich öffnenden Sichtweisen auf die Unordnung in der vermeintlich geordneten Welt. … Es kommt eben ganz auf die Perspektive an, wie man die Parodie auf die Parodie von den performativen Parasiten an der Elite-Kunst geneigt ist zu lesen. Was die einen als ‚krankhafte’ Zersetzung von harmonischer Perfektion und dem hohen Schönen werten, ist für neugierige Zeitgenossen der Nektar eines anfangs vielleicht fremdartigen, dann aber doppelt süßen Kunstgenusses.“
Ballett Tanz Juni 2007, Klaus Witzeling

Rules – die Verlängerung

Eine Sportveranstaltung und zugleich performative Installation von beinahe beliebiger Dauer. Das Team She She Pop tritt gegen sich selbst an. Das Spiel selbst heißt Rules und stammt aus der gleichnamigen Performance von 2001. Seine Passregeln sind metaphorisch zwingend, spielerisch aber maximal komplex. Für einen erfolgreichen Spielzug müssen sich die Spieler*innen perfekt organisieren; jede abgenutzte Pathosformel und jeder herzergreifende Song ist ihnen recht, um alle auf die gemeinsame Sache einzuschwören. Mit wachsender Expertise des Publikums beginnen She She Pop, neue Mitspieler*innen aus den Fankurven zu rekrutieren und gegen erschöpfte Teamkolleg*innen einzuwechseln.

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Katharina Oberlik und Ilia Papatheodorou.

Eine Koproduktion mit transeuropa Festival, Hildesheim.

Premiere, Juni 2003, transeuropa Festival Uraufführung der Theaterfassung unter dem Titel „SHE SHE POP: RULES (Mach Dein eigenes Spiel)“: 10. Mai 2001, Festival reich und berühmt, Podewil, Berlin, Hildesheim

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
1. Juli 2006, PACT Zollverein, Essen
18. September 2004, Kampnagel, Hamburg
3., 7. April 2004, Kampnagel, Hamburg
19. Juni 2003, Kunstverein, Hamburg
15. Juni 2003, transeuropa Festival, Hildesheim

Pressestimmen

She She Pop hat sich in ein Footballteam verwandelt. Die Girl Gang spielt mit den Versatzstücken des Machosports, ein Fall angewandter gender theory.
Peter Laudenbach im Tagesspiegel, 14. Mai 2001

… zwar ist ‚RULES‘ als ein Crossover von Sport, Arbeitspsychologie, Pop und Geschlechterverwirrung sehr komisch, aber es weist eben auch die tragischen Elemente auf, die Theater erst zum Erlebnis, vielleicht sogar zur Kunst werden lässt.
Tom Mustroph in Theater der Zeit, Juni 2001

Dann drängt sich plötzlich der Vergleich mit dem Leben an sich auf: Mit dem Siegenwollen, mit dem Aufeinander-angewiesen-Sein, mit dem immer-wieder-von-vorn-Anfangen inklusive der Erkenntnis, dass man sich am besten seine Regeln selber macht, um erfolgreich zu sein.
Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 17. Juni 2003

Die Extremspielerinnen
She She Pop beim Berliner Performance-Festival „reich & berühmt“
„Das bringt nichts! Wir brauchen eine neue Taktik“, rufen die Performerinnen in den dunklen Zuschauerraum. „Keine Panik! Das wird schon!“ Auf der Suche nach einer neuen Taktik – oder auch nur einer neuen ästhetik – irren sie über die Bühne und durch die Reihen der Zuschauer: „Entschuldigung, ich glaube, Sie sitzen im Spielfeld“. Schließlich trägt „Rules“, das neue Stück, im Untertitel eine deutliche Aufforderung: „Mach dein eigenes Spiel“. Ob das politisch, persönlich, sexuell oder doch eher künstlerisch gemeint ist, bleibt gezielt unklar – geht es doch gerade darum, die Grenzen zwischen diesen Begriffen zu verwischen: „Wir sind politisch und sexuell anders denkend“, um es mit der Band Blumfeld zu sagen.
Die Uraufführung von „Rules“ ist ein ziemlich lustiger Höhepunkt von „reich & berühmt“ – und ein Stück, das , wie immer bei She She Pop, entspannt mit der Selbstreferenz spielt. Die postfeministische Gruppe ist in den letzten Jahren zu einigem Ruhm gekommen, also fragt ein Sportreporter zu Beginn der Aufführung, ob der Mannschaft heute ein Comeback gelingen wird: „Müssen sie ihre Strategie ändern?“ überhaupt wird das Geschehen gerne ausführlich kommentiert wobei der Kommentar dazu neigt, in ein zielloses Selbstgespräch zu entgleiten: „Wie soll’s denn jetzt weitergehen?“ Wer das wüsste!
Die Versuchsanordnung ist so simpel wie robust: She She Pop hat sich in ein Footballteam verwandelt. Die Girl Gang spielt mit den Versatzstücken des Machosports, ein Fall angewandter gender theory (Und vielleicht eine Hommage an die in der Stadt weilende Judith Butler). Dabei müssen “die Gunst des Publikums³ in Form einer Plastiktüte, die „Repräsentation“ (ein Cheerleader-Puschel) und „das Wasser der Kritik“ (eine Wasserflasche) über das Spielfeld bewegt werden – ein klarer Fall für Extremspielerinnen. So lustig kann das Crossover von Pop und Theorie, Selbstreferenz und gender trouble sein.
Peter Laudenbach, Tagesspiegel, 14. Mai 2001

Endlich wieder uncool
Das Berliner Performance-Festival „reich & berühmt“
(…) Immerhin zwei Produktionen nahmen das Publikum noch als nicht nur denkenden, sondern auch emotionalen Resonanzkörper ernst. (…)
Auf eine ähnliche Weise lieferten sich die Spielerinnen von She She Pop der betrachtenden Meute aus. In lächerlich anmutender Kampfkleidung – einer Kreuzung aus Football-Uniformen und „Star Wars“-Kostümen – warfen sie sich in ein finales Spiel.
Vordergründig handelt es sich bei „Rules“ um eine Sportveranstaltung. Die Konstellation der alternden Profitruppe ist jedoch auf andere Gruppen übertragbar. Das große Ziel, hier der Kwan, weckt in jedem, der einmal wirklich etwas wollte, die Erinnerung daran – gleich ob es eine Geschäftsidee, ein Buch, ein Film, eine Erfindung ist. Manchen Gruppenmitgliedren – auch das kennt man – ist der Sinn ihrer Tätigkeit abhanden gekommen, doch Gewohnheit und mangelnde Alternativen halten sie bei der Stange. Die Gruppe wird zur Parabel für eine Gesellschaft, in der der Einzelne seine Interessen mit den kollektiven in Einklang bringen muss – nicht einvernehmlich, sondern per Kampf. Selbstgestellte Regeln zähmen die erbarmungslose Auseinandersetzung, sie zwingen zur Kooperation. Absurde Teildisziplinen werden ausgeführt: die „Gunst des Publikums“ (eine Plastiktüte) in der Luft gehalten oder das „Wasser der Kritik“ (eine Wasserflasche) über das Spielfeld bewegt.
Die Distanz zwischen She She Pop als postfeministischer Performancetruppe und dem kommerziellen Machosport American Football ist offensichtlich. Anders als andere Performer (etwa showcase beat le mot bei der Tennis-Parodie „Grand Slam“ oder auch She She Pop selbst bei ihrer Table Dance-Simulation „Trust!“) ist diese Distanz jedoch nicht vordergründig ironisch. Die Spielerinnen bleiben nicht cool, haben nicht die Chance aus ihren Rollen auszusteigen und Niederlagen an sich abperlen zu lassen. Sie sind den Gesetzen des Spiels ausgeliefert; zwar ist „Rules“ als ein Crossover von Sport, Arbeitspsychologie, Pop und Geschlechterverwirrung sehr komisch, aber es weist eben auch die tragischen Elemente auf, die Theater erst zum Erlebnis, vielleicht sogar zur Kunst werden lässt.
Tom Mustroph, Theater der Zeit, Juni 2001

