2. Positionspapier der „Institutionen ohne Haus“

Wir brauchen ein Modell für die Zukunft! - Zweites Positionspapier der Gruppen andcompany&Co., Gob Squad Arts Collective, Rimini Protokoll, She She Pop und Solistenensemble Kaleidoskop als Institutionen ohne Haus
Sicherung und Ausbau nachhaltiger Entwicklungsperspektiven des Berliner Fördersystems für freie Companies und Privattheater ohne eigene Spielstätte

Als freie Companies ohne eigene Spielstätte freuen wir uns über die unserer Arbeit entgegengebrachte Wertschätzung im aktuellen Koalitionsvertrag. Wir begreifen sie auch als Wertschätzung der Freien Darstellenden Künste Berlins in ihrer gesamten Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte. Gleichzeitig sind wir von den aktuell getroffenen Förderentscheidungen zur Vergabe der Basisförderungen 2024 -2025 und der Konzeptförderung 2024 – 2027 in der Projektförderung alarmiert. Laut Jurykommentar läuten die Förderempfehlungen einen “Schrumpfungsprozess der Berliner Freien Szene ein”, bei dem “keine künstlerischen Gründe gegen eine Förderung mehr sprachen, sondern allein die Knappheit der Mittel”. Die Unterfinanzierung im Fördersystem für die Freien Darstellende Künste ist dramatisch. Langjährig, kontinuierlich arbeitende Gruppen wie andcompany&Co. in die 2-jährige Basisförderung “abzustufen” oder gar das Ausscheiden von bewährten und förderwürdigen Companies aus der Konzept- und Basisförderung ist schockierend.

Wir fordern daher nachdrücklich und bereits für den Doppelhaushalt 2024/25 einen substantiellen Aufwuchs für die Freien Darstellenden Künste/Tanz, um Zukunftsperspektiven für freie Companies zu bieten. Auf die eklatante Unterfinanzierung der Förderungen und die Folgen weisen Jurys bereits seit Jahren in ihren Gutachten hin – so auch im aktuellen Jurykommentar zur Vergabe der Basisförderung für Produktionsorte und Gruppen 2024- 2025 und der Konzeptförderung für Gruppen 2024-2027. Allein für die mehrjährigen Förderungen von Gruppen und Einzelkünstler*innen bedarf es eines Aufwuchses von 4,2 Millionen Euro.

Wir sprechen uns – neben einem substantiellen finanziellen Aufwuchs – konkret für die Entwicklung einer Fördersystematik aus, die unserem Selbstverständnis als Institutionen ohne eigene Spielstätte mit auskömmlicher finanzieller Ausstattung gerecht wird. Auskömmlich bedeutet für uns die Deckung notwendiger betrieblicher Kosten sowie mindestens eines künstlerischen Projekts pro Jahr (Struktur + Kunst) – ohne die grundsätzliche Abhängigkeit von Drittmitteln. Für die Realisierung künstlerischer Projekte sind wir auch nach der aktuellen Jury-Empfehlung abhängig von weiteren Drittmitteln, was eine “Verschiebung des Problems in andere Töpfe und Juryrunden” zur Folge hat.

Wir brauchen ein Modell für die Zukunft: Eine Erweiterung der Berliner Förderstrukturen für die Freien Darstellenden Künste, um sowohl neue wie auch nachhaltige Förderperspektiven zu gewährleisten.

Wir sprechen für uns als “Institutionen ohne Haus” und setzen uns in Abstimmung mit dem LAFT für die Entwicklung von langfristigen Arbeitsperspektiven ein, die freien Companies mit gewachsener Professionalisierung und Strahlkraft neben der derzeitigen zwei- und vierjährigen Projektförderung in Zukunft einen Zugang zur institutionellen Förderung als Privattheater auch ohne eigene Spielstätte ermöglicht. Die Arbeit an dieser Perspektive bedeutet für uns auch, die im oben erwähnten Jurykommentar betonte Schere “zwischen einer nachwachsenden jüngeren Generation und einer existierenden Vorgängergeneration” zu verhindern und für verlässliche Perspektiven in den Freien Darstellenden Künsten Sorge zu tragen.

