Bad
She She Pop holen den sadomasochistischen Pakt auf die Bühne und erproben seine Möglichkeiten für den Theaterraum. Die Bühne ist großer einreihiger Stuhlkreis im Dämmerlicht, eine Manege des Voyeurismus. Und aus der Mitte des Kreises nähern sich Gestalten aus skurrilen Angst- und Lustfantasien und verwickeln die ZuschauerInnen in brisante wie komische Verhandlungen über Macht und Ohnmacht, Selbstermächtigung und Unterwerfung.
Credits
Konzept: She She Pop.
Mit: Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Katharina Oberlik, Ilia Papatheodorou, Berit Stumpf und Sebastian Bark.
Lichtdesign: Marek Lamprecht und Micha Lentner-Niyorugira.
Ton: Lars-Egge Müggenburg.
Premiere: 31. Januar 2002, Kampnagel, Hamburg
Trailer
Termine
Vergangene Termine:
Pressestimmen
’Bad’ sind diese Girls. Von Anfang an verkehren sie die Rollen, wirbeln Zuschauererwartungen und Theatergewohnheiten durcheinander. Nicht wer nackt ist, entblößt sich hier. (…) She She Pop spielen gekonnt mit Tabus und Ängsten. Ein großer Spaß, aber auch große Qualen für den Zuschauer, der seine Grenzen selbst ausloten muss. Wenn sich beim Flaschendrehen der Hals auf deine Richtung eintrudelt, bist du dran. Jetzt.
Karin Liebe, taz Hamburg, 2./3. Februar 2002
She She Pop erprobt viele Grenzen, auch die zwischen dem alten, plumpen Mitmachtheater und der Variante, die den Besucher tatsächlich als Akteur einbindet oder vielmehr ihm die Chance bietet, sich selbst zu testen. (…) Die bad girls von She She Pop (…) wissen einfach, wo der Spaß aufhört und die eigentliche Kunst der Verunsicherung anfängt.
Jutta Baier, Frankfurter Rundschau, 16. Februar 2002
Frauen, die sich trauen – Das Performance-Quintett She She Pop auf Kampnagel
Sie wollten einmal fabelhaft böse Mädchen sein und laden die Zuschauer ein, an ihren Horror-Vorstellungen Erotik-Fantasien teilzunehmen: Zum Beispiel sturzbetrunken mit runtergelassener Hose in der Menge dazustehn oder sich an Dauerorgasmen zu erfreuen. Das radikale Damen-Quintett „She She Pop“ schont in der neuen Produktion „Bad“ auf Kampnagel weder sich noch die Besucher beim Austesten von (Scham-) Grenzen.
Wer nur unterhalten werden will und Live-Art-Shows besucht, ist selber schuld. Hier wird die Kunst zu Leben. Grenzen zwischen Performern und Publikum sind aufgehoben. Beide sind Handelnde im interaktiven, trotz vorgegebener szenischer Strukturen offen gehaltenen Spielprozess. Er ereignet sich am jeweiligen Abend nur einmal so. Unwiederholbar. Im wahrsten Sinn des Wortes: das einmalige Erlebnis, auf das alle scharf sind und vor dem sie doch Muffensausen haben. Beruhigend ist: Im gruppendynamischen Sitzkreis gilt der Pakt: „Alles, was mit uns passiert, ist in Ordnung.“
Außerdem verschiebt sich die Situation durch den Kunstkontext, unterscheidet sich vom Besuch eines Tabledance-Schuppens. Der Zuschauer sieht plötzlich sich selber zu – wie die Schauspieler. Er steht – richtiger: sitzt mehr oder minder entspannt – in und außerhalb der Situation. Blick, Reaktion und Denken öffnen sich in „Bad“ beim Wechselspiel von verbaler oder körperlicher Erniedrigung und Preisgabe. Indem „She She Pop“ sich riskant und mutig Freiheiten nehmen, zersetzen sie nicht ohne Humor, Selbstironie und Zynismus (Schönheits-) Klischees und sexuelle Macht-Mechanismen und finden – nicht nur für sich – zu einer Art Befreiung.
Klaus Witzeling, Hamburger Abendblatt 2./3.2.2002
Vom festen Vorsatz, eine Veränderung erleben zu wollen
(…) Bei She She Pop kann sich das Publikum nicht zurücklehnen, es ist immer involviert. Die fünf Frauen absolvieren eine Live-Art-Show, die sich gewaschen hat. In ihrer eigens für das Kampnagel-Festival „Zeig mir dein Fleisch!“ produzierten Show „Bad“ ziehen sie alle Register ihrer Kunst. Mit umwerfender Spiellust inszenieren sie ein witziges Panorama weiblicher Boshaftigkeit und Schamlosigkeit im Zeichen sexueller Befreiung. In dauerndem Körper- und Seelenstriptease geben sie alles. (…) Auf der Grenze von Spiel und Authentizität tobend, die eigenen Schamgrenzen und die des Publikums überschreitend, reiht sich eine Provokation an die nächste. Die Performerinnen jonglieren mit Versatzstücken der Sex-Industrie, mit Porno-Formaten aus dem Fernsehen und der allgemeinen Enttabuisierung. Bei She She Pop ist alles möglich.
Die Welt, 2. Februar 2002