Wer die Regeln kennt
Live-Art-Installation „Rules“ bei „transeuropa“
HILDESHEIM. Wenn die Gunst des Publikums am Boden liegt, ist das Spiel zu Ende. Und wenn das Feuer der Inspiration erlischt, dann heißt es ebenfalls: zurück an den Anfang. Wenn aber die Last der Verantwortung gepaart wird mit Bestätigung, Vertrauen und Kritik, dann kann sich nicht nur jeder Manager, sondern auch jeder Trainer beruhigt auf die Schulter klopfen: gewonnen. Sportler und Mensch haben das Ziel – in diesem Fall die Homebase – erreicht.
So lauten die Regeln, die „Rules“, die die Berliner Performance-Gruppe „She She Pop“ zum Theaterfestival „transeuropa“ wieder einmal ausprobiert. In der „Verlängerung“ müssen die sechs Akteure sich immer wieder aufs Spielfeld begeben, um in neuen Aufstellungen und mit neuer Taktik der Zeit einen Sieg abzuringen.
Und was auf den ersten Blick so spielerisch, so lustig und bunt erscheint, bekommt bei längerem Hinsehen immer mehr Sinn. Und Ziet hat man – im Gegensatz zu den Akteuren – vier Stunden lang, wenn man will. In einer Zeitschleife werden die vier Spieler mit jeweils vier der zwölf Spielelemente immer wieder 15 Minuten lang versuche, Punkte zu machen, indem sie zusammenhalten, Krisen vermeiden, Kontrolle erlangen.
Die Wände der Eintracht-Tennishalle sind zugepflastert mit den Regeln und den dazugehörigen Spielelementen: eine Plastiktüte als Gunst des Publikums, die pustend in der Luft gehalten werden muss, ein Deckel als Kuss der Bestätigung, der Mund zu Mund weitergegeben werden muss, der Umhang für die Repräsentation, die nicht überholt werden darf, oder das Wasser der Kritik, das ausgetrunken werden muss.
Ein absolut ausgeklügeltes System, in dessen Spielverlauf plötzlich und unverhofft auch Sonderpunkte gemacht werden können: Wenn man zum Beispiel die 555-Abulalo-Base anläuft und Entertainment anbietet, um Fehler zu überspielen. Das schwankt auf den ersten Blick zwischen witzig und albern, ist richtig spannend und gewinnt, je länger man zuschaut. Dann drängt sich plötzlich der Vergleich mit dem Leben an sich auf: Mit dem Siegenwollen, mit dem Aufeinander-angewiesen-Sein, mit dem immer-wieder-von-vorn-Anfangen inklusive der Erkenntnis, dass man sich am besten seine Regeln selber macht, um erfolgreich zu sein.
Zusätzlich theatralisch gewürzt wird das Spektakel durch die Live-Atmosphäre am Spielfeldrand: Da gibt es Publikumsgegröle, eine Riesenleinwand mit übertragung aus der Kabine, wo über der Aufstellung gebrütet wird, Live-Interviews mit Trainern und Spielern und die gekonnte Moderation des Spektakels. Und alles wirkt absolut authentisch und ungekünstelt. Sicher, hier wird nichts dem Zufall überlassen, ist nichts improvisiert oder aus der Situation heraus geboren. Das ist durch gestyltes Theater, am Rande zum Klamauk. Auf der anderen Seite aber ebenso witzig wie wortgewandt, sportlich wie ästhetisch, tiefsinnig wie theatralisch.
Was „She She Pop“ allerdings vom wirklichen Leben und Sportgeschehen total unterscheidet: Es gibt keinen Gewinner. Das Spiel wird nur um des Spieles willen gespielt. Und natürlich wegen seiner Regeln. Man sollte eben nicht über die Messlatte des Erfolgs stolpern…
Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 17. Juni 2003

What’s wrong? (It’s okay)

She She Pop versammeln sich an einem großen Tisch um die Reste eines Abendmahls. Sie werden sich und ihrem Publikum zu beweisen, dass sie über ALLES reden können und lassen sie sich die Themen von den ZuschauerInnen zurufen. What’s Wrong ist eine Tischrevue mit Spielen, Tabus und Synchrontänzen. Eine Performance über die Härte und Schönheit der Gemeinschaft und über den Preis, den man dafür bezahlt, zueinanderzugehören.

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Kathrina Oberlik, Ilia Papathodorou und Berit Stumpf.
Lichtdesign: Marek Lamprecht.
Produktionsleitung: Anne Kersting.

Premiere, 18. April 2003, Westwerk, Hamburg

Gefördert durch die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und den Fonds Darstellende Künste e.V.

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
16.-17. Dezember 2005, Mousonturm, Frankfurt/Main
Juni 2005, LOT-Theater, Braunschweig
Mai 2005, Open Ohr Festival, Mainz
Dezember 2004, Deutsches Schauspielhaus, Go Create Resistance, Hamburg
November 2004, Kaaitheater, Brüssel, Belgien
19. November 2004, Theaterhaus, Jena
Oktober 2004, Schwankhalle, Bremen
September 2003, Podewil, Berlin
11. Mai 2003, Deutsches Theater, Göttingen
18. April 2003, Westwerk, Hamburg

Pressestimmen

Dank der austrainierten intellektuellen Selbstreinigungskräfte Ironie und ansteckende Albernheit bleibt selbst so eine Beschämungsrevue immer auf der Ebene des professionellen Trash-Humors, den man von dieser Generation der Gießener Schule (…) auch in anderen Spielarten kennt.
Till Briegleb, Süddeutsche Zeitung, 24. April 2003

Z wie Zugabe!
Denis Krah, Hamburger Morgenpost, 22. April 2003

Seit zehn Jahren schon üben sie den Zwang zur Intimität. Verlieren dabei nie den Terror aus den Augen, der auf dem Ticket der Aufklärung quer durch die Wohnzimmer rast. Ehrlich sein, authentisch sein, so tarnen sich die Attacken.
Katrin Bettina Müller, taz Berlin, 5. September 2003

Bis zur Scherzgrenze
Zehn Jahre She She Pop: Eine Spielperformance in Hamburg 
Manchmal, wenn bei einem festlichen Essen unter guten Freunden der Gesprächsstoff auszugehen droht, schlägt jemand vor, ein Spiel zu machen. Dann schreiben zwei, drei Hurra, und die übrigen fügen sich mit gequälten Lächeln in ihr Schicksal. Einfache Regeln mit grotesken Spielmöglichkeiten sind jetzt gefragt, und sobald die gefunden und erklärt sind, befindet man sich mittendrin in einer Performance der Theater-Girl-Group She She Pop. Die liebt Gesellschaftsspiele und Mitmachtheater, und zum zehnjährigen Geburtstag der Frauengang, die 1993 im einschlägigen Gießener Institut für angewandte Theaterwissenschaft gegründet wurde, feiert sie seit Karfreitag eine Serie von Party-Performances mit dem Titel „What’s Wrong?“ im Hamburger Westwerk.
Im Kern geht es bei solchen Party- und Gesellschaftsspielen – wie in den letzten Arbeiten der Gruppe überhaupt – immer um Scham und Beschämung. Wie provoziere ich andere, wie mache ich sie verlegen und bringe ihnen Niederlagen bei, ohne dass die Freundschaft daran zerbricht. Der voyeuristische Spaß an solchen Psycho-Spielen, die im Falle der Entgleisung mit der Entwürdigung des schwächsten Mitglieds enden, besteht in der Schadenfreude über fallende Masken und verlorenes Selbstbewusstsein.
Berit (Stumpf), Ilia (Papatheodorou), Johanna (Freiburg), Mieke (Matzke) und, als männlicher Widerstand, Sebastian (Bark) spielen dazu das Spiel „A bis Z“. Das Publikum – dezent ferngesteuert durch eingestreute Mitglieder des Gießener Netzwerkes – soll in der Tradition der Sportart Improvisationstheater Stichworte liefern, zu denen am Tisch zu Wackelpudding und Wein dann spontan sehr persönliche Verhöre beginnen. Wer lügt oder nicht weiter weiß, muss auf der Stelle unter dem Tisch verschwinden, bis er mit einem neuen ehrlichen und toughen Statement wieder zur Runde stößt.
Seien es die Begriffe Wal-Mart oder Rhododendron, Xanthippe oder Chemiefaser, der Weg unter die Psychologische Gürtellinie zu den tönernen Füßen Selbstbewusstseins ist stets extrem kurz. Alte Freunde kennen eben ihre empfinlichsten Stellen. Und da jeder, der unter dem Tisch war, danach ein Klebeband mit einer beschämenden Disposition offen tragen muss, treten bald Lehrbeispiele sympathischer Mangelware gegeneinander an: etwa „blond und altbacken“ gegen „teuer und gefallsüchtig“.
Doch keine Angst: She She Pop ist eine nette Gruppe. Egal ob sie ihren Spieltrieb in den letzten Jahren über Kapitalismus, Sport, Rassismus oder spezielle sexuelle Vorlieben ausbreiteten: Weh tun soll es dann doch nicht. Dank der austrainierten intellektuellen Selbstreinigungskräfte Ironie und ansteckende Albernheit bleibt selbst so eine Beschämungsrevue immer auf der Ebene des professionellen Trash-Humors, den man von dieser Generation der Gießener Schule – etwas René Pollesch oder Showcase Beat Le Mot – auch in anderen Spielarten kennt: Bunt, kalauernd, selbstbezüglich, musikalisch und darin geprägt von Soaps, Madonna und Retro-Moden.
Ganz sicher ist der Unterhaltungswert dieser Comedy für Kulturmenschen stark abhängig vom eigenen Sinn für Humor. Die Steigerung in hysterische Lachkrämpfe ließ sich hier genauso beobachten wie der Abfall in müdes Schmunzeln. Doch der gelassene Umgang mit menschlichen Konflikten, der dieser satirischen Lebenshilfe von She She Pop zugrunde liegt, ist allemal eine Alternative zum psychologischen Tamtam des bürgerlichen Großdramas – nur bitte nicht zur Nachahmung auf der nächsten langweiligen Geburtstagsparty.
Till Briegleb, Süddeutsche Zeitung, 24. April 2003