Der Koalitionsvertrag umfasst und benennt viele dringliche Vorhaben. Um die Existenzsicherung und Zukunftsperspektiven für freie Companies zu gewährleisten, müssen diese konsequent umgesetzt werden. Die angekündigte Evaluierung der Konzeptförderung für unabhängige Companies ohne eigene Spielstätte begrüßen wir in der Annahme, dass deren Entwicklung unter aktiver Mitgestaltung und mit Expertise auch der betreffenden Gruppen erfolgt.

andcompany&Co., Gob Squad Arts Collective, Rimini Protokoll, She She Pop und Solistenensemble Kaleidoskop
02.06.2023

She She Pop – Mehr als sieben Schwestern

Quiñones, Aenne (Hrsg.) She She Pop
Postdramatisches Theater in Portraits

Seit der Gründung des feministischen Performancekollektivs She She Pop hat sich viel getan, sowohl hinsichtlich des Feminismus als auch der Entwicklung des postdramatischen Theaters. Beides gehört für die international renommierte »Frauengruppe von sieben Frauen und einem Mann« zusammen. Das Arbeiten im Kollektiv wurde dafür zukunftsweisendes Modell und bildet bis heute die Voraussetzung, immer wieder neue Formen der Zusammenarbeit zu erproben und Klischees aufzubrechen.
Shame, Shame, Shame! – da, wo viele wegschauen, wird es für She She Pop erst interessant.

Mit einem einführenden Essay von Annett Gröschner, einem Interview von Aenne Quiñones mit She She Pop, Gesprächen mit langjährigen Mitarbeiter:innen, zahlreichen Abbildungen und einem aktuellen Werkverzeichnis.

Die Reihe Postdramatisches Theater in Portraits widmet sich der Entwicklung einer neuen Theaterästhetik seit den 1990er-Jahren. Die Geschichte von Akteur*innen des postdramatischen Theaters im deutschsprachigen Raum wird erstmals in Form von Monografien erzählt. Herausgeber der Reihe sind Florian Malzacher, Aenne Quiñones und Kathrin Tiedemann.

Eine Publikationsreihe der Kunststiftung NRW im Alexander Verlag Berlin.

2022, 168 Seiten. 115 Abb.. 13,5 x 19,0 cm. Broschur

ISBN 978-3-89581-562-1

12,90 €

Schubladen Hörspiel

Sechs Frauen öffnen ihre Schubladen. Drei von ihnen sind in der BRD aufgewachsen, drei in der DDR. Über 20 Jahre nach der Wende nehmen sie sich vor, sich anzunähern. Dazu greifen sie auf autobiografisches Material zurück: Briefe, Tagebücher, das innere Bilderarchiv einer jeden und Musik. She She Pop und ihre Ost-Kolleginnen bekennen sich zur Vielstimmigkeit, zur kollektiven Erzählung. Die Lücken, Ungenauigkeiten und fehlenden Verbindungen gehören mit zum System. Wer waren wir? Wer sind wir? Warum sind wir so geworden?

Credits

Konzept und Regie: She She Pop
Mit: Annett Gröschner, Alexandra Lachmann, Peggy Mädler, Johanna Freiburg, Ilia Papatheodorou, Nina Tecklenburg.
Weitere Beiträge von: Lisa Lucassen, Wenke Seemann, Katharina Lorenz, Barbara Gronau, Anja Dürrschmidt u.a.
Ton: Max Knoth, Andreas Narr
Technik: Philipp Adelmann
Dramaturgie: Barbara Gerland
Regieassistenz:
Susanne Franzmeyer

Produktion Deutschlandradio Kultur 2013

Länge: 54’30.

Termine


Vergangene Termine:
17. Oktober 2019, um 22:03 Uhr, Deutschlandfunk
23., 24. Februar 2015, 23. um 15:00 Uhr, 24. um 20:03 Uhr, Radio Bayern2
14. Oktober 2013, In Kooperation mit Deutschlandradio Kultur. Hörspiel nach der Performance Schubladen von She She Pop., 00:05 Uhr, Deutschlandradio Kultur
13. Oktober 2013, Präsentation des Hörspiels Schubladen im HAU. Der Eintritt ist frei!, Berlin

Testament Hörspiel

Von und mit She She Pop & ihren Vätern

She She Pop bitten ihre Väter ins Hörspielstudio, um sich noch einmal mit ihnen über Geld, Liebe, Erbe, 100 Ritter und König Lear auseinanderzusetzen.

Länge: ca. 54’30.