Ihr solltet euch was schämen!
Billig, peinlich, komisch: Die Hamburger Gruppe She She Pop wird 10
A – wie Achtung! She She Pop lassen die Hosen runter. „What’s Wrong“ fragen die Hamburger Performancekünstler im Westwerk und behaupten, über einfach jedes Thema reden zu können. Der ultimative Offenbarungseid. Ein Buchstabe wird zufällig ermittelt, das Publikum gibt den Begriff vor. Ob P wie Penisverlängerung, S wie Suppe oder W wie Walmart – Johanna Freiburg, Mieke Matzke, Berit Stumpf, Ilia Papatheodou und „She-Male“ Sebastian Bark diskutieren alles aus. Bei Erdnüssen, Rotwein und Videoprojektionen legen sie sich gegenseitig die Finger in die Wunden. Wer sich verweigert, muss unter den Tisch, eine Strafarbeit anfertigen. Nur nach einer öffentlichen Beichte dürfen sie wieder am Spiel teilnehmen. Die She She’s sind billig, waren Klassensprecher, können nicht kochen, sorgen fürs Alter vor und haben Probleme mit dem Haarwuchs. Die Identitäten der Akteure ergeben sich aus der Summe der Peinlichkeiten. „Du bist, wofür du dich schämst“, lautet die einmalig komische Erkenntnis. Zwischendrin wird spontan getanzt, zum Familienbild mit Hund Aufstellung genommen oder auf dem Mond gelandet. Die Show wird zum Kindergeburtstag auf Ecstasy mit Hardcore-Partyspielchen wie „Ficken nach Jerusalem“. Eine passendere Feier für das zehnjährige Bühnenjubiläum gibt es nicht. Z wie Zugabe.
Denis Krah in der Hamburger Morgenpost vom 27. April 2003

Die Welt, in der wir leben

Jede und jeder ist ja ständig dabei, sich mit sich selbst abzugleichen. Wir haben ein Auge darauf, dass wir ungefähr so bleiben, wie wir schon sind. Was uns entspricht, das pflegen und genießen wir. Alles andere versuchen wir weitgehend zu vermeiden, denn es gehört einfach nicht in unsere Welt, und deswegen dürfen wir es auch nicht tun, haben oder sein. Natürlich kommt es zu Ausrutschern und sogar Fehlern, aber auch die sind typisch für uns. Wir wollen und müssen wir selbst bleiben. Und dieses Selbst sollte bei Gelegenheit sogar noch intensiviert werden, denn – das hat sich mittlerweile herumgesprochen – es ist unser eigentliches Kapital. Aber eben nur, wenn es prägnant genug herausgearbeitet wurde. Unentfremdet und authentisch zu sein: Alle wissen, wie anstrengend das mitunter ist. Oft auch langweilig.
She She Pop laden ein zu einer Exkursion in einen anderen Kopf.
Die Welt, in der wir leben ist ein Asyl jenseits der repressiven Welt der eigenen Identität, ein Auffanglager für die Flüchtlinge aus dem Land der Ich-Konformität. Anders als in der Schönheitschirurgie oder im Massagesalon, wo man sich mit sich selbst aussöhnen soll, besteht das Angebot hier in der sozialpsychedelischen Erfahrung einer anderen Identität. Ein Blick durch andere Augen, eine fremde Scham, ein anderer Stolz und Ehrgeiz, neue Hoffnungen und Ängste, unerwartete Hingabe – nämlich die von jemand anderem.
Die BesucherInnen von Die Welt, in der wir leben begeben sich auf einen Parcours der Selbstentfremdung. Einstudiert werden sämtliche Fähigkeiten, Übersprungshandlungen und kleine Rituale sowie die heimlichen Glaubensbekenntnisse, genialen Winkelzüge und glamourösen Verblendungen, die zum Überleben in dieser Welt nützlich sind. Es handelt sich dabei um eine Welt, die sich She She Pop in jahrelanger Arbeit angeeignet haben, um sie jetzt im Detail zu vermitteln, kurz: die Welt einer Person, die wir kennen. Der Name dieser Person wird noch bekannt gegeben.

Credits

Von: She She Pop und Nir de Volff.
Mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Lisa Lucassen, Mieke Matzke und Nir de Volff.
Bühne: Malve Lippmann und SSP.
Kostüm: Pieter Bax und Lea Søvsø.
Lichtdesign: Micha Lentner-Niyorugira.
Ton: Florian Fischer.
Technische Leitung: Holger Duwe.
Produktionsleitung: Jörg Karrenbauer.
Administration: Elke Weber.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Björn Pätz.
Assistenz: Christoph Macha und Hilde Tuinstra.

Eine Produktion von She She Pop in Koproduktion mit dem HAU Berlin und Kampnagel Hamburg.

Premiere, März 2009, HAU 3
Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister Berlin – Senatskanzlei – für Kulturelle Angelegenheiten, die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und die Konzeptionsförderung des Fonds Darstellende Künste e.V. – aus Mitteln des Bundes.

Termine


Vergangene Termine:
17. – 19., 22. – 24. April 2009, Kampnagel, Hamburg
25. - 26. März 2009, HAU 3, Berlin
23. März 2009, HAU 3, Berlin

Pressestimmen

Urlaub vom unterdrückerischen Selbst
Ich bin Mieke. Du bist Mieke. Alle, alle sind wir Mieke. Zumindest eine Spielfilmlänge üben wir Zuschauer uns in das Innenleben der Kunstfigur Mieke Matzke ein, die von der realen Mieke Matzke und vier weiteren Performern im HAU 3 vor- und hergestellt wird. Wie stets beim Performancekollektiv She She Pop – diskursgestählten Absolventinnen und Absolventen des Gießener Instituts für Angewandte Theaterwissenschaft – sind die Zuschauer Versuchsteilnehmer und Mitspieler. (…) Was oder vielmehr wen haben wir bei She She Pop internalisiert? Die Mieke des Abends ist neurotisch, einsam und äußerst fragmentarisch. Sie ist ein loses Bündel von Merkmalen, eine Sammlung verträumter Verrichtungen, liebenswerter Marotten und trauriger Rituale. (…) Die letzte Gesangsnummer bringt Miekes und unser aller Misere auf den Punkt: „Wir kennen unsere Geschichten, wissen aber nicht, wie sie zusammenhängen.“ Identität braucht einen roten Faden; Mieke hingegen hat sich in ihrer Geschichte verstrickt: Sind die Bilder im Kopf nun Urlaubsfotos oder Wunschvorstellungen? (…) „Mieke“ wird für uns eine imaginäre Gefährtin, wie sie vor allem drei- bis siebenjährige Kinder entwickeln, um das Verhältnis von Selbst und Welt auszutesten.
Nachtkritik / Elena Philipp

Reise in ein fremdes Ich
Das Frauen-Kollektiv hat sich mit seinen Spiel- und Mitspiel-Shows international einen Namen gemacht und wirft einen neuen erhellenden und unterhaltsamen Blick auf „Die Welt, in der wir leben“. (…) She She Pop schleusen ihr Publikum in den Kopf von Schauspiel-Kollegin Mieke Matzke, deren Gefühlswelt sich alle Darsteller aneignen und ihrem Publikum vermitteln wollen. Wie bei ihren Inszenierungen üblich, nehmen die Zuschauer direkt am Bühnen-Geschehen teil – die Sitzreihen sind vorsorglich abgesperrt. Anfängliche Berührungsängste mit den Schauspielern erweisen sich im Laufe der Zeit aber als unbegründet. (…) Lässt man sich auf Miekes Kopfkino ein, dann sind She She Pop tatsächlich in der Lage neue und erhellende Perspektiven auf die Welt zu eröffnen. Sind erste Berührungsängste abgelegt, erwartet den Zuschauer ein lohnender Blick ins Kuriositätenkabinett der menschlichen Seele. Da darf man gespannt sei, welcher Kopf als nächstes dran ist.
Hamburger Abendblatt, Tom Vörös, 21. April 2009

She She Pop gehört zu den innovativsten Berliner Theaterkollektiven
So radikal aufgehoben war die theatertypische Trennung zwischen Akteuren und Publikum noch nie. Keine rettende Bestuhlung mehr, nur noch Spielfläche zwischen lichten Zelten und Pappkartons. Darin fordern She She Pop gemeinsam mit dem israelischen Performancekünstler Nir de Volff zum Maskenball auf. (…)Das Schlüpfen in eine andere Identität (funktioniert) erstaunlich reibungs- und rührungslos. Nur gelegentlich blitzt Ich-Irritation oder ein eigentümliches Gefühl der Einheit mit dem fremden Innenleben der Mieke Matzke auf.
Inforadio Kultur, Ute Büsing, 24. März 2009

Ob das Experiment gelingt, hängt letztlich vom Zuschauer ab.
Die freundlich bestimmte Aufforderung zum neuen Gesicht lässt mir keine Wahl. Gehorsam gehe ich in die Hocke, und male meine neue Identität auf eine Pappmaske nach der gleichen Schablone wie meine Nachbarn links und rechts. Die fremden Augen gehören Mieke Matzke, einem Ensemblemitglied von She She Pop. (…) Die Bühne wird zum Rollenspielfeld. In Kleingruppen aufgeteilt brechen wir auf zur Reise in Miekes Innenwelt. (…) Die Arbeiten von She She Pop sind Versuchsanordnungen mit offenem Ausgang. Ob das Experiment gelingt, hängt letztlich vom Zuschauer ab.
Deutschlandfunk, Gerd Brendel, 23.3.2009

Heimatmuseum

In einer Kleingartenkolonie im Festspielhaus Hellerau stellt She She Pop an vier Abenden mit dem Publikum Heimat her. Es wird gebacken, es werden Handarbeiten angefertigt und später werden alle, die jemals dort gewesen sind, sich ihr Leben lang an diesen Ort zurücksehnen.
Grenzgebiet Heimat. Festspielhaus Hellerau am Samstag den 26.05.2007. Ein Kunst-Sparten-Camp zum Thema Heimat. Unter dem Motto „GRENZGEBIET HEIMAT“ veranstaltet das Europäische Zentrum der Künste Hellerau ein „Kunst- Sparten-Camp zum Thema Heimat“, das vom 24.-27.5.2007 die wichtigsten deutschen Performancekünstler zu einem Großspektakel im Festspielhaus Hellerau zusammenbringt. Am Pfingstwochenende wird der einzigartige, um 1910 von Adolphe Appia entworfene große Saal des Festspielhauses Hellerau zur Kleingartensiedlung: In sieben 7×7 m großen Kleingarten-Parzellen, ausgestattet mit Vorgarten, Zaun und Gartenlaube, sind bereits seit Anfang Mai sieben Künstler/Künstlergruppen dabei, das Thema „Heimat“ zu reflektieren. Das Ergebnis wird am Pfingstwochenende präsentiert: An vier Tagen kann man durch diese „Großperformance“ wandeln und in den verschiedenen Gärten und Häusern verweilen.

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Sebastian Bark, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou.
Projektleitung: Claudia Plöchinger.
Außer She She Pop sind dabei: Hofmann & Lindholm, die Berliner Künstlergruppe Claudia Basrawi, Mario Mentrup, Branca Prlic, Tamer Yigit, Gina D’Orio, Carsten Ludwig & Ulrike Gärtner, Otmar Wagner, Adam Page & Eva Hertzsch, Hans-Werner Kroesinger

Heimatmuseum ist Teil von „Grenzgebiet Heimat – ein Kunst-Sparten-Camp“, kuratiert von norton.commander.productions.

Premiere, Mai 2007, Festspielhaus, Hellerau, Dresden
Eine Veranstaltung des Europäischen Zentrums der Künste Hellerau, gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.

Termine


Vergangene Termine:
24. May 2007, Festspielhaus, Dresden

Familienalbum

In ihrem neuen Projekt werden sich She She Pop endlich mit dem monströsen Thema Familie konfrontieren. Lebensentwurf und Erblast, Klotz am Bein und letzte Bastion gegen die neoliberale Einsamkeit – die Familie ist etwas, woraus wir uns ständig befreien müssen, um gleich wieder danach zu suchen. Das Medium, in dem die Kleinfamilie ebenso dreist wie erfolgreich und unablässig für sich wirbt, ist das gemeine Gruppenfoto. Furchtlos schlagen die PerformerInnen das persönliche wie kulturgeschichtliche Familienalbum auf und stellen fest: Die Bilder lügen nicht! Sie stellen uns bloß. Und graben sich dabei in unsere innersten Bildarchive über die Welt und wie sie funktioniert. Als AutorInnen, FotografInnen und Familienmitglieder wollen sich She She Pop dagegen ästhetisch zur Wehr setzen, das Szenario neu beschreiben und alles, was war, leugnen.
Die ZuschauerInnen werden zu einer großen Familienzusammenkunft geladen, auf der Fotos gemacht, Fotos gezeigt, Fotos interpretiert werden. Alle anwesenden und abgebildeten Personen gehören zusammen zu der familiären Zwangsgemeinschaft dieses Abends. Alle erkennen sich im Gruppenbild wieder, stellen überraschende Ähnlichkeiten fest und glauben das, was die Bilder erzählen. Eingelullt und verführt werden sie dabei von den süßen Klängen einer fast vergessenen Hausmusik, an deren Text man sich entfernt erinnert, deren Worte einem immer schon auf der Zunge liegen. Familienalbum ist eine Mischung aus Familienfeier und performativer Foto-Session, ein hoffnungsfroher Abgesang auf die neurotische Brutstätte unserer Gesellschaft.

Credits

Konzept: She She Pop
Mit: Sebastian Bark, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Ilia Papatheodorou, Berit Stumpf
Produktionsleitung:
 Elke Weber
Produktionsassistenz:
 Sarah Bonnert
Technik:
 Sebastian Rietz
Musik:
 Vicki Schmatolla und SSP
Video:
 Bianca Schemel und SSP
Choreografische Beratung: Nir de Volff

Eine Koproduktion mit dem Hebbel am Ufer, Berlin und dem FFT Düsseldorf.

Premiere, März 2008, HAU 2, Berlin
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
Juni 2008, FFT, Düsseldorf
März 2008, HAU 2, Berlin
8. März 2008, HAU 2, Berlin

Für alle

Diese Performance will glücklich machen. Um dem Zusammenhang zwischen individuellem Glücksempfinden und konkreter Verteilungsgerechtigkeit auf den Grund zu gehen, entsteht auf der Bühne ein Spielcasino mit eigenen Regeln. Darin begeben sich She She Pop auf eine Glücksuche. Es geht um nichts Geringeres als die Ideale von Gerechtigkeit und Glück entgegen der ultra-fatalistischen Logik des Spiels zu verwirklichen und ein System zur Glücksproduktion für alle zu errichten. Diesem Selbstversuch setzen sich vier mutige, aber auch selbstsüchtige und egoistische Performerinnen aus.
Als halbnackte, spielsüchtige Animierdamen treten She She Pop Abend für Abend vor Gott, ihren Croupier, und verwickeln sich und das Publikum in einen Kampf um reelle und immaterielle Werte, die es an „Gottes Tombola“ zu gewinnen gibt. Im Besitz dieser Spielbank befinden sich Kontostände, Talente und Güter, Eigenschaften und Schicksalsschläge. Hier gibt es technische Geräte, Rentenversicherungen, Berufe, Krankheiten, Vasen, Schuldscheine, Familienangehörige und Grips zu verteilen. Über jeden Abend entscheiden die Würfel, an jedem Abend werden die Glücksfeen aus dem Publikum neu zugeteilt. Niemand kann sich seines Blatts sicher sein. Ausgestattet mit dem Gewinn, der ihr Bühnen-Los bestimmt, treten die Performerinnen an, das Schicksal, das sie getroffen hat, nun zu meistern. Es gilt zu leben: Sich als funktionierendes Individuum zu beschreiben, eine kohärenten Lebensentwurf zu gestalten, zu leiden, mit dem Schicksal zu hadern, gegen die anderen Kandidatinnen zu spielen, Gott herauszufordern.
Kann ein Ausgleich erzielt werden? Wie kann Respekt gezollt, wie können Gefühle aufgewogen und Verluste vergolten werden? Wie bewerten wir Herkunft, Emotionen, Schulden? Die ZuschauerInnen sind mal schadenfreudige ZeugInnen des Spiels und aufgewiegeltes Show-Publikum, mal assistieren sie den Spielerinnen als Glücksfeen. Und in letzter Instanz sitzen sie als Gerechte zur Seite Gottes, wenn sich seine Weisheit erschöpft, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen.

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Katharina Oberlik, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf.
Bühne: SSP und Holger Duwe.
Kostüm: SSP und Ulrike Willberg.
Sounddesign: Jeff McGrory und Max Knoth.
Lichtdesign: Micha Lentner-Niyorugira.
Choreographische Beratung: Kerlin Leao Da Silva.
Produktionsleitung: Kaja Jakstat.

Eine Koproduktion mit dem Hebbel am Ufer Berlin und Kampnagel Hamburg.

Premiere: 24. März 2006, Hebbel am Ufer, Berlin
Gefördert durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin und die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg.