Credits

Konzept und Regie: She She Pop.
Produktion:
Deutschlandradio Kultur 2011.
Lears Töchter: Sebastian Bark, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Ilia Papatheodorou.
König Lear:
Jochaim Bark, Peter Halmburger, Theo Papatheodorou.
Musik:
Max Knoth, Christopher Uhe.
Ton:
Andreas Narr, Max Knoth.
Technik: Hermann Leppich.
Regieassistenz: Susanne Franzmeyer.
Redaktion: Barbara Gerland.

Ursendung am 19. September 2011 um 00:05 Uhr, Deutschlandradio Kultur

Auszeichnungen

Ausgezeichnet mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden 2012

Bund der Kriegsblinden

Meldung auf Deutschlandradio Kultur

Termine


Vergangene Termine:
05. November 2020, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 22:03 Uhr, Deutschlandfunk Kultur
26. Mai 2013, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 17:04 Uhr, SR 2 KulturRadio - HörspielZeit
April 2013, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 22:03 Uhr, SWR2
15. März 2013, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 18:30 Uhr, Dresden
28. Oktober 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:00 Uhr, Berlin
30. September 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 14:04 Uhr, RBB Kulturradio
13. Juni 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 21:33 Uhr, Deutschlandradio Kultur
12. Juni 2012, Ausgezeichnet mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden 2012, Köln
11. Juli 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:03 Uhr, hr 2
28. April 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, WDR 3
25. Januar 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:03 Uhr, NDR Kultur
9. Januar 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:03, Bayern 2
8. Januar 2012, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 15:00 Uhr, Bayern 2
21. Dezember 2011, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 20:00 Uhr, Schweizer Radio DRS 2
19. September 2011 um 00:05 Uhr, Hörspiel der gleichnamigen Performance von und mit She She Pop and ihren Vätern, 00:05 Uhr, Deutschlandradio Kultur

Pressestimmen

Wechselbäder von Komik und Tragik
Wenn es darum geht, die Konflikte, die jedem Generationswechsel innewohnen, auf die Bühne zu bringen, liegt nichts näher als die bekannte Geschichte vom alten König Lear. Seit Shakespeare weiß man, dass wer sich zu Lebzeiten auf den Deal „Landbesitz gegen Liebesschwur plus Altenpflege“ einlässt, besser mit seinen Ressourcen haushalten sollte. Der sofortige und komplette Verzicht auf alle weltlichen Güter erzeugt nur einen kurzen Zuwendungsimpuls, der schnell abklingt und einen für den Rest des Lebens im Elend dahinsiechen lässt. Es kommt also darauf an, sein Vermögen langsam an die Erben abfließen zu lassen, um ständig die Pflegebereitschaft der Nachkommen zu stimulieren und von ihren „Liebesemissionen“ zu profitieren.

Es ist der Architekt Peter Halmburger, der in She She Pops „Testament“ auf einem Flipchart Lears Fehler in ein Koordinatensystem einträgt und die optimale Verteilungskurve des Verhältnisses von Liebe und Zeit visualisiert – man muss nur den Zeitpunkt seines Todes genau planen. So komisch die Funktionsgraphen der sozialen Interaktionen auch anmuten, so radikal lassen sie sich ökonomisieren – einfach, indem man die Zeit in Geld umrechnet und indem die kinderlose Tochter einen „Enkelfaktor“ in die Gleichung einführt und für die ihr entgangene Zeit, die der Vater mit den Kinder der Schwester verbracht hat, entschädigt werden will. Für siebeneinhalb Enkeljahre werden 121 500 Euro fällig („Über eine Ratenzahlung können wir gerne reden“).

Doch das ökonomische Satyrspiel ist nicht die einzige und nicht einmal die wichtigste Dimension der „Verspäteten Vorbereitungen zum Generationswechsel“, wie die Theater- und Performance-Gruppe She She Pop ihre mehrfach ausgezeichnete Theaterproduktion „Testament“ untertitelt hat. Denn Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Ilia Papatheodorou und Sebastian Bark verhandeln den Generationswechsel direkt mit ihren (hier „weisungsgebundenen“) leiblichen Vätern Peter Halmburger, Theo Papatheodorou und Joachim Bark – auf der Bühne wie auch in der 55-minütgen Hörspielfassung. Der Lear dient dabei als Vorlage, auf der sich die gegenwärtigen Verhältnisse abbilden lassen. Dass die Väter – alle um die 70, alle mit bildungsbürgerlichem Hintergrund und alle aus ihrer Sozialisation um 1968 mit der Politisierung des Privaten vertraut – dabei nicht ganz widerstandslos mitmachen, ist ein Gewinn für das Stück. Denn die Akteure werden nicht geschont, sondern in eine Selbstentblößung getrieben, die manchmal schwer erträglich ist. „Einen Exhibitionismus, der nichts Metaphorisches mehr hat“, wirft Theo Papatheodorou den Stücken seiner Tochter vor und möchte daran nicht beteiligt sein, wie man den eingespielten Probengesprächen entnimmt. „Da braucht es sehr viel Distanz, weil einige Sachen um der Theatralität willen gesagt werden“, entgegnet die Tochter – was wahrscheinlich nicht die ganze Wahrheit ist.