Termine


Vergangene Termine:
Januar 2008, Deutsches Schauspielhaus, Malersaal, Hamburg
November 2007, Tafelhalle, Nürnberg
November 2006, Theaterhaus, Jena
September 2006, Tanzquartier, Wien
September 2006, zeitraum Exit, Mannheim
April 2006, Kampnagel, Hamburg
März 2006, HAU 2, Berlin
24. März 2006, HAU 2, Berlin

Pressestimmen

Das ironische Unterhaltungstheater von She She Pop duldet keine Flucht in Illusionen. Vielmehr lassen die gewieften Performerinnen, mehr oder weniger immer sie selber, die Glücksklischees und Wunschwelten mit den Widerständen in der Wirklichkeit kollidieren und im mehr oder weniger pointierten Improvisations-Feuerwerk genüsslich zerplatzen.
Klaus Witzeling, Hamburger Abendblatt, 15. April 2006

Eine verrückte Show, die über 90 Minuten ständig witziger wird.
Dagmar Fischer, Hamburger Morgenpost, 15. April 2006

Zufall oder Leben
She She Pop spielten in der Kampnagel-Fabrik mit dem Glück.
Haben sie nicht recht, die Damen vom Performance-Kollektiv She She Pop? Das Leben ist ungerecht und Gott macht es sich wahrlich leicht auf Erden. Spielt ein bisschen Losbude, an der sich vier Frauen – allesamt in die gleiche triste Miederwaren-Grundausstattung gepresst – für ein farbenfrohes Leben präparieren lassen. Je nach Losglück mehr oder minder behangen und beschnallt mit allerlei Utensilien, die für die ergatterten Talente, Besitztümer und Berufsstände, privates Glück oder Belastung stehen, machen sie sich auf. (…)
So einfach beginnt in der Hamburger Kampnagel-Fabrik ein heiter-bissiger Diskurs über die gar nicht einfachen Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten des Lebens, das Glück, das manche haben und andere nicht, und ob sich der Zufall nicht besser verteilen ließe. Das Leben ein Game-Show, in der Gott den Spielmacher gibt und die Probanden mit mitleidlos sezierendem Forscherblick begutachtet. Ganz schön zynisch, und damit vielleicht geradeso, wie das Leben eben spielt. She She Pop richten dem Zufall in der Kampnagel-Fabrik nur seine Form ein. (…)
Das ist erschreckend, vergnüglich und ungemein spannend. Weil She She Pop ihr Spiel gnadenlos spielen, nicht alle guten Gaben jeder gleich gut tun uns so auch der Identifikationsfaktor fortwährend schwankt. Fernsehleicht befeuert wird das Ganze von groovigem Funk, gebrochen von mattleuchtender Post-NDW-Melancholie und trashig-sinnigem Kasperletheater-Zubehör aus der Bastelstunde von She She Pop. Das Publikum, locker um den Laufsteg verteilt, spielt dazu die entscheidende Nebenrolle: Zunächst beim Auslosen, später als Gott ihm hemmungslos die Rolle des Verteilers zuschiebt („Na los: Wem könnte dieses Suchtproblem wohl gefallen…“) – und weil es mit voyeuristischer Neugier verfolgt, wie sich die Vier mit ihrer jeweiligen Ausstattung schlagen. Und jeden Abend wird neu gemischt… 
Ruth Bender, Kieler Nachrichten, 18. April 2006

Das Leben ist ein Roulette-Spiel
WUNDER DER PRÄRIE: She She Pop spielen in der alten Feuerwache ein Stück „Für alle“.
Schon Aristoteles wusste, alle Menschen wollen glücklich sein. Die Giessener Performance-Gruppe She She Pop beweist mit ihrer lustig-schrägen Theater-Show „Für alle“, was viele schon lange vermuten: Das ganze Leben ist ein Spiel, und wir sind nur die Kandidaten.
Showmaster dieses Glücksspiels ist der charmante liebe Gott in weißem Tutu, gespielt von der erfrischend spontanen Ilia Papatheodorou, der zwar das ganze Glück in Händen hält, aber wie der Croupier im Casino keinerlei Einfluss auf die gerechte Verteilung hat. Und so müssen die vier hoffnungsvollen Kandidatinnen um ein glückerfülltes Leben buhlen, kämpfen und zocken, damit sie bei der Verteilung von Besitz, beruf/Berufung und Talent keine Niete ziehen. Noch ganz unbeschrieben und erlebnishungrig stehen sie zu Beginn des Stücks auf der Bühne und wispern fast schüchtern ihre großen Pläne und Träume vor sich hin. Da ist nichts Prätentiöses dabei, sie wünschen sich schlicht das, was jeder gerne hätte. Doch schnell stellt sich heraus, des einen Freud ist des anderen Leid. Die schöne Gabe der Nonchalance hilft im Leben wenig, wenn man arbeitslos und einsam ist, und nicht jeder hegt den Wunsch, ein Buch zu schreiben. Aber zum Glück bleibt im Leben nichts, wie es mal war, denn Ziel des poppig-bunten Treibens auf der Showbühne ist, dass am Ende wirklich jeder glücklich wird.
Der soziale Ansatz beschert damit auch dem Publikum einen facettenreichen Abend, da inmitten der ironischen Performance noch Raum bleibt für die leisen Töne. Wenn die Kandidatinnen allesamt über die Fallstricke des Lebens stolpern und dabei trotzdem tapfer auf die Frage nach ihrem momentanen Glücksbefinden mit „ganz gut“ antworten, umspielt die Gesichter der Zuschauer nur mehr ein bittersüßes Lächeln. Und just in dem Moment, in dem man gerne selbst eingreifen würde, erhält man die Chance, einer er „Gerechten“ zu werden.
Die fünf der eigentlich sieben She Shes beweisen mit diesem Stück ein komisches Fingerspitzengefühl für die Grauabstufungen des Lebens, denn zwischen Glück und Unglück liegt oft nur ein schmaler Grat. Faites vos jeux – nichts geht mehr!
Nora Binder, Mannheimer Morgen 9. Sept. 2006

Peer Gynt – 3 Sennerinnen

She She Pop inszenieren im Auftrag von Susanne Truckenbrodt die „Sennerinnen“ als Date in einem kunstvoll bestückten, dreiteiligen Video-Separée, in dem ein Zuschauer stellvertretend für Peer Gynt von den Performerinnen durch eine selbstgewählte, erotische Fantasie geführt wird.
Peer Gynt. Revue in 35 Folgen nach Henrik Ibsen Peer Gynts Leben ist eine moderne Odyssee. Der Kopfarbeiter erobert die Welt, maßt an, setzt alles auf eine Karte; das Scheitern ist Chance, die Sterblichkeit verhandelbar. Er ist Künstler und Unternehmer, erfindet sich Identitäten und schlägt daraus Kapital. Seine Vielschichtigkeit ist Ausgangspunkt für ein künstlerisches Experiment: 13 Regisseure und Choreografen entwerfen ihm inkohärente Welten, besetzen Ibsens Stationendrama mit unterschiedlichen Handschriften und Sichtweisen. Schauspiel, Tanz, Musik, Film, Performance, Entertainment ergänzen oder löschen sich aus. Die Zwiebel des flexiblen Menschen wird kollektiv enthäutet und der Abfall nach Träumen untersucht. Resultat: eine kritische Revue des 21. Jahrhunderts – ein Gynt’scher Traum und Größenwahn.

Credits

Konzept: She She Pop.
Von und Mit: She She Pop.
Mit: Dirk Cieslak (Lubricat), Martin Clausen (Two Fish), Jo Fabian, Albrecht Hirche, Tilmann Köhler, Arthur Kuggeleyn, Hans-Werner Kroesinger, Annett Kruschke, Constanza Macras (Dorky Park), David Marton, René Pollesch, Theater o.N. (zinnober).

Premiere, Juni 2006, Sophiensäle, Berlin

Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.

Termine


Vergangene Termine:
22. Juni 2006, Sophiensäle, Berlin

Lagerfeuer

Eine utopische Zwangsgemeinschaft mit She She Pop

Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
Foto: Elvira Klamminger
She She Pop und das Publikum begeben sich mitten in der Stadt ins Exil. Durch eine Hintertür verlassen alle ihre Zimmer, Wohnungen, Häuser, Kommunikationsnetze, Kanalisationen, Verträge, Verkehrswege, Länder, multilaterale Abkommen und private Verabredungen und treffen sich in einem zeitlosen Szenario, dem Lagerfeuer. Von hier aus wird die Stadt zur romatischen und bedrohlichen Kulisse für die Gründungsszene einer beispielhaften utopischen Gemeinschaft: Im Verlauf dieses Abends wird sich – wenn alles gutgeht – die zufällige Ansammlung von ZuschauerInnen und PerformerInnen mit einer kollektiven Vision von Zukunft und Verantwortung identifizieren und einen berauschenden Moment von gemeinschaftlichem Aufbruch erleben. Aber was könnte man zusammen vorhaben? Wie lautet die Parole, zu der alle aufstehen? Welches politische Lied, welche Utopie verträgt sich noch mit unserer notorischen Ironie? Alle Vorbehalte vor suggestiven, ideologischen Gemeinschaften – und ebenso die Sehnsucht danach – sind in der zwielichtigen Atmosphäre mit Händen zu greifen. Das Lagerfeuer von She She Pop ist eine paradoxe Inszenierung, in der wir unseren Glauben zurückgewinnen und die verlorene Unschuld wiederhergestellt wird. Mit pathetischen Ansprachen, szenischen Versuchsanordnungen, musikalischen Showeinlagen und einer neuen Strategie des kollektiven Visionierens begeben sich die PerformerInnen von She She Pop auf die Suche nach dem zündenden Motiv.
Eine politische Séance im Halbdunkel.

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Sebastian Bark, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Katharina Oberlik, Ilia Papatheodorou, featuring Bettina Grahs.
Sound Design: Max Knoth.
Sound Assistenz: Daniel Proßegger.
Bühne: She She Pop und Holger Duwe.
Lichtdesign: Micha Lentner-Niyorugira.
Produktionsleitung: Steffi Müller.
Produktionsassistenz: Eva von Redecker

Ein Auftragswerk für den Steirischen Herbst 2005 in Koproduktion mit She She Pop.

Premiere: 1. Oktober 2005, Steirischer Herbst, Dom im Berg, Graz, Österreich

Unterstützt durch den Fonds Darstellende Künste e.V., das Theaterhaus Jena und das FFT Düsseldorf.

Termine


Vergangene Termine:
November 2005, Festival Politik im Freien Theater, Berlin
Oktober 2005, Steirischer Herbst, Graz, Österreich
Juni 2005, Theaterhaus, Jena
1. Oktober 2005, Steirischer Herbst, Graz, Österreich

Pressestimmen

Im steirischen herbst 2005 kehrte die szenische Kunst zurück zu den Rahmenbedingungen der Freien Szene. Dem trug das dramaturgisch der „Stadt“ gewidmete Programm dann auch ästhetisch Rechnung. (…) Weit prominenter der Ort, an dem die Giessener Performancegruppe She She Pop zum Träumen einlud: Im Inneren des zentralen Schlossbergs wurde „Lagerfeuer“ gespielt: eine Feuerstätte mit Gasflamme, Knistern im Kopfhörer, Wolldecken und Westerngitarren. Gleich zu Beginn machte ein Medley sämtlicher Lagerfeuerhits klar, was das Publikum erwartete: trockener Unernst (nicht zu verwechseln mit Ironie) und charmante Anarcho-Nostalgie. She She Pop interpretieren Performance gelassen als absurden Diskurs-Workshop.
Publikumsanimationen und verbale Improvisationen zum Thema Stadtvision (…) wechselten sich mit paradoxen Interventionen ab (…). Das überraschte Publikum glänzte durch teils ernsthafte Beteiligung an der Vision.
Hermann Götz, Theater der Zeit, Dezember 2005

Warum tanzt ihr nicht?

Foto: Stefan Malzkorn
Foto: Stefan Malzkorn

Der Theaterraum ist ein Ballsaal – ein Ort großer Verheißungen, heimlicher Wünsche und verborgener Pläne. Die Performer*innen entfalten im Verlauf des Abends ihre eigenen Phantasien von einer gelungenen Ballnacht, in die sie das Publikum immer wieder verwickeln. Die Zuschauer*innen wechseln frei zwischen zwei Räumen: der Tanzfläche im Saal und einer Video-Lounge, in die intime Geständnisse und Einsichten der Performer*innen live übertragen werden.

Credits

Konzept: She She Pop.
Von und mit: Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Katharina Oberlik, Ilia Papathodorou und Berit Stumpf.

Lichtdesign: Micha Lentner-Niyorugira und Oliver Petrowitsch.
Ton: Lars-Egge Müggenburg.
Bühne: SSP und Holger Duwe.
Assistenz: Kaja Jakstat.
Choreografische Beratung: Johnny Lloyd

Eine Koproduktion mit Kampnagel Hamburg und dem Hebbel am Ufer Berlin.

Uraufführung: 14. Januar 2004Kampnagel Hamburg
Gefördert durch die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und den Fonds Darstellende Künste e.V.  

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
4., 5. Juli 2008, Festival Baltoscandal, Rakvere, Estland
April 2008, Kulturforum, Fürth
Dezember 2006, Kampnagel, Hamburg
November 2006, Kampnagel, Hamburg
September 2006, Mousonturm, Frankfurt/Main
23. Februar 2006, Tanzplattform, Stuttgart
1.-3. Dezember 2005, Theaterfestival Spielart, München
Mai 2005, Staatstheater Oldenburg, Oldenburg
7., 8. April 2005, Kanonhallen, Kopenhagen, Dänemark
November 2004, FFT, Düsseldorf
September 2004, Tanzquartier, Wien, Österreich
26., 27. Juni 2004, d.a.m.p.f. Festival für Tanz, Medien und Performance, Köln
6.-8. Februar 2004, HAU, Berlin
14. Januar 2004, Kampnagel, Hamburg

Pressestimmen

Witzig, peinlich, reich an Gefühlen und ein voller Erfolg beim Publikum. 
Hamburger Morgenpost, 16. Januar 2004

„Warum tanzt ihr nicht?“ ist eine wunderbare Arbeit, die unter anderem so gut funktioniert, weil sie immer an der Grenze zwischen Performance-Ebene und sozialem Ereignis oszilliert, (…)
Daniel Schreiber, Theater der Zeit, März 2004

Wann hat man zuletzt eine so traurige und doch würdevolle Nackte gesehen? Quer über die füllige Körperblässe die Schärpe der Ballkönigin, lächelt sie ein trauriges Clowns-Lächeln. Das Licht geht aus. Niemand sieht den letzten Tanz zum Song von Tracy Chapman. Aber alle machen mit. 
taz Niedersachsen 28. Mai 2005

‚Dreams are my reality‘ verkündet die Schärpe einer üppigen Brünetten im Wurstpellenkleid, die am Ende den anrührendsten (Seelen-)Striptease des Jahrhunderts hinlegen wird, (…) Ganz gleich, ob man mutig mitgetanzt oder sich in den hinteren Reihen der Tribüne verschanzt hat, so ganz ohne seelische Erschütterungen wird diesen gefühlsschwangeren Abend kaum einer verlassen haben.
Sylvia Stammen, Süddeutsche Zeitung, 3. Dezember 2005

Leicht verspätet aus der Reihe getanzt. 
She She Pop mit einem neuen Programm in der Hamburger Kampnagelfabrik.

Under Pressure. Die rote Paillettenschrift auf Berit Stumpfs schlangenhaft enger Glitzerrobe trifft genau die Gefühle im Tanzsaal. Egal, ob auf sicherer Distanz zum Parkett oder ganz nah dran auf den Stühlen: Jeder Besucher fühlt sich irgendwie unter Druck gesetzt. Er weiß sich taxiert vom Gegenüber und zu eigenen Entscheidungen aufgefordert. Anstatt sich wie gewöhnlich als zahlender Konsument im sicheren Dunkel mit Unterhaltung bedienen zu lassen, steht er selber im Licht und ist verantwortlich für sein Vergnügen. Das ist Programm bei She She Pop, der renitenten, nicht mehr ganz so jungen, dafür umso erfolgreicheren Girl Group des Poptheaters.
Ihre neue interaktive Show Warum tanzt ihr nicht? in der Hamburger Kampnagelfabrik könnte für die eine oder den anderen vielleicht doch die alles entscheidende Ballnacht werden. Oder eben nur wieder eine Enttäuschung. Garantiert sind aber zwei Stunden Theateramüsement, (…)
Die sieben Damen und der eine Herr mit vorhanglangem Gigolo-Wimpernschlag geben sich alle Mühe, ihre Gäste behutsam doch beharrlich in Schwung zu bringen. Sie fungieren als Animateure und DJs, ergreifen die Initiative und spielen unter den bunt aufleuchtenden Japanbällen im Ballsaal den Ball wieder zurück ans Publikum.
Das ist nicht leicht abzuholen: Denn Paartanzen ist nicht unbedingt Sache der Club-Jugend. Sie produziert sich lieber solo auf dem Dancefloor. Doch She She Pop gibt nicht klein bei, besteht auf Kommunikation und verwehrt die Flucht ins autistische Techno-Gehampel. Stattdessen Schmuse-Musik oder heißer Mambo zur mehr oder weniger engen Kontaktaufnahme zwischen Fremden. Die Spieler versuchen zu zündeln, zu kuppeln und scheuen sich auch nicht davor, schamlos auszusprechen oder offen zu legen, was in manchem Zuschauer heimlich vorgehen mag. Drastik, Radikalität und ironische Rede sind eigentlich die Stärke von She She Pop. In dieser Show sind sie mehr auf mitreißend expressive und verführerische Körpersprache angewiesen. (…)
Klaus Witzeling, Kieler Nachrichten, 20. Januar 2004

Die Summe aller Tanzveranstaltungen
Kampnagel/Hebbel am Ufer: „Warum tanzt ihr nicht?“ von und mit She She Pop.
(…) Die Performerinnen präsentieren für alle Facetten des Tanzballs ebenso präzise wie amüsante Texteinlagen, sie singen Liebeslieder-Karaoke, entledigen sich ihrer Kleider, suchen sich immer wieder Mittänzer im Publikum – und agieren ihren grandiosen Sinn fürs Absurd-Komische aus. Da gibt es zum Beispiel eine Rückzugsraum für diejenigen, denen es notfalls einfach zuviel wird. Auf dessen Tür steht in großen Buchstaben „privat“. Das Geschehen, so wird erklärt, könne man übrigens auf der Videoleinwand im Foyer mitverfolgen. (…) Während des ganzen Abends schon verschwinden die Performerinnen nach und nach in das Privat-Räumchen. Die heimlichen Fantasien und die intimen Katastrophen ihrer Figuren werden hier virtuos auf die Spitze getrieben und mit noch offensiverem Humor ausgespielt. (…)
„Warum tanzt ihr nicht?“ ist eine wunderbare Arbeit, die unter anderem so gut funktioniert, weil sie immer an der Grenze zwischen Performance-Ebene und sozialem Ereignis oszilliert, aber niemals zur gemeinsamen Gesellschaftstanzaktion kippt. She She Pop entwirft kein Mitmachtheater, sondern ein charmantes, hochkomisches und intelligentes Arrangement von in unserem Imaginären latenten Ereignispartituren. Geradezu verblüffend ist, wie die versteckte Psychosoziologie von Tanzstunden, Abschlussbällen und anderen Tanzveranstaltungen ausbuchstabiert wird. Die Performerinnen schaffen es, all jene Peinlichkeiten und Sehnsüchte zu evozieren, die solche Events in unserer Jugend mit sich brachten. (…)
Daniel Schreiber, TdZ, März 2004

Homestory

In Bert Neumanns „Wohnfront“ im Prater der Volksbühne (7 Zimmer, Küche, Bad) erkundet She She Pop Wohn- und Wahnwelten des privaten Zuhauses: 6 einsame Frauen und ein Mann auf der Suche nach seiner Katze loten die Möglichkeiten zwischen dem Aufgehen in der eigenen Wohnung als Möbelstück und glamouröser, aber einsamer Selbstinszenierung aus. Zeige mir, wie du wohnst, und ich sage dir, wer du bist!  