Den stärksten Moment hat die Inszenierung, als sich die Tochter einen Plan macht, wie sie gedenkt, ihren Vater so zu lieben, „wie es ihrer Pflicht geziemt, nicht mehr, nicht minder“. In aller demütigenden Deutlichkeit zählt sie die Pflegemaßnahmen auf, die an einem auf seine bloße Kreatürlichkeit reduzierten Menschen vollzogen werden müssen. Und dazu intoniert der Vater mit brüchiger Stimme und geradezu flehend Withney Houstons superkitschigen und überhaupt nicht satisfaktionsfähigen Schmachtfetzen „I will always love you“ – und zwar als wäre der Song nur geschrieben worden, damit er genau so vorgetragen wird wie hier. Er ist wahrhaftig zum Heulen und nie wieder wird man ihn so hören können wie vorher. Eine ähnliche Wahrnehmungsverschiebung ist höchstens noch Christian Petzolds mehrfach ausgezeichnetem Fernsehfilm „Toter Mann“ (vgl. FK 23/02) gelungen, der Dionne Warwicks Song „What the world needs now is love“ die Unschuld genommen hat.

Es sind nicht nur die Wechselbäder von Komik und Tragik, die das Hörspiel „Testament“ auszeichnen, sondern auch die rückhaltlose und höchstpersönliche Auseinandersetzung mit Vertretern einer Generation, gegen deren „Zählebigkeit“ sich ein zynischer Ärztefunktionär vor Jahren einmal ein „sozialverträgliches Frühableben“ gewünscht hatte. Dass She She Pops Spiel mit Peinlichkeiten und Ambivalenzen, mit Grenzüberschreitungen und (Selbst-)Provokationen im Sinne Christoph Schlingensiefs auch jenseits der Theaterbühne, „auf der der Zuschauer schon im Bilde ist, bevor ein Schauspieler zu sprechen beginnt“ (Werner Klippert), funktioniert, liegt an eben jener akustischen Aufladung der Väterstimmen, in der die Differenz von fremdem und eigenem Text, von Privatheit und Rolle eingeschrieben ist. Stimmen, in denen auch die Differenz von individuellen Lebensentwürfen, gesellschaftlichen Bedingtheiten und künstlerischen Überspitzungen hörbar wird.

Kritik Jochen Meißner, Funkkorrespondenz 37/2011.

Abenteuer Schwingung Hörspiel

Hörspiel in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Musiker Felix Kubin. She She Pop und Felix Kubin präsentieren ein Kuriositätenkabinett des Übersinnlichen.

Abenteuer Schwingung“ ist – auch – eine Informations- und Bildungssendung zu Themen von Metaphysik bis Parapsychologie. Da das Medium Radio selbst durch Schwingungen in die Haushalte kommt, ist es prädestiniert, sich mit Phänomenen wie Hypnose, Hervorbringungen des Unbewussten und anderen feinstofflichen Energien zu befassen. Durch die Sendung führt eine Moderatorin, die mit ExpertInnen aus Biochemie, Ingenieurwesen, Populärwissenschaft, Psychologie und abstruser Strahlenforschung diskutiert und waghalsige Experimente durchführt. Sie alle machen erstaunliche Erfahrungen.

Credits

Von: She She Pop und Felix Kubin
Regie und Musik: die AutorInnen
Mit: Johanna Freiburg, Claudia Jansen, Felix Kubin, Elisabeth Lucassen, Katharina Oberlik und Berit Stumpf
Ton und Technik: Andreas Narr und Sabine Winkler
Produktion: DLR Berlin 2000
Länge: 54’22
Hörspiel-Premiere: 9.10.2000

Eine Hörspielproduktion von DeutschlandRadio Berlin.

Termine


Vergangene Termine:
31. Januar 2024, Deutschlandfunk Kultur, Berlin
Oktober 2000, DeutschlandRadio, Berlin