Credits

Konzept: She She Pop.
Von und mit: Berit Stumpf, Fanni Halmburger, Johanna Freiburg, Katharina Oberlik, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou, Sebastian Bark.
Raum: Bert Neumann.

Uraufführung: 28. März 2002, Prater, Volksbühne Berlin

Eine Produktion der Volksbühne, Berlin (Prater).                  

Termine


Vergangene Termine:
März-Juli 2002, Prater, Berlin

Bad

She She Pop holen den sadomasochistischen Pakt auf die Bühne und erproben seine Möglichkeiten für den Theaterraum. Die Bühne ist großer einreihiger Stuhlkreis im Dämmerlicht, eine Manege des Voyeurismus. Und aus der Mitte des Kreises nähern sich Gestalten aus skurrilen Angst- und Lustfantasien und verwickeln die ZuschauerInnen in brisante wie komische Verhandlungen über Macht und Ohnmacht, Selbstermächtigung und Unterwerfung.  

Credits

Konzept: She She Pop.
Mit: Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Katharina Oberlik, Ilia Papatheodorou, Berit Stumpf und Sebastian Bark.
Lichtdesign: Marek Lamprecht und Micha Lentner-Niyorugira.
Ton: Lars-Egge Müggenburg.

Premiere: 31. Januar 2002, Kampnagel, Hamburg

Eine Koproduktion mit Kampnagel Hamburg, dem Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt/Main und dem Podewil Berlin.
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.

Trailer

Termine


Vergangene Termine:
22.-27. November 2004, Kaaitheater, Brüssel, Belgien
15.-17. April 2004, Tanzquartier, Wien, Österreich
2.-4. Juli 2003, Theaterhaus Gessnerallee, Zürich, Schweiz
2.-14. und 19.-21. September 2002, Podewil, Berlin
14.-16. Februar 2002, Mousonturm, Frankfurt/Main
31. Januar 2002, Kampnagel, Hamburg

Pressestimmen

’Bad’ sind diese Girls. Von Anfang an verkehren sie die Rollen, wirbeln Zuschauererwartungen und Theatergewohnheiten durcheinander. Nicht wer nackt ist, entblößt sich hier. (…) She She Pop spielen gekonnt mit Tabus und Ängsten. Ein großer Spaß, aber auch große Qualen für den Zuschauer, der seine Grenzen selbst ausloten muss. Wenn sich beim Flaschendrehen der Hals auf deine Richtung eintrudelt, bist du dran. Jetzt.
Karin Liebe, taz Hamburg, 2./3. Februar 2002

She She Pop erprobt viele Grenzen, auch die zwischen dem alten, plumpen Mitmachtheater und der Variante, die den Besucher tatsächlich als Akteur einbindet oder vielmehr ihm die Chance bietet, sich selbst zu testen. (…) Die bad girls von She She Pop (…) wissen einfach, wo der Spaß aufhört und die eigentliche Kunst der Verunsicherung anfängt.
Jutta Baier, Frankfurter Rundschau, 16. Februar 2002

Frauen, die sich trauen – Das Performance-Quintett She She Pop auf Kampnagel
Sie wollten einmal fabelhaft böse Mädchen sein und laden die Zuschauer ein, an ihren Horror-Vorstellungen Erotik-Fantasien teilzunehmen: Zum Beispiel sturzbetrunken mit runtergelassener Hose in der Menge dazustehn oder sich an Dauerorgasmen zu erfreuen. Das radikale Damen-Quintett „She She Pop“ schont in der neuen Produktion „Bad“ auf Kampnagel weder sich noch die Besucher beim Austesten von (Scham-) Grenzen.
Wer nur unterhalten werden will und Live-Art-Shows besucht, ist selber schuld. Hier wird die Kunst zu Leben. Grenzen zwischen Performern und Publikum sind aufgehoben. Beide sind Handelnde im interaktiven, trotz vorgegebener szenischer Strukturen offen gehaltenen Spielprozess. Er ereignet sich am jeweiligen Abend nur einmal so. Unwiederholbar. Im wahrsten Sinn des Wortes: das einmalige Erlebnis, auf das alle scharf sind und vor dem sie doch Muffensausen haben. Beruhigend ist: Im gruppendynamischen Sitzkreis gilt der Pakt: „Alles, was mit uns passiert, ist in Ordnung.“
Außerdem verschiebt sich die Situation durch den Kunstkontext, unterscheidet sich vom Besuch eines Tabledance-Schuppens. Der Zuschauer sieht plötzlich sich selber zu – wie die Schauspieler. Er steht – richtiger: sitzt mehr oder minder entspannt – in und außerhalb der Situation. Blick, Reaktion und Denken öffnen sich in „Bad“ beim Wechselspiel von verbaler oder körperlicher Erniedrigung und Preisgabe. Indem „She She Pop“ sich riskant und mutig Freiheiten nehmen, zersetzen sie nicht ohne Humor, Selbstironie und Zynismus (Schönheits-) Klischees und sexuelle Macht-Mechanismen und finden – nicht nur für sich – zu einer Art Befreiung.
Klaus Witzeling, Hamburger Abendblatt 2./3.2.2002

Vom festen Vorsatz, eine Veränderung erleben zu wollen
(…) Bei She She Pop kann sich das Publikum nicht zurücklehnen, es ist immer involviert. Die fünf Frauen absolvieren eine Live-Art-Show, die sich gewaschen hat. In ihrer eigens für das Kampnagel-Festival „Zeig mir dein Fleisch!“ produzierten Show „Bad“ ziehen sie alle Register ihrer Kunst. Mit umwerfender Spiellust inszenieren sie ein witziges Panorama weiblicher Boshaftigkeit und Schamlosigkeit im Zeichen sexueller Befreiung. In dauerndem Körper- und Seelenstriptease geben sie alles. (…) Auf der Grenze von Spiel und Authentizität tobend, die eigenen Schamgrenzen und die des Publikums überschreitend, reiht sich eine Provokation an die nächste. Die Performerinnen jonglieren mit Versatzstücken der Sex-Industrie, mit Porno-Formaten aus dem Fernsehen und der allgemeinen Enttabuisierung. Bei She She Pop ist alles möglich.
Die Welt, 2. Februar 2002

1/10 Reigen

Am Deutschen Schauspielhaus Hamburg inszenieren 10 RegisseurInnen je eine Szene von Arthur Schnitzlers Reigen. She She Pop und Showcase Beat Le Mot zeigen die dritte Szene als einen die Wahrnehmung herausfordernden Videotrick mit lebenden Figuren über Wahrhaftigkeit und spielerische Intuition in der Liebe.

Credits

Von und mit C. Jansen, L. Lucassen, I. Papatheodorou, K. Oberlik von She She Pop sowie Nikola Duric‘, Thorsten Eibeler, Dariusz Kostyra und Veit Sprenger von Showcase Beat le Mot.

Premiere: Februar 2001, Deutsches Schauspielhaus Hamburg. Eine Produktion des Deutschen Schauspielhaus Hamburg.

Termine


Vergangene Termine:
Februar 2001, Deutsches Schauspielhaus, Hamburg

Abenteuer Schwingung Hörspiel

Hörspiel in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Musiker Felix Kubin. She She Pop und Felix Kubin präsentieren ein Kuriositätenkabinett des Übersinnlichen.

Abenteuer Schwingung“ ist – auch – eine Informations- und Bildungssendung zu Themen von Metaphysik bis Parapsychologie. Da das Medium Radio selbst durch Schwingungen in die Haushalte kommt, ist es prädestiniert, sich mit Phänomenen wie Hypnose, Hervorbringungen des Unbewussten und anderen feinstofflichen Energien zu befassen. Durch die Sendung führt eine Moderatorin, die mit ExpertInnen aus Biochemie, Ingenieurwesen, Populärwissenschaft, Psychologie und abstruser Strahlenforschung diskutiert und waghalsige Experimente durchführt. Sie alle machen erstaunliche Erfahrungen.

Credits

Von: She She Pop und Felix Kubin
Regie und Musik: die AutorInnen
Mit: Johanna Freiburg, Claudia Jansen, Felix Kubin, Elisabeth Lucassen, Katharina Oberlik und Berit Stumpf
Ton und Technik: Andreas Narr und Sabine Winkler
Produktion: DLR Berlin 2000
Länge: 54’22
Hörspiel-Premiere: 9.10.2000

Eine Hörspielproduktion von DeutschlandRadio Berlin.

Termine


Vergangene Termine:
31. Januar 2024, Deutschlandfunk Kultur, Berlin
Oktober 2000, DeutschlandRadio, Berlin

Feld der Verklärung

Ortsspezifische Performance für das Gießener Festival Zeitenwende, bei dem die Nacht zum Tag gemacht wurde. Auf einem freien Feld mitten in der Stadt hält She She Pop einen nächtlichen Traum-Kongress ab mit Texten von Nerval, Hobson und William Boyd. Die kühle Analytik der Schlafforschung trifft auf dem Feld der Verklärung auf die poetisch verklärte Ergründung traumhafter Zustände.

Credits

Von und mit J. Freiburg, C. Jansen, L. Lucassen, K. Oberlik, I. Papatheordorou.
Bühne: F. Halmburger.
Musik: S. Bark.

Premiere: Juli 2000, Festival Zeitenwende, Gießen.

Eine Koproduktion mit dem Festival Zeitenwende, Gießen.  

Termine


Vergangene Termine:
Juli 2000, Festival Zeitenwende, Gießen

Maze 1.0

Die Shichifukujin

Die Bühne ist eine Pop-Up-Postkarte, auf der die Shichifukujin, japanische Glücksgötter, als Band auftreten und versuchen ein Glücksversprechen zu machen, das so vollständig und perfekt ist wie ein Musical.

Credits

Von und mit K. Oberlik, I. Papatheodorou, L. Lucassen, C. Jansen.
Musik: S. Bark & Erobique.
Bühne: F. Halmburger.

Premiere: Mai 2000, Podewil Berlin.

Eine Koproduktion mit dem Festival reich & berühmt, Podewil Berlin und der Expo2000, Hannover.

Gefördert durch den Haupstadtkulturfonds.    

Termine


Vergangene Termine:
Mai 2000, Festival reich & berühmt Podewil, Berlin
Juni 2000, , Hannover

En Vogue

Auf einem roten Teppich, der die Modewelt bedeutet, erproben She She Pop Mode als Zeichensystem, als Rollenspiel, als Körperkunst, als politisches Statement und als Theater. Die Performerinnen als Anziehpuppen, die sich häuten, ihre Identitäten wechseln wie die Hemden und immer neue Geschichten erzählen von Körpern und Kleidern in dem Sommer, in dem die Modefarben tarngrün und sanitäterweiss waren und ein paar Kilometer östlich von uns ein Krieg stattfand.

Credits

Von und mit J. Freiburg, C. Jansen, L. Lucassen, M. Matzke, K. Oberlik, I. Papatheodorou, A. von Steht.
Musik: Marga Glanz.
Kostüm:
Ingken Benesch.

Premiere: Juni 1999, Literaturhaus Hamburg.

Eine Koproduktion mit der Hammoniale und dem Literaturhaus Hamburg.

Termine


Vergangene Termine:
Juni 1999, Literaturhaus, Hamburg
Juli 1999, Praterspektakel Volksbühne, Berlin

Live!

Erfolgreiche Selbstdarstellung in 45 Minuten

Innerhalb einer Spielshow treten die einzelnen Performerinnen von She She Pop gegeneinander an. Die Wettbewerbe beziehen sich auf ihre Situation als Frau und/oder Küstlerin auf der Bühne. Vor den Augen des Publikums und in direkter Konkurrenz zu den Kolleginnen entwickeln die Spielerinnen ihre Strategien der Selbstdarstellung. Über Erfolg und Scheitern urteilt das Publikum per Abstimmung.

Credits

Von und mit J. Freiburg, L. Lucassen, M. Matzke, I. Papatheodorou, B. Stumpf.
Musik: S. Bark.
Video: F. Halmburger.
Licht: Sven Garbade, Matti Fischer.

Premiere: April 1999 Theater am Neumarkt, Zürich.

Eine Koproduktion mit dem Festival Hope and Glory, Theaterhaus Gessnerallee und Theater am Neumarkt, Zürich

Termine


Vergangene Termine:
Februar 2003, Neues Cinema Deutsches Schauspielhaus, Hamburg
Juni 2002, Staatstheater, Kassel
August 2001, Mousonturm, Frankfurt/Main
März 2001, Neues Theater, München
März 2001, Posthof, Linz, Österreich
Juli 2000, Szene, Salzburg, Österreich
Januar 2000, FFT, Düsseldorf
April 1999, Theater am Neumarkt, Zürich

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Schließlich ist es Ihr Geld

Diese Show handelt von künstlerischer Prostitution. In Form einer Table-Dance-Show erötern die Performerinnen von She She Pop ihre Möglichkeiten, zum Kunstwerk und zur Kunstware zu werden. Die Gruppe tritt mit dem Publikum in eine Verhandlung darüber, was gezeigt werden soll und zu welchem Preis.

Credits

Konzept: She She Pop.
Performance: Johanna Freiburg, Claude Jansen, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Katharina Oberlik, Ilia Papatheodorou, Anja von Steht, Berit Stumpf.

Premiere: April 1998, Kampnagel Hamburg.

Eine Koproduktion mit dem Festival Junge Hunde, Kampnagel Hamburg und dem Festival reich &berühmt, Podewil Berlin.

Mit Unterstützung der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg.

Termine


Vergangene Termine:
September 1999, Festival Home and Away, Kulturprogramm der EXPO, Hannover
Mai 1999, im Rahmen der Woche der Arbeit, Neue Szene, Schauspielhaus, Leipzig
Oktober 1998, im Rahmen der Retrospektive beim Festival diskurs, Gießen
April 1998, Festival Junge Hunde, Kampnagel Hamburg, Festival reich und berühmt, Podewil, Berlin

Schlammbeißers Reisen

Eine inszenierte Busrundfahrt durch Gießen

Eine inszenierte Busrundfahrt durch Gießen. „Die langweiligste Stadt Deutschlands“ wird zur Theaterkulisse und Projektionsflächen für Fantasien und persönlichen Geschichten. Entstanden auf der Grundlage von Interviews mit Gießener BürgerInnen und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Vereinen der Stadt.

Credits

Konzept: She She Pop.
Von und mit J. Freiburg, C. Jansen, L. Lucassen, M. Matzke, K. Oberlik, I. Papatheodorou, A. von Steht, B. Stumpf.

Eine Koproduktion mit dem Festival 12 Stunden, Gießen.

Termine


Vergangene Termine:
Juli 1997, Festival 12 Stunden, Gießen

Things That I Used To Do

I ain't gonna do them no more

Drei Performerinnen, die den Weg durch ihren universitären Alltag abgehen. Fantasie und Realität stehen einander unversöhnt gegenüber. Das eigene Leben bricht in Form einer daily soap über sie herein, aber theatrale Traumbilder bieten die Möglichkeit für eine neue Identität.

Credits

Konzept: She She Pop.
Performance: Mieke Matzke, Katharina Oberlik, Ilia Papatheodorou.

Termine


Vergangene Termine:
Juli 1996, Institut für Angewandte Theaterwissenschaft, Gießen
Oktober 1996, Institut für Angewandte Theaterwissenschaft, Gießen
Juni 1997, Theater im Löbershof, Gießen
Juni 1998, Theater am Halleschen Ufer, Berlin

Negamorphosen

Ein Abend in schwarz/weiss

Der Mythos Afrika bildet den Ausgangspunkt dieser Performance. Auf einem Laufsteg durch das Publikum präsentiert sich Exotik, das Femde, als etwas, das man anziehen kann. Die Sehnsucht nach der „dunkel lockenden Welt“ zeigt sich in ihrer ganzen kommerziellen Bandbreite – Mode als Rollenspiel und Hip Hop als Theater.

Credits

Von und mit: J. Freiburg, C. Jansen, L. Lucassen, M. Matzke, K. Oberlik, I. Papatheodorou, A. von Steht, B. Stumpf.  

Termine


Vergangene Termine:
Februar 1995, Institut für Angewandte Theaterwissenschaft, Gießen
Mai 1995, Theater im Löbershof, Gießen
Mai 1996, Festival Junge Hunde, Hamburg

Sesam, Sex und Salmonellen

(1969 - 89)

Vier Performerinnen zeigen eine kollektive Biografie ihrer ersten zwanzig Lebensjahre anhand von fremden und eigenen Texten, Musiken und Nachrichtensendungen. Ein Generationsportrait als theatrale Collage, das alle Quellen ausstellt und auf die Teilbarkeit von Erfahrungen setzt.

Credits

Konzept: She She Pop.
Von und mit B. Stumpf, M. Matzke, I. Papatheodorou, L. Lucassen.
Licht: Sven Garbade.
Ton: Anja von Steht.

Termine


Vergangene Termine:
Juli 1993, Institut für Angewandte Theaterwissenschaft, Gießen
April 1994, Festival X 94 Junge Kunst und Kultur, Berlin